2944/J XX.GP
der Abg. Mag. Schreiner, Böhacker, Gaugg
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Verdacht der Willkür bei Aberkennung des großen Pendlerpauschales gem. § 16 (1)
Z 6 lit.cEStG
Obwohl einem Steuerpflichtigen für 1992 das Pendlerpauschale gem. § 16 (1) Z 6 lit. c EStG
für Entfernungen von über 60 km gewährt hatte, berücksichtigte das Finanzamt trotz unverän-
derten Sachverhaltes im Jahresausgleichsbescheid 1993 nur das Pendlerpauschale für Entfer-
nungen von 40 km - 60 km.
Als Folge der Berufung betreffend Jahresausgleich 1993, die als unbegründet abgewiesen
wurde, nahm das Finanzamt das mit Bescheid vom 9. Juli 1993 abgeschlossene Verfahren
betreffend Jahresausgleich 1992 mit Bescheid vom 16. Dezember 1994 wieder auf und erließ
einen geänderten Bescheid, in welchem das Pendlerpauschale nur mehr für Entfernungen
zwischen 40 km und 60 km anerkannt wurde.
Begründet wurde die Aberkennung des Pendlerpauschales für Entfernungen von über 60 km
damit, daß für die Bemessung der Entfernung grundsätzlich auf die kilometermäßig kürzeste
Straßenverbindung abzustellen sei, und die vom Finanzamt vorgeschlagenen Strecken betragen
weniger als 60 km.
Auf Grund der Zuerkennung des geringeren Pendlerpauschales „erwirtschaftete“ das Finanz-
amt einen Betrag von weniger als S 2.500,- für 1992.
Daraufhin wandte sich der Steuerpflichtige an den Verwaltungsgerichtshof, der am 16. Juli
1996 die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben hat. Der
Verwaltungsgerichtshof gelangte nämlich zu der Auffassung, „daß unter Fahrstrecke nach lit. c
jene zu verstehen ist, deren Benutzung mit dem
Kfz nach dem Urteil gerecht und billig
denkender Menschen für die täglichen Fahrten eines Pendlers sinnvoll ist. Es ist dies jene
kürzeste Strecke, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt, wobei
auch auf die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie auf die Vermeidung von Lärm und
Abgasen im Wohngebiet Bedacht zu nehmen ist".
Hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels
hegte der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die aktenkundige Feststellung des
Finanzamtes, daß bei Verwendung des öffentlichen Verkehrsmittels der Zeitaufwand für eine
Strecke 3 Std. und 36 Min. beträgt und somit nicht zumutbar ist.
Trotz dieses VWGH - Erkenntnisses zuerkannte das Finanzamt bei der Arbeitnehmerveran -
lagung 1994 und 1995 nur das Pendlerpauschale nach lit. b für die Entfernung von 40 - 60 km,
da auf Grund der neuerlichen Erhebungen des Finanzamtes die Benützung des öffentlichen
Verkehrsmittels zumutbar sei. Als zumutbare Wegzeit gem. § 16 EStG 1988 wurden bei
diesem Verfahren 150 Min. errechnet. Dies, obwohl sich am Sachverhalt gegenüber den Jahren
1992 und 1993 nichts geändert hat.
Aus gegebenem Anlaß stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister
für Finanzen folgende
Anfrage:
1. Wie viele Bedienstete welcher Dienstklasse waren wie viele Stunden mit der Erledigung
dieses Falles beschäftigt, getrennt für die Veranlagungen 1992/1993 sowie 1994/1995?
2. Von wem wurden im Verfahren vorerst für 1992 und in der Folge für die Jahre 1992/1993
mit welchen Hilfsmitteln die Wegstrecke ermittelt?
3. Von wem wurde wie die Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel
sowohl für die Jahre 1992 und 1992/1993
als auch 1994 und 1995 errechnet?
4. Wie erklären Sie die Tatsache, daß das Verfahren für 1992 erst nach der Berufung gegen
den Jahresausgleichsbescheid 1993 wieder aufgenommen wurde?
5. Wurde für die Ermittlung der Wegstrecke ein Privat - Pkw verwendet?
Wenn ja, für wie viele Kilometer wurde ein km - Geld bezahlt?
Wenn nein, bedienten sich die Mitarbeiter des Finanzamtes eines
Dienstkraftfahrzeuges?
Wenn ja, wie viele Stunden wurde dieses Kfz in Anspruch genommen und wie viele
km wurden dabei zurückgelegt?
6. Verfügte jenes Kfz, mit dem schlußendlich die Wegstrecken überprüft wurden, über einen
geeichten Tachometer?
7. Mit welchen Kosten beziffern Sie den Personal - und Sachaufwand in den Verfahren für die
Jahre 1992/1993 sowie 1994/1995.
8. Welche Kosten verursachte das VWGH - Verfahren für den Bund?
9. Wie begründen sie, daß im VWGH - Verfahren die Unzumutbarkeit der Benützung eines
öffentlichen Verkehrsmittels wegen der Wegzeit von über 3 ½ Stunden unstrittig war und
nun für die Jahre 1994 und 1995 die Zumutbarkeit gegeben sein soll, da die Wegzeit für
eine Strecke plötzlich nur mehr 1 Std. 30 Min. betragen soll?
10.Welche tägliche Wegzeit (in beiden Richtungen) ist (Ihrer Meinung nach) für einen berufs -
tätigen Familienvater zumutbar?
11. Ist es richtig, daß das zusätzliche Steueraufkommen im gegenständlichen Fall durch die
Zuerkennung des geringeren Pendlerpauschales
weniger als S 2.500, - p.a. beträgt?
12.Wie rechtfertigen Sie die willkürlich anmutende Vorgangsweise des Finanzamtes Wolfs -
berg?
13.Welche Konsequenzen werden Sie daraus ziehen, daß die Finanz einerseits über zu geringes
Personal klagt, andererseits sich wiederholt in Fälle „verbeißt“, bei denen geringfügige
steuerliche Mehreinnahmen einem unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand
gegenüberstehen?
14.Inwieweit ist eine solche Vorgangsweise mit der Verwaltungsreform in Einklang zu
bringen?
15.Wie viele Prozente der erledigten Lohnsteuerveranlagungen pro Jahr führen zu einer
Berufung (Gliederung nach Bundesländern und zusätzlich für Kärnten nach Finanzämtern)?
16.Trägt eine solche Vorgangsweise seitens der Finanzverwaltung in Zusammenhang mit den
regelmäßig rückwirkend geltenden neuen Steuergesetzen und insbesondere die geplante
BAO - Novelle, mit der ohne nähere Begründung Steuerbescheide noch nach sieben Jahren
aufgehoben werden können, zur Rechtssicherheit und somit auch zur Sicherung des Wirt -
schaftsstandortes Österreich bei?