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der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits. Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Weihnachtsgnadenaktion 1995
Im Vorjahr wurden Personen, die nach den anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzen § § 209,
220, 221 StGB verurteilt worden sind, neuerlich generell von der Weihnachtsgnadenaktion
(Erlaß GZ 4723/1-IV 5/95) ausgeschlossen.
Die Opfer dieser diskriminierenden Sonderstrafgesetze wurden daher wieder schlechter
gestellt als Mörder, Totschläger, Körperverletzter, Räuber und sogar Täter nach dem
Verbotsgesetz, die alle von der Weihnachtsgnadenaktion nicht von vornherein ausgeschlossen
sind. Sie werden dadurch - zusätzlich zur Strafverfolgung und Verurteilung - neuerlich
diskriminiert.
Die ,,Plattform gegen § 209" ist angesichts Ihrer Versicherung bei der Unterredung am
30.3. l993, daß Sie nach den anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzen Verurteilte nicht von
vornherein und generell von Begnadigungen ausschließen werden, davon ausgegangen, daß
der Ausschluß von der Weihnachtsgnadenaktion l995 irrtümlich erfolgte. Die "Plattform
gegen § 209'' hat daher mit Schreiben vom 21.7.1995 an Sie appelliert, den Erlaß
dahingehend zu korrigieren, daß die Würde der homosexuellen Bürgerinnen und Bürger und
ihr Recht auf Gleichbehandlung bewahrt bleibt.
Das Ministersekretariat Ihres Ressorts (Mag. Peter Hadler) antwortete der ,,Plattform gegen
§ 209" mit Schreiben vom 23.8.1995 und teilte lapidar mit, daß ,,eine Zusicherung anläßlich
der Besprechung vom 30.3.93 in der Richtung, daß Personen, die nach den zitierten
Gesetzesstellen abgeurteilt worden sind, in das Weihnachtsbegnadigungsverfahren
einbezogen werden sollen, im Bundesministerium für Justiz nicht in Evidenz sei.
Der Herr Bundespräsident teilte der ,,Plattform gegen § 209" hingegen mit Schreiben vom
10.8.1995 (GZ 550.700/476/95), daß er auch nach §§ 209, 220, 221 StGB Verurteilte nicht
von vornherein von Gnadenaktionen ausgeschlossen wissen will und hat hinsichtlich der
Verantwortung für den generellen Ausschluß dieser Personengruppe auf Sie verwiesen.
Die ,,Plattform gegen § 209" hat daraufhin mit Schreiben vom 18.9.1995 Ihnen einen
Zeitschriftenartikel übersandt, in dem über das Gespräch am 30.3.1993 und Ihre dabei
gegebene Zusage berichtet wird, nach den §§ 209, 220, 221 StGB Verurteilte nicht generell
von der Begnadigung - auch nicht von der Weihnachtsgnadenaktion auszuschließen.
Da diese Zusicherung nun (wieder) in Ihrem Ressort ,,in Evidenz sei, ersuchte die "Plattform
gegen § 209" um inhaltliche Beantwortung ihres Schreibens vom 21.7.95 und verwies auf das
Schreiben vom Herrn Bundespräsidenten, in dem dieser hinsichtlich der Verantwortung für
den Ausschluß auf Sie, Herr Bundesminister, verwies. Dieses Schreiben blieb bislang
unbeantwortet.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Warum haben Sie Personen, die nach den anti-homosexuellen Sonderstrafbestimmungen
§§ 209, 220, 221 StGB verurteilt wurden, generell und von vornherein von der
Weihnachtsgnadenaktion 1995 ausgeschlossen?
2. Warum setzten Sie sich damit über die gegenteilige Ansicht des Herrn
Bundespräsidenten hinweg, daß ,,bei keiner Straftat bzw. Tätergruppe a priori das
Vorliegen von besonderen Umständen, die eine Begnadigung rechtfertigen,
ausgeschlossen werden kann"?
3. Warum setzten Sie sich über Ihre eigene, der ,,Plattform gegen § 209" am 30.3.1993
gegebene Zusicherung hinweg, nach den anti-homosexuellen §§ 209, 220, 221 StGB
Verurteilte nicht generell von Gnadenaktionen - auch nicht von Weihnachtsgnaden-
aktionen - auszuschließen?
4. Wie ist die besondere Benachteiligung von nach den §§ 209, 220, 221 StGB Verurteilten
in der Weihnachtsgnadenaktion mit Ihren wiederholten Initiativen zur ersatzlosen
Aufhebung dieser diskriminierenden Gesetze in Einklang zu bringen?
5. Welche Überlegungen sind ausschlaggebend dafür, daß Sie nach den anti-homosexuellen
Sonderstrafgesetzen §§ 209, 220, 221 StGB Verurteilte, nicht aber Mörder, Totschläger,
Körperverletzer, Räuber und sogar Täter nach dem Verbotsgesetz, generell und von
vornherein von der Weihnachtsgnadenaktion ausschließen?
6. Werden Sie auch 1996, nach den anti-homosexuellen §§ 209, 220, 221 StGB Verurteilte,
nicht aber Mörder, Totschläger, Körperverletzer, Räuber und sogar Täter nach dem
Verbotsgesetz, generell und von vornherein von der Weihnachtsgnadenaktion
ausschließen?
Wenn ja, warum?
7. Warum haben Sie das Schreiben der ,,Plattform gegen § 209" vom 18.9.1995 nicht
beantwortet?