3177/J XX.GP
der Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft
betreffend Berger-Deponie und Strukturmängel der Wasserpolizei
Die Berger-Deponie zwischen Wiener Neustadt und Weikersdorf stellt eine Atlast von etwa
900.000 Tonnen dar. Im vorigen Spätsommer wurde mit der Räumung dieser Deponie unter
der Ägide des Innenministeriums begonnen. Es handelt sich um die Vollstreckung
(Ersatzvornahme) des Beseitigungsauftrags an die Deponieinhaberin. Der jüngste „Fund“
von über 100 Tonnen schwerstgefährlicher Abfälle am 1. Oktober 1997 hat selbst die
schlimmsten Erwartungen übertroffen und bedeutet, daß mit den zuletzt geschätzten
Räumungskosten von rund 700 Millionen Schilling, welche (zunächst) die Republik zu
tragen hat, bei weitem nicht das Auslangen gefunden werden wird.
Die Genesis dieser Altlast ähnelt sehr der Fischer-Deponie und zeigt folgende Phasen bzw
Merkmale auf:
1. 1974/74 Erteilung von Deponie genehmigungen für eine Hausmülldeponie ohne
jegliche Mindeststandards wie Bodenabdichtung und in unverantwortlicher Nähe zum
Grundwasser
2. Mangelndes Einschreiten der Behörden trotz nachweislich illegaler Deponierung von
gefährlichen Abfällen
Im Jahre 1984 übermittelte die Deponieinhaberin eine Liste der gefährlichen Stoffe
(ua ,‚Farbrückstände“). Damit war klar, daß sie diese Stoffe sammle und deponiere.
Sie besaß weder einer Abfallbeseitigungserlaubnis noch eine Genehmigung für eine
derartige Betriebsanlage (siehe RH-Bericht vom Jahre 1987, Zl. 0288/2.1V/2/87 im
Detail und abschließend: „Da beide Deponien in der Vergangenheit bereits wiederholt
Anlaß zum Einschreiten der Behörde in wasserrechtlichen Belangen gegeben hatte,
beanstandete der RH das mangelhafte Vorgehen der Behörden.“)
3. Statt gegen das rechtswidrige Tun der Deponiebetreiberin vorzugehen, wurde
vielmehr den Anträgen auf Genehmigung einer Aluschlackendeponierung im Jahre
1983 und 1985 stattgegeben, die Genehmigung wurde also erweitert statt beschränkt
oder widerrufen.
4. Die Sanierung wurde verschleppt.
Spätestens seit Vorliegen des RH-Berichts im Jahre 1987 war die Brisanz der Berger-
Deponie klar. Erst im Oktober 1990 wurde begonnen, das Ausmaß der Altlast zu erheben
(siehe die Beantwortung der grünen parlamentarischen Anfrage an den
Landwirtschaftsminister, Zl 100/J vom 6.5.1991). Beseitigungsaufträge an die
Verursacherin ergingen in den Jahren 1991 und 1992 (so Dr. Heinz Zimper,
Bezirkshauptmannstellvertreter Wr. Neustadt in Umweltschutz 9/96). Tatsächlich
ausgeräumt wird nun seit Spätsommer 1996. Laut Standard vom 15. Oktober 1997 wurden
bisher insgesamt 378.000 Tonnen Abfall geborgen.
Gegenstand des Interesses dieser Anfrage ist insbesondere die vierte Phase des Geschehens,
weil damit wieder einmal - neben dem rechtswidrigen Tun der Betreiberin und dem
rechtswidrigem Nichtstun der Wasserrechtsbehörde vor Ort - die Strukturmängel der
Gewässerpolizei aufgezeigt werden. Besonders im Lichte der jüngsten
Gewerberechtsnovelle ist auf das zunehmende Ungleichgewicht zwischen dem Schutz der
Wirtschaft und dem Schutz der Umwelt festzustellen. Während die Genehmigungsverfahren
von Anlagen laufend gekürzt und verdünnt werden, wird auf dem Sektor der Kontrolle und
der Beseitigung von Umweltschäden alles beim Alten belassen, obwohl das Vollzugsdefizit
in der Kontrolle bestehender Anlagen mehr als bekannt ist.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Zur Sanierung der Berger-Deponie
a) Wann lagen die Ergebnisse der Ausforschung der Altlast Berger-Deponie
(Feststellung der Deponiesohle und der Art des abgelagerten Materials), welche
laut Anfragebeantwortung des BMLF vom 5.7.1991 (zu 1001/J, XVII.I. GP)
am 24. Oktober 1990 vorgenommen wurde, vor?
b) Um wieviele Meter lag die tatsächliche Deponiesohle unter dem konsentierten
Maß und welche Abfalle waren ohne Konsens laut diesen Untersuchungen
deponiert worden?
c) Zu welchem Ergebnis führten die in der Anfragebeantwortung erwähnten
Strafverfahren gemäß § 137 Abs 1 WRG in Zusammenhang mit diesen
Messungen?
d) Wann wurde das Verfahren nach § 138 WRG eingeleitet, um der Verursacherin
der Altlast die Beseitigung des Mißstands aufzutragen?
e) Wann lag ein derartiger Mißstandstandsbeseitigungs-Bescheid in erster Instanz
vor und wann wurde er schließlich
rechtskräftig?
f) Warum dauerte dieses Kontrollverfahren (im weitesten Sinne) so viele Jahre?
g) Warum machte die Wasserrechtsbehörde nicht von § 64 Abs 2 AVG Gebrauch
und sprach einer allfälligen Berufung der Altlastverursacherin die aufschiebende
Wirkung wegen Gefahr in Verzug ab?
2. Zur Beschleunigung der Kontrollverfahren zum Schutz der Gewässer im
allgemeinen
Das Wasserrechtsgesetz stellt in den §§ 31, 138 iVm 122 für die Behörden ein
umfangreiches Kontrollinstrumentarium zur Verfügung. Wie auch im RH-TB 1992,
5 169 ff zum Vollzug des Wasserrechtsgesetzes ausgeführt wurde, wird jedoch gegen
Mißstände kaum vorgegangen. Sofortmaßnahmen der öffentlichen Hand scheitern am
fehlenden Willen zur Kostentragung, Aufträge an die Verursacher/innen werden
aufgrund des Instanzenzuges und des hohen Anforderungsprofils durch den
Verwaltungsgerichtshof Jahre bis Jahrzehnte nicht wirksam.
a) Welche Beobachtungen hat das Landwirtschaftsministerium zur Dauer von
Kontrollverfahren gemacht?
b) Welche Maßnahmen legistischer und sonstiger Natur gedenkt das
Landwirtschaftsministerium zu ergreifen, um die Kontrolle zu beschleunigen,
damit eine Waffengleichheit zwischen Wirtschaft und Umwelt hergestellt wird?
c) In welcher Weise wurde der Anregung des Rechnungshofes Rechnung getragen,
die Kostentragungsfrage (zwischen Land und Bund) klar festzulegen (RH-TB
1992, S 179 Pkt. 3.11.2), insbesondere welche Positionen hat das Ministerium
bei den Finanzausgleichsverhandlungen zu dieser Frage eingenommen?
d) Welche Abstimmungserfordernisse gibt es aus der Sicht des
Landwirtschaftsministeriums mit dem AltlastensanierungsG?
3. Zur Kontrolle der nachgeordneten Behörden
Der Versuch des Bundes, das Land Niederösterreich wegen des Fehlverhaltens in der
Causa Mitterndorfer Senke zur Verantwortung zu ziehen, ist fehlgeschlagen. Der
Oberste Gerichtshof war der Auffassung, daß das Fehlverhalten der Landesorgane
dem (geschädigten) Bund zurechenbar sei, weil sie in Wasserrechtsangelegenheiten
funktionell als Bundesorgane tätig werden würden (OGH vom 4. Juni 1996, 1 Ob
3/96). Dem Bund stünde ja das Weisungsrecht zu.
a) Welche Konsequenzen zieht das Landwirtschaftsministerium aus diesem Urteil,
insbesondere
• wird in Zukunft eindeutig und nachvollziehbar vom Weisungsrecht
gegenüber dem Landeshauptmann Gebrauch gemacht werden, um eine
Beeinträchtigung des Wassers hintanzuhalten und
. wie wird die Nichtbefolgung dieser Weisungen
geahndet werden?
b) Inwiefern wird ein allfälliger Schaden des Bundes im Wege der Organhaftung
bei (rechtswidrig) untätigen Beamt/Inn/en der nachgeordneten Behörden direkt
geltend gemacht werden?
4. Zur Sicherstellung, Deckungsvorsorge und Pflichtversicherung
In den meisten Fällen verfügen die Verursacher/Innen bei Schadensentdeckung und -
behebung über unzureichende Mittel bzw. haben diese in Sicherheit gebracht. Aus
diesem Grunde sah der grüne Entwurf für ein UmweltschädenhaftpflichtG bei
Inbetriebnahme umwelterheblicher Anlagen den Abschluß einer Umweltversicherung
verpflichtend vor, der Ministerialentwurf des BMJ schrieb allgemein eine
Deckungsvorsorge vor. Das Wasserrechtsgesetz selbst verlangt seit der Novelle 1990
eine Sicherstellung für die Erfüllung der Auflagen und der ordnungsgemäßen
Erhaltung der Deponie (§ 31 b Abs 3).
a) Welche Position hat das Landwirtschaftsministerium bei den Verhandlungen
zum UmwelthaftungsG (Arbeitskreis beim BMJ) betreffend Pflichtversicherung
und Deckungsvorsorge eingenommen und wie lautet die aktuelle Position?
b) Wie wird das Institut der Sicherstellung gehandhabt, insbesondere
• wie hoch ist die Sicherstellung bei Deponien üblicherweise,
• unter welchen praktischen Voraussetzungen kann sie von der öffentlichen
Hand verwendet werden und
• in welchen Fällen wurde diese Bestimmung schon konkret wirksam
(Beispiele)?