2602/J XX.GP

ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Maier, Dipl. Ing. Keppelmüller, Mag. Kaufmann
und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Wertstellung
In Österreich sieht § 37 Bankwesengesetz vor, daß Kreditinstitute Rückzahlungen aus
Verbraucherkreditverträgen, Einzahlungen und Überweisungen auf Verbrauchergirokonten
und auf Sparurkunden spätestens mit dem ersten Werktag (Wertstellungstag) zu
berücksichtigen hätten, der dem Kalendertag, an dem die Beiträge tatsächlich einlangen,
folgt, dies bedeutet, daß in Österreich der Gesetzgeber eine Praxis ermöglicht, die vom
Deutschen Bundesgerichtshof für grob benachteiligend angesehen wird.
Der Deutsche Bundesgerichtshof hatte über eine Verbandsklage eines
Verbraucherschutzvereines gegen eine Volksbank zu entscheiden. Dabei sahen die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank vor, daß Überweisungsgutschriften aus
Eingängen von anderen Banken erst einen Bankarbeitstag nach Einlangen wertgestellt
würden. Der Deutsche Bundesgerichtshof sah diese Klausel als unangemessene
Benachteiligung des Inhabers eines Girokontos an. Der BGH erinnerte an sein Urteil vom
17.1.1989 (XI ZR 54/88), mit der eine Klausel über die Wertstellung von Bareinzahlungen
auf Girokonten erst einem Bankarbeitstag nach Einzahlung für unwirksam angesehen hatte.
Der BGH ging darauf ein, daß es gleichgültig sei, ob der Arbeitsanfall eine Gutschrift noch
am Tag des Einlangens zulasse. Das Wertstellungsdatum sei vom Buchungstag unabhängig.
Eine Wertstellung erst einem Bankarbeitstag nach Eingang führe dazu, daß sich eingehende
Überweisungsbeträge zinsmäßig stets um mindestens einen Kalendertag zu spät auswirken.
Erfolgt der Eingang des Betrages an einem Freitag, sind es, da die beanstandende Klausel auf
Bankarbeitstage abstellt, sogar drei Kalendertage. Durch die verzögerte Wertstellung würde
die Bank auf Kosten ihrer Kunden ungerechtfertigte Zinsgewinne lukrieren.
Soweit die Entscheidung des Deutschen Bundesgerichtshofes.
Nimmt man diese Entscheidung als Grundlage, daß die Banken in Österreich
ungerechtfertigte Zinsgewinne - gesetzlich gedeckt - lukrieren.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende
Anfrage:
1. Ist Ihnen diese Entscheidung bekannt?
2. Werden Sie eine Änderung des Bankwesengesetzes dahingehend in Angriff nehmen
und damit auch in Österreich für eine Wertstellung am Tage des Einlangens von
Geldbeträgen Sorge tragen?
3. Gibt es für eine derartige Regelung der Wertstellung eine EU-Vorschrift?
4. Wie haben die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Frage der
Wertstellung bei Girokonten geregelt?
5. Wie beurteilen Sie den Umstand, daß die österreichischen Sparer nur für 360 Tage
im Jahr Zinsen erhalten?