2786/J XX.GP
der Abgeordneten Pollet-Kammerlander, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
zur Zukunft der österreichischen Außenpolitik
Am 17.02.1997 bei einem sicherheitspolitischen Symposium der EU in Bonn erklärten Sie
Herr Außenminister unter allgemeinem Gelächter: „Österreich hat seine Neutralität immer
sehr dynamisch interpretiert.“ Am Donnerstag 24.April 1997 haben Sie im NATO-
Hauptquartier in Brüssel die versammelten Generalstabschefs darum ersucht, drauf
hinzuwirken, Österreich einzuladen, der NATO beizutreten. Am 30.Mai 1997
unterzeichneten Sie in Sintra einen Gründungsvertrag mit der NATO. Österreich wurde
damit im euro-atlantischen Partnerschaftsrat Vollmitglied. Das am 10. Februar 1995 vom
ehemaligen Außenminister Mock unterzeichnete „Rahmendokument der Partnerschaft für
den Frieden“ wurde dem Parlament bisher weder zugeleitet noch zur Debatte vorgelegt.
Im „Außenpolitischen Bericht 96“ betonten Sie die Wichtigkeit der ‚1Zusammenarbeit im
‚,Kräftedreieck“ EU-WEU-NATO“ für Österreich. Sie begründen diese Position damit, daß
darin nur „diejenigen gleichberechtigt mitgestalten können, die allen drei Organisationen als
Vollmitglieder angehören“.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Neutralitätsgesetzes (598 d. Beil. VJI
GP) heißt es ausdrücklich: „Der Gesetzesbefehl der Vorlage richtet sich auch an die
vollziehende Gewalt und insbesondere an die Bundesregierung“.
1.1. Erachten Sie sich an diesen Gesetzesbefehl weiterhin gebunden?
1.2. Wenn ja; Wie können Sie Ihre Stellungnahmen als Außenminister in Bezug auf
die „dynamische Interpretation der österreichischen Neutralitätt1 in Einklang mit dieser
Ihrer Haltung bringen? Wie können Sie Ihr Ersuchen, die NATO möge Österreich zur
Mitgliedschaft einladen, in Einklang mit dieser Ihrer Haltung bringen?
2. Wie stehen Sie zur Nuklearisierung der österreichischen Sicherheitspolitik, die ein
NATO-Beitritt automatisch nach sich ziehen
würde?
3. Gibt es eine Kostenrechnung in Bezug auf einen etwaigen NATO-Beitritt Österreichs?
Wenn ja, welche Kosten werden darin erwartet? Wenn nein, wollen Sie eine solche im
Auftrag der Bundesregierung veranlassen?
4. Halten Sie als Außenminister eines immerwährend neutralen Staates den Aufbau oder gar
die Beteiligung an schnellen Eingreiftruppen wie er in der NATO betrieben wird für einen
Beitrag zu Sicherheit und Frieden in Europa und der Welt? Wie schätzen Sie die
Notwendigkeit, nach einem NATO-Beitritt Interventionskapazitäten des Bundesheeres
aufzubauen, ein?
5. Wie bewerten Sie aus außenpolitischer Sicht des immerwährend neutralen Österreich, die
Aussagen Ihres Regierungskollegen Fasslabend am 24.Mai 1997 in Prag, daß das
österreichische Bundesheer sich bereits so verhalten möge, als ob es Mitglied der NATO
wäre?
6. Erachten Sie es für notwendig, daß Österreich beim NATO-Gipfel in Madrid, durch
Bundeskanzler und Außenminister vertreten war?
7. Sie sprechen im Außenpolitischen Bericht 96 davon, daß Österreich durch die
Vollmitgliedschaft in der NATO zu einem gleichberechtigten Mitglied werden würde.
Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die bloße Erweiterung um drei neue Mitglieder
ein, die ganz offensichtlich dem US-amerikanischen Interesse entspricht, während die
europäischen Verbündeten mit dem erklärten politischen Willen, daß auch Slowenien und
Rumänien aufgenommen werden mögen, sich trotz deutlicher Stimmenmehrheit nicht
durchsetzen konnten?
8. Wann ist für Sie der richtige Zeitpunkt zur Abgabe des umfassenden
sicherheitspolitischen Berichtes - auch Optionenbericht genannt - ans Parlament?
9. Welche verschiedenen Optionen stehen aus Ihrer Sicht für den Bericht der
Bundesregierung ans Parlament, zum Zwecke der sicherheitspoltischen
Standortbestimmung Österreichs, zur Verfügung?
10. Wann sehen Sie den richtigen Zeitpunkt für eine Volksabstimmung gekommen, auf die
sich der Koalitionspartner bereits festgelegt hat?
11. Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Ergebnissen der Amsterdamer Konferenz für die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU einerseits und Österreichs
andererseits?
12. Teilen Sie die Auffassung Bundeskanzler Klimas, daß ein Beitritt zu einem militärischen
Bündnis mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die immerwährende
Neutralität unvereinbar wäre?