2757/J XX.GP

 

Anfrage

der Abgeordneten Helmut Peter, Partnerinnen und Partner

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend Zustand des österreichischen Patentamtes.

Das Patentwesen dient dem Schutz technischer Erfindungen, die heute meist

Entwicklungsergebnisse sind. Dieser Schutz sichert den ErfinderInnen bzw. den

Inhaberinnen für eine bestimmte Zeit deren exklusive Nutzung und damit den

Rückfluß eigener Entwicklungsaufwendungen plus Gewinn. Dadurch ist es ein Motor

der Innovation.

Schutzrechte der Konkurrenz hingegen können Entwicklungen des eigenen

Unternehmens durchaus behindern. Sie stellen somit auch ein scharfes Instrument

des Wettbewerbes dar.

Als Gegenleistung für den Schutz teilen die ErfinderInnen bzw. InhaberInnen des

Schutzrechts ihre Entwicklungsergebnisse der Allgemeinheit mit, sie bereichern

dadurch das technische Wissen.

Das Patentwesen ist somit dreierlei:

• Wirtschaftliche Voraussetzung für die eigene Entwicklung

• Ein scharfes Werkzeug des Wettbewerbs

Instrument des Technologietransfers (der technologischen Entwicklung)

Nicht zu vergessen ist, daß Schutzrechte auch Arbeitsaufwand und Kosten

verursachen. Daher ist für das Patentwesen Effizienz und Rechtssicherheit oberstes

Gebot, besonders in Osterreich, wo im Zuge einer längst überfälligen

Technologieoffensive viel aufzuholen ist. Diese gibt der Frage nach dem Zustand

unseres Patentwesens besondere Aktualität.

Das österreichische Patentwesen krankt an einem anachronistischen Gesetz, das

durch unzählige Detail-Novellierungen zum Flickwerk wurde, und an einer

vollziehenden Behörde, die mitunter ausgesprochen bürokratisch und ineffizient

arbeitet, die sich aber bis dato gegen Kritik abzuschirmen wußte.

Neben dem nationalen Patentwesen besteht seit 1978 ein europäisches

Patentwesen. Es fußt auf einem einheitlichen modernen Patentgesetz, das ein

ökonomisches Erteilungsverfahren vorsieht. Das europäische Patentamt erteilt

Patente für eine Reihe europäischer Staaten in einem einzigen Verfahren. Diese

entfalten in den einzelnen Staaten dieselbe rechtliche Wirkung wie ein nationales

Patent.

Das europäische Patentamt hat durch Effizienz, Qualität und Benutzerfreundlichkeit,

trotz hoher Preise eine dominierende Stellung erreicht. Seit 1978 ist dadurch die

Zahl der nationalen Patentanmeldungen in Österreich von über 10.000 auf weniger

als ein Drittel gesunken. Anstatt jedoch seinen PrüferInnenbestand diesem

Rückgang anzupassen, hat das österreichische Patentamt für Ersatzarbeit gesorgt:

Recherchen für das europäische Patentamt (deren Qualität dort nicht immer

geschätzt wird) und für Entwicklungsländer (zu nicht kostendeckenden Preisen). Die

überhöhten Patentjahresgebühren als Haupteinnahmequellen des österreichischen

Patentamts, auch die für vom europäischen Patentamt erteilten Patente,

ermöglichen eine derartige Vorgangsweise.

Das europäische Patentamt wird in Zukunft auch ein Unionspatent, gültig im

gesamten EU-Raum, erteilen. Es liegt damit im Trend der EU. gesamtwirtschaftlich

wichtige Funktionen von nationalen auf europäische Behörden zu verlagern. Zu

diesen gehört weiters das Warenzeichenwesen, für das es bereits ein Amt der Union

gibt.

Anstatt aber die oben dargestellte Entwicklung als Chance zu begreifen, und seine

Aufgaben entsprechend neu zu definieren, scheint das österreichische im

europäischen Patentamt einen Konkurrenten zu sehen und dies obwohl der

Präsident des österreichischen Patentamtes im Verwaltungsrat des europäischen

Patentamts Sitz und Stimme hat. Er hat sich in diesem Verwaltungsrat jahrelang (bis

vor kurzem erfolgreich) einer Senkung der Gebühren des europäischen Patentamts

(zum Nachteil auch der österreichischen Wirtschaft) widersetzt und strebt nach

einem nationalen Monopol bei der Verteilung der operativ wichtigen Patentdaten.

Die Chance zur Reform besteht darin, daß das österreichische Patentamt seine

Stärken - die Dokumentation und die Benutzernähe - in den Dienst der

österreichischen Wirtschaft stellt, indem es diese Dienstleistungen erbringt, für die

das europäische Patentamt weniger geeignet ist.

In Anbetracht der besonderen Bedeutung eines effizienten Patentwesens für die

Technologieoffensive, den Bürokratieabbau und die Entwicklung der

österreichischen Wirtschaft in der Europäischen Union stellen die unterzeichneten

Abgeordneten folgende

Anfrage

Warum werden Patentanmeldungen erst nach der Prüfung, die jahrelang

dauern kann, veröffentlicht? Wie rechtfertigen Sie diesen Zustand im Hinblick

auf den Grundsatz der (Bedürfnis nach) Rechtssicherheit?

2. Welche Gründe sprechen in Österreich dagegen, Patentanmeldungen innerhalb

von 18 Monaten nach Prioritätsdatum zu veröffentlichen wie dies in allen

anderen europäischen Staaten der Fall ist?

3. Warum hält das österreichische Patentamt (als einziges Amt in Europa) noch

immer an der obligatorischen Prüfung fest?

4. Warum sieht § 12 Abs. 1 des Patentgesetzes eine Inanspruchnahmefrist für

Diensterfindungen (vier Monate) vor, die von der gemäß Kollektivvertrag (drei

Monate) abweicht? Ist daran gedacht, das zur harmonisieren?

5. Womit ist zu rechtfertigen, daß die Aufrechterhaltungsgebühren für Patente in

Österreich etwa so hoch wie in Deutschland (zehnfache Marktgröße!) sind?

6. Ist es mit den Prinzipien der Dienstaufsicht und der Erfolgskontrolle vereinbar

daß der Präsident des österreichischen Patentamts gemäß § 58 Abs. 8 des

Patentgesetzes gleichzeitig Leiter der zuständigen übergeordneten Stelle (des

Referates für den gewerblichen Rechtsschutz) im Bundesministerium für

wirtschaftliche Angelegenheiten ist?

7. Wie groß ist der aktuelle Personalstand des österreichischen Patentamts,

aufgeschlüsselt in Administrative, PatentprüferInnen, Warenzeichen- und

Gebrauchsmuster-SachbearbeiterInnen?

8. Wie hoch sind die Personalkosten aufgeschlüsselt in Administrative

PatentprüferInnen, Warenzeichen- und Gebrauchsmuster-SachbearbeiterInnen

(1996)?

9. Wie setzten sich die Sachausgaben 1996 zusammen?

10. Wie hoch sind die Einnahmen des österreichischen Patentamts a) insgesamt

und b) aufgeschlüsselt nach. Jahresgebühren für nationale Patente,

Jahresgebühren, für vom europäischen Patentamt erteilte Patente, sonstige

Gebühren, für Recherchen beziehungsweise Prüfungen für andere Patentämter

und für Recherchen für die Wirtschaft?

11. Für welche Patentämter werden (abgesehen vom europäischen Patentamt)

Recherchen beziehungsweise Prüfungen ausgeführt? In welcher Höhe werden

diese Leistungen verrechnet, worin besteht der Nutzen dieser Recherchen

beziehungsweise Prüfungen für die österreichische Wirtschaft?

12. Werden als Differenz aus den Einnahmen und den Ausgaben des

österreichischen Patentamtes Überschüsse erzielt, wie hoch sind diese, und wie

werden diese verwendet?

13. Seit 1978 ist die Zahl der Patentanmeldungen in Österreich von rund 10.000

jährlich auf 2.200 (3.000 inklusive Gebrauchsmuster) gesunken. Wie hat sich

die Anzahl der PrüferInnen in diesem Zeitraum verändert? Ist die Zahl der

jährlichen Erledigungen pro PrüferInnen mit der der PrüferInnen des deutschen

Patentamtes vergleichbar, und wie erklären Sie die auffallende Divergenz?

14. Gibt es für die im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit des österreichischen

Patentamtes erbrachten Leistungen eine Kostenrechnung, eine Bilanz und eine

Ergebnisrechnung? Wie lauten die entsprechenden Kennzahlen?

15. Wie hoch sind die Einnahmen, die dem Finanzministerium über die auf den

Eingaben anzubringenden Stempelmarken zufließen?

16. Mit welcher Begründung werden österreichische Erstanmeldungen vom

österreichischen Patentamt nicht prioritär behandelt, sodaß ein erster Bescheid

innerhalb von neun Monaten nach dem Anmeldetag erlassen werden kann?

17. Halten Sie es für zeitgemäß, daß die Anmeldegebühren teils in Stempelmarken

und teils durch Überweisung (mit Nachweis durch Erlagscheinabschnitt) zu

bezahlen sind? Welche Überlegungen wurden in Ihrem Ministerium angestellt,

diesbezüglich „kundenfreundlichere“ Abläufe zu installieren?

18. Welche Kosten werden für die Ausrüstung aller PrüferInnen mit

Computerarbeitsplätzen veranschlagt, und wie wurde und wird der Nutzen

quantifiziert und in der Folge evaluiert?

19. Welche Aufgaben wird das österreichische Patentwesen im europäischen

Kontext in Zukunft noch zu erfüllen haben? Welcher personelle Zuschnitt des

österreichischen Patentamtes wird für die Erfüllung dieser Aufgaben benötigt?

Sind die Niederlande (höhere Bevölkerungszahl, höhere Forschungsquote)

bezüglich dieser Aufgaben mit Österreich vergleichbar?

20. In welcher Form werden sich die VertreterInnen des österreichischen

Patentamts im Verwaltungsrat des europäischen Patentamtes für eine weitere

Senkung de(kosten des europäischen Patentes einsetzen?

21. In welcher Form werden sich die Vertreterinnen des österreichischen

Patentamts im Verwaltungsrat des europäischen Patentamtes für einen direkten

Zugang zu den Patentdatenbanken des europäischen Patentamtes ohne

nationale Verteilungsmonopole einsetzen?

22. Welche Überlegungen gibt es, das österreichische Patentrecht und damit auch

das Erteilungsverfahren entsprechend den skizzierten Anforderungen komplett

zu modernisieren?