2512/J XX.GP
Anfrage
der Abgeordneten Moser, Gredler, Partnerinnen und Partner
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend nicht geklärter Fragen nach der Veröffentlichung des vorgelegten
Berichts betreffend der Morde an drei Kurden in Österreich
Der dem Parlament übermittelte und am 13. Mai dieses Jahres veröffentlichte
Regierungsbericht betreffend der Ermordung dreier Kurden am 13. Juli 1989 in
Österreich ist in seiner Darstellung äußerst lückenhaft und spiegelt das
offensichtliche Bemühen der Bundesregierung wider, eine umfassende und korrekte
Darstellung der Ereignisse im Zusammenhang mit drei politisch motivierten Morden
auf österreichischem Staatsgebiet zu be- bzw. verhindern. Diese Feststellung muß
insbesondere nach Durchsicht des Berichts des Ministeriums für auswärtige
Angelegenheiten getroffen werden. Nicht nur, daß in diesem Bericht keinerlei Akten
bzw. Dokumente beinhaltet sind und sich die Verfasser anscheinend überfordert
sahen, eine Analyse der politischen Entscheidungen zu geben, widersprechen die
Aussagen des Berichts zum Teil denjenigen der Bundesministerien für Justiz und
Inneres als auch Aussagen des damaligen Generalsekretärs im Außenministerium
Thomas Klestil und des jetzigen Außenministers Wolfgang Schüssel, etwa im
Rahmen der Parlaments-Sondersitzung am 6. Mai 1 997.
Insgesamt verstärkt der von der Bundesregierung vorgelegte Bericht nur die
absolute Notwendigkeit für die Einsetzung eines parlamentarischen
Untersuchungsausschusses.
Um zumindest Klarheit bezüglich der wichtigsten Fragestellungen im
Zusammenhang mit den Ereignissen zwischen dem 13. Juli und Ende Dezember
1989 zu erlangen, die in die Verantwortlichkeit des Bundesministeriums für
auswärtige Angelegenheiten fallen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
Anfrage
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:
1. Warum wurden dem Bericht des Bundesministeriums für auswärtige
Angelegenheiten keine Akten und Dokumente, wie den beiden anderen Berichten,
beilegt?
2. Werden Sie dem Parlament noch alle für die Kurden-Morde relevanten Akten und
Dokumente vorlegen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?
3. Warum unterließ es das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten,
ganz im Gegensatz zum BMI und BMJ, die Ereignisse des Zeitraums vom 13. Juli
bis Ende Dezember 1989 zu kommentieren und beschränkte sich lediglich auf
eine chronologische Darstellung der
Geschehnisse?
4. Welche formellen und informellen Kontakte bestanden zwischen dem
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und den Bundesministerien
für Inneres und Justiz zum Thema "Kurdenmorde"? In welcher Form sind diese
Verbindungen dokumentiert?
5. Wurde seitens des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten Druck
auf die Bundesministerien für Inneres oder Justiz ausgeübt, die Erhebungen
gegen die drei des Mordes verdächtigen Iraner einzustellen? Wenn nein, wie
erklären Sie sich die Ausreise des Verdächtigen Sahraroodi am 28. Juli 1989 trotz
der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden 8 konkreten Verdachtsmomente (vg.
Bericht des BMI, S. 10-11) und die praktisch ungehinderte Flucht des
Verdächtigen Bozorgian im November/Dezember 1989?
6. Wie kommen Sie zu der am 6. Mai in der Sondersitzung aufgestellten
Behauptung, wonach gegen Sahraroodi "bis zur Ausreise kein Tatverdacht"
vorgelegen sei, wenn Sie nun den Bericht des BMI, S. 10 und 11 , lesen, wo von 8
konkreten Anhaltspunkten für die Verwicklung der Iraner zum Zeitpunkt der
Ausreise Sahraroodis die Rede ist?
7. Würden Sie den damaligen Innenminister Franz Löschnak der Lüge bezichtigen,
wenn Sie am 6. Mai 1997 bei der Sondersitzung behaupteten, dieser habe am 25.
Juli 1989 dem Ministerrat berichtet, gegen Sahraroodi lägen keine
Verdachtsmomente vor? Oder müssen Sie Ihre Antwort vom 6. Mai dieses Jahres
revidieren?
8. Wie beurteilen Sie die im "Profil" vom 26. Mai dieses Jahres (S. 32-33)
veröffentlichten Aktenvermerke vom Juli 1989, die von hohen Beamten verfaßt
wurden, bezüglich der dadurch auftretenden Indizien dafür, daß sich das BMaA
dem iranischen Druck so weit wie möglich gebeugt hatte?
9. Wie erklären Sie sich die APA-Aussendung von Dr. Alois Mock vom 16.4. dieses
Jahres, wonach es "absolut falsch" sei, daß der Iran Druck auf ihn ausgeübt habe,
angesichts der Widerlegung durch den Bericht des BMaA?
10. Welche Stellungnahme gab der damalige Außenminister Dr. Alois Mock in der
Ministerratssitzung vom 25. Juli 1989 und in der vorangegangenen
Vorbesprechung zu dem Thema "Kurdenmorde" ab?
11.Wie erklären Sie sich den Umstand, daß sowohl amerikanische als auch britische
Stellen, im Gegensatz zu österreichischen, über das Treffen zwischen den drei
Kurden und den drei Iranern informiert gewesen sein sollen ( vgl. "Profil" vom 17.
Mai 1997)?
12. Stimmt es, daß der damalige außenpolitische Sprecher der ÖVP, Andreas Khol,
die Koordinierung der inoffiziellen Kontakte zu amerikanischen und britischen
Stellen übernehmen sollte?
13.Werden Sie das vom amerikanischen Botschafter Ende August 1989 übermittelte
"Aide memoire", in dem es offensichtlich klare Hinweise gab, daß nur die Iraner
die Täter sein konnten, dem Parlament zur
Verfügung stellen?
14.Ab wann war das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten darüber
informiert, daß die Morde im Auftrag bzw. mit Wissen der iranischen Staatsspitze
ausgeübt worden waren?
15. Im Zuge der Dringlichen Anfrage zum Thema "Kurdenmorde" am 6. Mai dieses
Jahres beantworteten Sie die Frage, ob der damalige Generalsekrtär im BMaA um
den 28.11.1989 eine Sachverhaltsdarstellung vom BMI angefordert habe, mit
"Unseres Wissens nicht". In welcher Weise haben Sie diese Fragestellung
überprüft?
16.Welche Aufzeichnungen und Aktenvermerke gibt es über die Kontakte des
damaligen Generalseketärs Klestil mit Innenminister Löschnak oder anderen
Vertretern des BMI zwischen der Ausstellung der Haftbefehle wegen Mordes am
28. November 1989 und Mitte Dezember 1989, also in der Zeit, in welcher der
Druck seitens der iranischen Diplomatie besonders stark war?
17. Welche Veranlassungen traf Außenminister Mock oder Generalsekretär Klestil,
vor allem gegenüber dem Innenministerium, nach der Drohung des iranischen
Botschafters Shirazi am 4. und 5. Dezember 1989, wonach Österreich
"Retorsionsmaßnahmen" zu gegenwärtigen habe, wenn man die iranische
Botschaft weiterhin überwache (siehe Bericht des BMaA, S. 17-18)?
18. Wie erklären Sie sich die Stellungnahme der Präsidentschaftskanzlei vom 21 .
April 1997, wonach beim damaligen Generalsekretär Klestil "keine iranischen
Interventionen erfolgt sind", wenn sie diese mit Ihrem eigenen Bericht (vor allem
S. 18) vergleichen?
19. Ihrem Bericht ist zu entnehmen, daß die Botschaft in Den Haag am 11.12.1989
einen Bericht an das BMI übermittelte. Diesem zufolge soll sich nach
"niederländischen Quellen" Bozorgian noch in der iranischen Botschaft in Wien
aufgehalten haben. Welchen Inhalts war dieser Bericht und wie hat das BMaA
darauf reagiert? Präzisieren Sie bitte den Terminus "niederländische Quellen" !
20. Ab welchem Zeitpunkt ging das Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten davon aus, daß der Tatverdächtige Bozorgiari die iranische
Botschaft in Österreich verlassen und aus Österreich ausgereist war?
21. Wann hat Bozorgian Österreich aus heutiger Sicht verlassen ?
22. Dem Bericht ist zu entnehmen, daß das Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten am 15.9.1989 "Kenntnis von Drohungen gegen österreichische
UNIMOG- Mitglieder in Kurdistan" erhalten habe. Welchen Inhalts waren diese
Drohungen? Von wem stammten diese Drohungen? Gab es gegen andere
österreichische UN- Kontingente Drohungen, die im Zusammenhang mit den
Kurden- Morden zu sehen sind?
23. Aus dem Bericht ist zu entnehmen, daß Außenminister Dr. Alois Mock in einem
Schreiben vom 11.12.1989 an Bundesminister Dr. Franz Löschnak ersucht,
bezüglich Überwachungsmaßnahmen von Botschaften in "künftigen derartigen
Fällen" hinsichtlich der einzuschlagenden Vorgangsweise Einvernehmen
herzustellen. Liegt ein derartiges Einvernehmen vor? Wenn ja, erläutern Sie
dieses bitte. Wenn nein, warum nicht?
24. Aus dem vorliegendem Bericht ergibt sich, daß Dr. Klestil anläßlich einer Iran-
Irak- Türkei- Reise im Juni 1990 Gespräche mit hochrangigen iranischen
Funktionären in Teheran führte. Dabei soll der Generalsekrtär im iranischen
Außenministerium zu verstehen gegeben haben, daß sich alle drei des Mordes
verdächtigen Personen (wieder) im Iran aufhalten würden. In welcher Weise hat
Dr. Klestil hierauf reagiert?
25. Wurde von Seiten des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten auf
das iranische Angebot, "als Zeichen des guten Willens" den österreichischen
Behörden Kontakte zu den drei des Mordes verdächtigen Iranern zu ermöglichen,
um von diesen eine Stellungnahme einholen zu können, zurückgegriffen? Wenn
ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum wurde dieses "Angebot" nicht
wahrgenommen?
26. Inwieweit wurde vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten nach
dem 28. Juni 1990 (Ende des Berichts) die Causa "Kurden-Morde" weiterverfolgt?
Bei welchen der seit damals sehr zahlreichen Kontakten auf Außenminister-
Ebene wurde die Frage der Auslieferung der Verdächtigen konkret angesprochen
und wie hat die iranische Seite darauf reagiert?
27. Wurde seitens des Iran zu irgendeinem Zeitpunkt gedroht, daß die Kurden-Affäre
Konsequenzen für den UNO-Standort Wien haben könnte, wenn sie nicht
zufriedenstellend im Sinne des Iran abgeschlossen würde?