2998/J XX.GP

 

des Abgeordneten Van der Bellen, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend die Verschleuderung von Bundesvermögen durch Verkauf von

Eisenbahnsiedlungsgesellschaften des Bundes

Mit Anfrage 2500/J haben die Grünen den Antrag 413/A, XX. GP, der Abgeordneten Eder

(SPÖ) und Stummvoll (ÖVP) aufgegriffen, die Gefahr der Verschleuderung von

Bundesvermögen zu einem Bruchteil seines Marktwertes aufgezeigt, und hiezu die

parlamentarische Beantwortung des Bundesministers für Finanzen 2504/AB erhalten.

In dieser Antwort wird das im bisherigen österreichischen Parlamentarismus unglaubliche

Vorhaben, unter Ausnützung des an sich als Schutzbestimmung gedachten § lOa WGG

mehr als 20.000 Wohnungen - mit einem Wert von 12 Mrd. 5 und jährlichen

Mieteinnahmen von 700 Mio. 5, beides gemäß Angaben des BMF - im Weg eines

Initiativantrags um 180 Mio. S verschleudern zu wollen, vom Sachverhalt her voll bestätigt.

Die Punkte 11 und 12 der Anfrage (2500/J), inwieweit durch die Ausübung von

Aufsichtsratfunktionen in den zu erwerbenden Unternehmen durch die Geschäftsführer der

kaufenden Gesellschaft ABW (K. Hellweger und F. Kiener) eine unzulässige

Interessenkollision gegeben ist, beantwortet der Bundesminister für Finanzen ausweichend.

Die anfragenden Abgeordneten sind der Auffassung, daß - wie in anderen westlichen

Industriestaaten - eine derartige Kumulierung unzulässig ist, weil Geschäftsführer bzw.

Vorstände bei Ausübung der Leitungsfunktion in erster Linie das Wohl und den Fortbestand

des von ihnen geführten Unternehmens mit der handelsrechtlichen Sorgfalt auszuüben

haben. Das gilt auch für Organfunktionen in Aufsichtsräten. Wie auch im konkreten Fall

hat der Geschäftsführer eines übernehmenden Unternehmens das primäre Interesse, daß für

das von ihm geleitete Unternehmen die Übernahme möglichst günstig abgewickelt wird, der

Aufsichtsrat, insbesonders auch dessen Vorsitzender, der zu übernehmenden Gesellschaft

muß hingegen das umgekehrte Interesse vertreten. Da im vorliegenden Fall die beiden

Geschäftsführer der übernehmenden Genossenschaft offensichtlich den Kauf betreiben

sollen, dabei ihnen aber sämtliche Interna der zu übernehmenden Gesellschaft zur

Verfügung stehen, ist schon allein durch diese Personenidentität und Doppelfunktion die

eingangs dargestellte Unvereinbarkeit gegeben. Die gilt generell, auch bei Ausnützung eines

„Fixpreises“ i.S. des § 10 a WGG.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Schließen Sie sich der in der Einleitung dargestellten Argumentation über die

Interessenkollisionen und Unvereinbarkeiten an und werden Sie die entsprechenden

Organabberufüngen durchführen?

2. Wenn nein, mit welcher Begründung?

3. Bestehen in der im Antrag 413/A postulierten, und von Ihnen in der Beantwortung

2504/AB nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Transaktion bei anderen Mitbefaßten

bzw. Organverantwortlichen Interessenkollisionen oder Motivationen, die den

Eindruck einer nicht ausschließlich im Interesse des Bundes gelegenen

Handlungsweise entstehen lassen könnten?

4. Ist es richtig, daß nach einem gemäß Antrag 413/A herbeigeführten Erwerb der

Wohnungsgesellschaften eine Kapitalherabsetzung möglich ist, sodaß der

wirtschaftliche Kaufpreis de facto noch geringer als 180 Mio. 5 wäre?

5. Warum treten Sie, falls Sie - aus welchen Gründen immer - eine Veräußerung oder

Privatisierung der Bundesanteile an den Wohnungsgesellschaften durchführen wollen,

nicht für eine sondergesetzliche Regelung ein, die nach Bestbieterermittlung für den

Bund einen hohen Preis, jedenfalls ein Vielfaches von 180 Mio. S erwarten läßt?