2551/J XX.GP

 

der Abgeordneten Dr. Graf

und Kollegen

an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten

betreffend Gewalt gegen einen österreichischen Diplomaten in Warschau

Am 14.1.1991 wurde der seinerzeitige österreichische Kulturrat in Warschau, Helmut Legerer

sowie seine Familienangehörigen Opfer eines Verbrechens (schwerer Hausfriedensbruch mit

Gelderpressung) durch seine damalige Hausvermieterin, Frau T. .

Trotz diplomatischer Immunität wurden er und seine Familie mit Gewalt und Duldung der

Polizei auf die Straße gesetzt, der Hausrat wurde von Fr. T. und ihren Helfern

"beschlagnahmt".

Der damalige Botschaftsrat Dr. Michael Weninger hat mit der Vermieterin einen rechts- und

sittenwidrigen Vertrag abgeschlossen und Kulturrat Legerer zur Zahlung eines Betrages von

85 000 ATS an die Vermieterin genötigt.

Dadurch steht Botschaftsrat Dr. Weninger im Verdacht einen schweren Amtsmißbrauch

begangen zu haben. Kulturrat Legerer unterließ damals aus Gründen der Loyalität gegenüber

der Republik und den Amtskollegen, die Haftungsverpflichtung des Bundes für seine Organe

in Anspruch zu nehmen.

Von Seiten des polnischen Außenministeriums und der polnischen Polizeibehörde war keine

Hilfestellung zu erwarten.

Nachdem Ihr Vorgänger, Dr. Alois Mock, Kenntnis von dem Vorfall erlangte, kontaktierte er

unverzüglich seinen polnischen Amtskollegen, Prof. Skubiszewski, der sich bei Kulturrat

Legerer formal entschuldigen ließ.

Zu diesem Zeitpunkt war der Vorfall bereits bei Gericht anhängig. Kulturrat Legerer erwirkte

in 1. Instanz ein Versäumnisurteil gegen die Täterin, das nach Stattgabe eines

Wiederaufnahmeantrages in ein Zivilrechtsverfahren mündete, in welchem Kulturrat Legerer

obsiegte und dadurch über ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil verfügte.

Diese Urteil wurde in Folge eines angeblichen Verfahrenmangels vom Warschauer

Kassationsgericht aufgehoben und in die 1. Instanz zur Neuverhandlung zurückverwiesen.

Im gegenwärtigen Verfahren entzieht sich das Gericht offensichtlich einer Entscheidung, da es

sich im Spannungsverhältnis zwischen gesetztem Recht und dem politischen Druck alter

"Seilschaften", die noch immer - oder jetzt erst wieder - wesentliche Positionen der

polnischen Rechtspflege und Verwaltung bekleiden.

Nach bisheriger Beweislage sprechen alle Fakten für Kulturrat Legerer. Nach Meinung

maßgeblicher polnischer Juristen, ist jedoch der Versuch der Rechtsbeugung nicht

ausgeschlossen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten nachstehende

ANFRAGE:

1 . Halten Sie es für sinnvoll, die EU-Vertretung in Warschau über den Prozeß am Laufenden

zu halten, da die Qualität der Rechtspflege ein Bestandteil des "acquis communitaire" ist?

2. In welcher Form nimmt das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten die

Beistandspflicht des Dienstgebers gegenüber Kulturrat Legerer im weiteren Prozeßverlauf

war?

3. Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise des seinerzeitigen Botschaftsrat Dr. Michael

Weninger bzw. wurden Maßnahmen gegenüber dem Genannten getroffen?

Wenn ja, wann und welche?

Wenn nein, warum nicht?

4. Halten Sie es für angebracht, daß Dr. Michael Weninger nach dessen Fehlleistung mit

Leitungsfunktionen, speziell im östlichen Ausland betraut wurde?

Wenn ja, warum?