2801/J XX.GP

 

der Abgeordneten Dr. Schwimmer,

und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen

Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen wurde vom Europarat am 5.

11.1992 zur Unterzeichnung aufgelegt und von Österreich, wie von 10 andere Staaten noch

am selben Tag unterzeichnet. Bisher haben 17 Mitgliedsstaaten die Charta unterzeichnet

(zuletzt Slowenien am 3.7.1997). Davon haben sie 4 Staaten auch ratifiziert (Finnland,

Ungarn, Niederlande und Norwegen sowie am 18.6.1997 durch den Schweizer Ständerat (=1.

Kammer).

Damit die Konvention in Kraft tritt, muß sie von mindestens 5 Staaten ratifiziert sein.

Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen beabsichtigt den Schutz und

die Förderung von Regional- oder Minderheitensprachen als eine gefährdete Komponente des

Eurpäischen Kulturerbes. Darum wird nachdrücklich auf die kulturelle Dimension und den

Gebrauch dieser Sprachen in verschiedenen Aspekten des Lebens, wie in der Erziehung

(Artikel 8), bei Gericht (Artikel 9), im Umgang ‚mit Behörden (Artikel 10), in den Medien

(Artikel 11), bei kulturellen Aktivitäten (Artikel 12), im Wirtschafts- und Sozialleben (Artikel

13) und bei grenzüberschreitenden Begegnungen (Artikel 14) hingewiesen.

Die Charta trachtet nicht danach für Personen, die eine Regional- oder Minderheitensprache in

einem Staat verwenden, Individual- oder Kollektivrechte zu schaffen. Sie versucht kulturelle

Werte und Vielsprachigkeit als einen wichtigen Beitrag für ein europäisches Gebäude, das auf

nationaler Souveränität und territorialer Integrität basiert, zu sichern. Die Definition von

Regional- oder Minderheitensprachen deckt nur Sprachen ab, die traditionell von

Staatsangehörigen, die einer Bevölkerungsminderheit angehören, innerhalb eines staatlichen

Territoriums gebraucht werden und die sich von der offiziellen Staatssprache unterscheiden,

und nicht die Sprachen von Einwanderern oder Dialekte inkludiert.

In den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem das

Regionalradiogesetz geändert wird (499 d. B. XX. GP) wird im Allgemeinen Teil ausgeführt:

„Im Hinblick darauf daß die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in

Kürze ratifiziert werden soll (vgl. dazu die Entschließung des Nationalrates E3-NRfXX.GP)

wurde auch überlegt, inwieweit das Regionalradiogesetz aus diesem Grund geändert werden

sollte, zumal beabsichtigt ist, einige Punkte des Art. 11, welcher sich auf Medien bezieht, zu

ratifizieren. Nach den zur Ratifikation ausgewählten Punkten dieses Art. 11 soll unter anderem

die regelmäßige Ausstrahlung von Hörfunkprogrammen in Minderheitensprachen gefordert

bzw. erleichtert werden..."

Trotzdem also bei den Vorbereitungsarbeiten für die Novellierung des Regionalradiogesetzes

1996 die Bestimmungen dieser Europäischen Charta berücksichtigt wurden und der

Nationalrat am 31. Jänner 1996 in einer Entschließung aller fünf Fraktionen die

Bundesregierung ersucht hat, „noch im laufenden Jahr 1996 dem Nationalrat die Europäische

Charta der Regional-oder Minderheitensprachen und die Rahmenkonvention über den Schutz

nationaler Minderheiten zur Ratifizierung vorzulegen“, ist im Gegensatz zur

Rahmenkonvention für die Europäische Charta noch nicht einmal ein Begutachtungsverfahren

begonnen worden.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

ANFRAGE

1. Warum wurde bisher die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen nicht

zur Begutachtung ausgeschickt?

2. Warum wurde bisher die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen dem

Parlament nicht zur Ratifikation vorgelegt?

3 Warum haben Sie den Nationalrat bisher nicht über die Gründe informiert, weshalb Sie

seiner Entschließung nicht termingerecht gefolgt sind?

4. Werden Sie die Europäische Charta noch im Jahre 1997 dem Parlament zur Ratifizierung

zuleiten?

5. Wenn nein, warum nicht?