3081/J XX.GP
der Abg. Dr. Haider, Dr. Pumberger, Dr. Salzl, Dr. Povysil
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales
betreffend Erlaß zum Bazillenausscheidergesetz
Das Bazillenausscheidergesetz, StGB.Nr. 153/1945 i.d.F. BGBl. Nr. 591/1993
schreibt vor, daß „in Betrieben und Unternehmungen bestimmter Art, in denen
zum unmittelbaren menschlichen Genuß dienende Nahrungs- und Genußmittel
erzeugt, hergestellt oder abgegeben werden, für die Erzeugung, Herstellung
oder Abgabe nur solche Personen neu aufgenommen, zu dieser Beschäftigung
erstmals herangezogen oder von einem zu bestimmenden Zeitpunkt an weiter
verwendet werden dürfen, die durch ein vom zuständigen Amtsärzte auf Grund
vorgenommener Untersuchung ausgestelltes amtsärztliches Zeugnis nachweisen
können, daß sie in einem Betriebe oder Unternehmen dieser Art ohne Gefahr
für die Verbraucher von Nahrungs- und Genußmitteln sowie ohne Gefährdung
ihrer Mitarbeiter verwendet werden dürfen. Der Zeitpunkt der Ausstellung
des amtsärztlichen Zeugnisses darf nicht mehr als höchstens vier Wochen
vom Tage des Beginnes der Beschäftigung zurückliegen.“ Diese Untersuchung
ist außerdem in bestimmten Zeitabständen zu wiederholen.
Laut Verordnung zum Bazillenausscheidergesetz, BGBl. Nr. 128/1946, zuletzt
geändert mit BGBl. Nr.358/1969 fallen u.a. folgende Betriebe und Unter-
nehmungen unter die obige Bestimmung: „alle der Massenausspeisung dienenden
Einrichtungen, wie Speiseabgabestellen, Gaststätten, Werks- und Betriebs-
küchen, Schülerausspeisungen, Küchen von Sammellagern usw., gleichgültig
ob die Speiseabgabe gegen Entgelt oder unentgeltlich erfolgt
Laut Auskunft des Bundesministeriums für Justiz halten sich sogar die
Ausspeisungsstellen in Haftanstalten „freiwillig“ an diese Bestimmungen.
Ein Gemeindeaushang des Sanitätsdienstes einer oberösterreichischen Bezirks-
hauptmannschaft bezieht sich nun auf einen gegenteiligen Erlaß des Bundes-
ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, vom 11.7.1997, wonach
insgesamt 13 Personengruppen nicht mehr den Bestimmungen des Bazillenaus-
scheidergesetzes unterliegen. Nicht nur Alte, Kranke, Behinderte, Schüler,
Lehrer und Soldaten, sondern auch alle Personen, die Trinkwasser aus öffent-
lichen Wasserversorgungsanlagen entnehmen, werden somit per Erlaß der Gesund-
heitsministerin in erhöhtem Maße gefährdet.
Sowohl in Wien als auch in den Bundesländern kommt es immer wieder zu
Massenerkrankungen in Gemeinschaftseinrichtungen, die auf mangelhafte
Lebensmittelhygiene oder krankheitenübertragendes Personal zurückzuführen
sind. Dieser Erlaß ist geradezu ein Freibrief für öffentliche und private
Sozialeinrichtungen, es mit den Hygienestandards noch weniger genau zu nehmen
als bisher und Personen zu beschäftigen, die eine Gesundheitsgefahr darstellen.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesminister
für Arbeit, Gesundheit und Soziales die nachstehende
Anfrage:
1. Wie viele öffentliche Einrichtungen mit jeweils wievielen Personen
werden durch Ihren Erlaß vom 11.7.1997 zum Bazillenausscheidergesetz
nicht mehr von den darin enthaltenen Untersuchungsverpflichtungen
tangiert ?
2. Wie viele private Einrichtungen, Vereine und dgl. mit jeweils wievielen
Personen werden durch Ihren Erlaß vom 11.7.1997 zum Bazillenausscheider-
gesetz nicht mehr von den darin enthaltenen Untersuchungsverpflichtungen
tangiert ?
3. Wieviele Gastgewerbebetriebe und ähnliche Unternehmen mit jeweils wievielen
Personen werden weiterhin vom Bazillenausscheidergesetz in die Pflicht
genommen ?
4. Ist der Arbeitskräftemangel in öffentlichen Einrichtungen wie Kranken-
häusern, in der Alten- und Behindertenbetreuung (Z.B. Aktion „Essen auf
Rädern“), Schulen, Kasernen usw. so groß, daß keine ausreichende Zahl
an gesunden Arbeitskräften für die Ausspeisung zur Verfügung steht ?
5. Bei welchen privaten Vereinen zur Kinder-, Alten-, Patienten- und
Behindertenbetreuung besteht ein derart eklatanter Mangel an freiwil-
ligen Helfern und bezahltem Personal, daß keine ausreichende Zahl an
Personen zur Verfügung steht, die den Bestimmungen des Bazillenausscheider-
gesetzes genügen ?
6. Welche Abteilung Ihres Ressorts war mit der Abfassung dieses Erlasses befaßt ?
7. Auf wessen Betreiben und mit welcher Begründung erfolgte die Erlassung
dieser weitgehenden Ausnahmebestimmungen ?
8. Welche öffentlichen und privaten Einrichtungen hielten sich schon bisher
nicht an die Bestimmungen des Bazillenausscheidergesetzes ?
9. Mit welcher Begründung nehmen Sie die höhere Gesundheitsgefährdung von
Risikogruppen (Kinder, Alte, Kranke, Behinderte) in Kauf, die sich durch
Nichtanwendung des Bezillenausscheidergesetzes in weiten Bereichen der
Speisenversorgung in Kauf?
10. Mit welcher Begründung verzichten Sie auf Untersuchungen nach dem
Bazillenausscheidergesetz beim Personal öffentlicher Wasserversorgungs -
anlagen, die Trinkwasser zur Verfügung stellen ?
11. Werden Sie diesen Erlaß mit sofortiger Wirkung wegen Gefährdung der
Volksgesundheit wieder aufheben ?
12. Ware das Bazillenausscheidergesetz nicht auch eine sinnreiche Handhabe,
um illegale Beschäftigung einzudämmen ?