2925/J XX.GP
der Abgeordneten Gradwohl, Annemarie Reitsamer, Mag. Maier, Parnigoni
und Genossen
an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz
betreffend Maßnahmen der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und
Verbraucherschutz zur Erlassung und weiteren Aufrechterhaltung eines wirksamen
Importverbots für Gentechnik- Mais
Biotechnologie und Gentechnik sind zukunftsweisende Technologien die sowohl in
wirtschaftlicher als auch in technischer Hinsicht enorme Möglichkeiten in sich bergen. Die
Biotechnologie und ihr Spezialbereich Gentechnik sind Schlüsseltechnologien für die
Zukunft. Gemeinsam mit der Telekommunikations -Technologie wird sie die Wirtschaft und
Gesellschaft des 21. Jahrhunderts prägen.
Die grundlegenden Erfahrungen der Menschen dieses Jahrhunderts mit Wissenschaft und
Technik sind jedoch nicht immer ohne Ambivalenz. Wissenschaftliche Entdeckungen tragen
immer beides in sich: sie können zum Nutzen der Menschen oder zur Schädigung bis hin zur
Zerstörung des Lebens angewendet werden. Das beste Beispiel hierfür ist die
Atomtechnologie, die aus vielen Lebensbereichen, vor allem aus der Medizin nicht mehr
wegzudenken ist. Ihre Anwendung zur Gewinnung von Kernenergie birgt jedoch so hohe
Risken in sich, daß Österreich durch das Atomsperrgesetz aus deren Nutzung für immer
ausgestiegen ist.
Im Bereich Gentechnologie verhält sich dies ebenso. Am Beispiel der genetischen Diagnostik
zeigt sich einerseits, wie riesig die Fortschritte bei der Genomanalyse sind. Andererseits kann
nicht übersehen werden, daß die Risken bei Eingriffen in genetische Codes enorm sind.
Ziel einer ausgewogenen Politik in diesem Bereich muß daher sein, das positive Potential
dieser Technologie zu nützen und gleichzeitig Fehlentwicklungen zu verhindern. Für die SPÖ
hat zudem die Berücksichtigung von Bedürfnissen und Wünschen der Verbraucher einen
hohen Stellenwert.
Gen- und Biotechnologie sind an sich weder rein „positiv“ noch rein „negativ“ zu beurteilen.
Jeder Anwendungsbereich - unter Umständen jeder Einzelfall - muß für sich gewissenhaft
geprüft werden. Die Frage ist jeweils
nach dem Nutzen einer Entwicklung und nach ihren
Auswirkungen in sozialer, ökologischer gesundheitlicher, wirtschaftlicher und nicht zuletzt
verbraucherpolitischer Hinsicht neu zu beantworten. Pauschalurteile sind seriöserweise weder
national noch international möglich.
Mit über 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreichern bzw. 21,3% der
Wahlberechtigten in unserem Land war das Gentechnik-Volksbegehren das
zweiterfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte der Zweiten Republik. Organisiert und
getragen wurde es von einer Vielzahl von Umweltgruppen, Tierschutzverbänden. kirchlichen
Organisationen, Verbänden des biologischen Landbaus sowie zahlreichen Vertreterinnen und
Vertretern der Wissenschaft.
Das Ergebnis des Volksbegehrens löste eine inhaltliche Dynamik für die 3~sterreichische
Konsumenten-, Agrar-, Wirtschafts-, Technologie- und Wissenschaftspolitik aus: Bisher
weitgehend unbestritten ist die direkte und indirekte Anwendung der Gentechnologie in
Medizin und Pharmazie, sowie ihre Anwendung in Wissenschaft und Forschung. Zum Teil
heftig umstritten dagegen ist die Anwendung der Gentechnologie bei der Herstellung und
Verarbeitung von Nahrungsmitteln und im Bereich der Umwelt. Sind im Medizin- und
Pharmabereich Nutzen, Erfolg sowie Kontrolle weitgehend gegeben, sind Auswirkung und
Kontrolle im Bereich der Herstellung und Verarbeitung von Pflanzen, Tieren und
Nahrungsmitteln noch weitgehend ungeklärt.
Auch der Einwand namhafter Wissenschafter, die Gentechnologieentwicklung auf diesem
Gebiet sei nicht mehr kontrollierbar bzw. prognostizierbar und jeder weitere
Entwicklungsschritt wäre als irreversibel anzusehen, hinterläßt bei zahlreichen Menschen
nachhaltigen Eindruck.
Österreich hatte daher für den Genmais der Firma Novartis im Frühjahr nationale
Vermarktungsbeschränkungen erlassen, um die Sicherheit der Konsumenten zu
gewährleisten. Italien und Luxemburg schlossen sich diesem Importverbot an, nachdem der
gentechnologisch behandelte Mais Dezember 1996 von der Kommission gegen den
Widerstand von 13 Mitgliedstaaten zugelassen wurde.
Die Europäische Kommission will das von Österreich, Italien und Luxemburg verhängte
Vermarktungs- und Verwendungsverbot für den gentechnisch veränderten Mais jedoch nicht
hinnehmen. Ihre Begründung: Eine Prüfung durch die wissenschaftlichen Ausschüsse habe
die von den drei Mitgliedstaaten vorgebrachten
Bedenken nicht bestätigt.
Aus der Sicht Österreichs ist dies nicht der Fall: So konnten die Bedenken sowohl hinsichtlich
Bildung einer Antibiotika -Resistenz bei Menschen und Tieren als 4‘uch einer raschen
Resistenzbildung von Schädlingen gegen das BT-Toxin nicht ausgeräumt werden.
Eine endgültige Entscheidung der Europäischen Kommission wird für den Oktober erwartet.
Da das Importverbot Wunsch der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung
ist, sollte die österreichische Bundesregierung diese Schutzmaßnahme mit allen ihr zur
Verfügung stehenden Mitteln aufrechterhalten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für
Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz nachstehende
Dringliche Anfrage:
1.Welche Maßnahmen wird Ihr Ressort bis zur Entscheidung des Artikel 21-Ausschusses
setzen?
2. Werden Sie nochmals an die Mitgliedstaaten herantreten, um im Artikel 21-Ausschuß eine
Mehrheit für die Beibehaltung des Importverbotes zu erreichen?
3. Werden Sie an potentielle Importeure herantreten und diese auffordern, auf Importe von
Genmais zu verzichten?
4. Welche Schritte werden Sie im Falle einer negativen Entscheidung der EU-Kommission
setzen?
5. Welche Gründe können gegen eine negative Entscheidung angeführt werden?
6. Beabsichtigen Sie ein Importverbot für Gentech-Raps zu verhängen?
In formeller Hinsicht wird begehrt, diese Anfrage gem. § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu
behandeln.