3005/J XX.GP

 

der Abg. Dr. Harald Ofner, Mag. Erich L. Schreiner und Kollegen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Gefährdung der Weiterexistenz der Justizanstalt Krems

Die Mitarbeiter im Bereich der Justizanstalten Krems und Stein, darüber hinaus aber

auch die Bevölkerung der Stadt Krems und ihrer Umgebung, sind über das

angebliche Vorhaben, die Justizanstalt Krems aufzulassen und mit ihren derzeitigen

Aufgaben die Justizanstalt Stein zu betrauen, äußerst beunruhigt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn

Bundesminister für Justiz folgende schriftliche

Anfrage:

1. Ist tatsächlich vorgesehen, die Justizanstalt Krems aufzulassen und mit der

Erfüllung der von ihr derzeit wahrgenommenen Aufgaben die Justizanstalt Stein

zu betrauen?

2. Wenn ja, welchen zeitlichen Ablauf haben Sie für dieses Vorhaben vorgesehen?

3. Ist Ihnen bewußt, daß die Möglichkeit der Einsparung von Planstellen, die

offensichtlich den Hintergrund für das Vorhaben, die Justizanstalt Krems

aufzulassen, bildet, sich, wenn sie überhaupt gegeben sein sollte, in sehr engen

Grenzen halten würde?

Dies einerseits deshalb, weil ein Rest der Justizanstalt Krems jedenfalls erhalten

bleiben müßte, um z. B. Hand-Zellen zur Verfügung zu haben, in denen Häftlinge

während Verhandlungspausen untergebracht werden können, etc.;

weil die Verlagerung der Aufgaben der Justizanstalt Krems in die Justizanstalt

Stein und die Verlegung der Häftlinge aus Krems nach Stein ja eine

entsprechende Aufstockung des Personalstandes in Stein zur Folge haben

müßte;

vor allem aber, weil die Vorführung zu Richtern, zu Verhandlungen etc. in das

Landesgericht Krems dann nicht innerhalb desselben Hauses erfolgen könnte,

sondern in Kraftfahrzeugen mit Lenker und Eskorte jeweils von der Justizanstalt

Stein in das Landesgericht Krems - und selbstverständlich auch wieder zurück —

erfolgen müßte?

4. Ist Ihnen in diesem Zusammenhang bekannt, daß die Richter des

Landesgerichtes Krems bereits unisono erklärt haben, es arbeitsmäßig nicht

bewältigen zu können und daher abzulehnen, zum Zwecke der Vernehmung von

Untersuchungshäftlingen etc. nicht wie bisher in die Justizanstalt - im eigenen

Haus - gehen zu können, sondern nach Stein fahren zu müssen?

5. Wie wollen Sie das beträchtliche Sicherheitsrisiko verantworten, das damit

verbunden wäre, wenn Häftlinge zu jeder Vernehmung und zu jeder Verhandlung

- im Kraftfahrzeug mit Lenker und Eskorte - von der Justizanstalt Stein in das

Landesgericht Krems und zurück befördert werden müßten, wobei zumindest bei

den Verhandlungen allenfalls auf freiem Fuß befindlichen Komplizen die genauen

Termine bekannt wären?

Wobei die „wunden Punkte“ der Transport auf der Straße selbst, das Verlassen

des Fahrzeuges vor dem Gebäude des Landesgerichtes Krems, der Weg vom

Fahrzeug in das Gerichtsgebäude und schließlich auch der im Gerichtsgebäude

bis in den Verhandlungssaal - und zurück - etc. wären.

6. Ist Ihnen in diesem Zusammenhang bewußt, daß die Zahl der Vorführungen aus

der Justizanstalt Krems zu Richtern etc. in das Landesgericht Krems, also

innerhalb des selben Hauses, im Jahre 1996 nicht weniger als 1.220 - Tendenz

sehr stark steigend - betragen hat?

7. Derzeit sind in der Justizanstalt Krems auch weibliche Häftlinge untergebracht.

Weder die Justizanstalt Stein, noch etwa die Justizanstalt St. Pölten sind derzeit

auf die Unterbringung von Frauen eingerichtet.

Wo sollen — für den Fall der tatsächlichen Auflassung der Justizanstalt Krems -

die derzeit dort befindlichen Frauen untergebracht werden?

8. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang den Umstand, daß das Gebäude der

Justizanstalt Krems eben erst völlig renoviert worden ist, bzw. daß die

Baulichkeiten der Justizanstalt Stein für den Fall, daß dort auch die Häftlinge aus

Krems untergebracht werden sollten müssen, umfangreich umzubauen wären?

9. Wie stellen Sie sich zu dem Problem, daß die Häftlinge aus der Justizanstalt

Krems, Untersuchungshäftlinge und solche, die zu relativ kurzen Freiheitsstrafen

verurteilt worden sind, in der Hochsicherheitsanstalt Stein einen „Fremdkörper“

darstellen würden, der räumlich von den traditionellen Insassen von Stein, meist

zu langjährigen, wenn nicht gar lebenslangen Freiheitsstrafen Verurteilte, strikt

getrennt werden müßte?

10. In der Justizanstalt Krems finden naturgemäß Ausgänge, Freigänge etc. statt.

Teilen Sie die Ansicht, daß die Verlagerung dieser Vorgänge in die

Hochsicherheitsanstalt Stein ein beträchtliches zusätzliches Risiko nicht zuletzt

insoferne bedeuten würde, als Mitglieder der klassischen Population dieser

Anstalt zweifellos sofort darangehen würden, mit nahezu allen Mitteln zu

trachten, die unerfahrenen Ausgänger bzw. Freigänger aus Krems dazu zu

bringen, für sie Boten- bzw. Schmuggeldienste zu erledigen, ob sie dies nun

wollen oder nicht?

Sind Sie - mit dem Fragesteller -der Ansicht, daß die moderne Strafrechtspflege

zurecht auf dem Grundsatz der Differenzierung zwischen jungen und alten

Tätern, erstmals Verurteilten und wiederholt Vorbestraften, einmal

Gestrauchelten und Berufskriminellen etc. beruht?

11. Würde die Zusammenlegung der Häftlinge aus der Justizanstalt Krems mit der

traditionellen Population der Hochsicherheitsanstalt Stein nicht kraß gegen

diesen Grundsatz verstoßen und damit einen signifikanten Rückschritt in der

Strafrechtspflege bedeuten?

12. Wie sehen Sie das Problem, daß es für Häftlinge in Justizanstalten in Verbindung

mit Gerichtshöfen hinsichtlich der sie betreffenden Probleme einen drei Instanzen

umfassenden Rechtszug gibt1 in den übrigen Justizanstalten, also etwa in Stein,

jedoch lediglich einen solchen über zwei Instanzen;

daß es dann also in Stein Häftlinge gäbe, denen an und für sich aufgrund ihrer

rechtlichen Position ein Rechtszug mit drei Instanzen zustünde, sie aber lediglich

einen solchen über zwei Instanzen in Anspruch nehmen könnten?

Wie würde man sich über diese offensichtliche Vefassungswidrigkeit in Folge

Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot hinwegturnrn können?

13. Die Justizanstalt Krems arbeitet außerordentlich billig:

Jeder Häftling kostet dort pro Tag lediglich ca. öS 900,--!

Wieviel kostet ein Häftling pro Tag in der Justizanstalt Stein?

Wieviel würde bei Verlegung der Häftlinge von Krems nach Stein der

Mehraufwand ausmachen?

14. Trifft es zu, daß in der Justizanstalt Stein 1996 2.332 Tag an Verwaltungsstrafen

verbüßt worden sind, 1997 bis Ende August bereits 2.065 Tage?

Wo soll es zu diesen Verbüßungen bei Auflassung der Justizanstalt Krems

kommen?

15. Trifft es zu, daß auch die Justizanstalt Steyr sowie das Gefangenenhaus beim

Jugendgerichtshof Wien und die Justizanstalt Gerasdorf von der Auflösung

bedroht sind, desgleichen die Außenstelle der Justizanstalt Feldkirch in

Dornbirn?