3199/J XX.GP

 

der Abgeordneten Gredler, Partnerinnen und Partner

an den Bundesminister auswärtige Angelegenheiten

betreffend inhaltliche Vorbereitung der EU-Präsidentschaft 1998

Österreich wird im zweiten Halbjahr 1998 den EU-Rats-Vorsitz innehaben. Die

Vorbereitungen darauf scheinen aber nur auf organisatorischer Ebene halbwegs zu

funktionieren. Viel wichtiger als Kulturprogramme und Heurigenabende, die

Sponsoren der Dienstwagenflotte und der Buffets oder die Frage, welcher EU-Rat in

welchem Bundesland stattfinden wird, ist die inhaltliche Vorbereitung auf den EU-

Vorsitz. Es geht dabei nicht darum, besondere Initiativen zu setzen oder die EU zu

,,verösterreichern", wie dies von einer Partei im Wahlkampf 1996 gefordert wurde, da

dies nur zu einer Blockade durch die anderen Mitgliedsländer führen würde, sondern

darum, inhaltliche Zielsetzungen im gesamteuropäischen Interesse zu formulieren

Schwerpunkte zu erarbeiten und den Diskussionsprozeß kompetent zu leiten..

Dabei liegen die entscheidenden Themen für die Zukunft der EU, die gerade 1998

besonders virulent werden, schon lange auf dem Tisch. Die Bundesregierung hat

allerdings noch überhaupt keine Unterlage vorgelegt, wie sie sich die inhaltliche

Gestaltung und Prioritätensetzung der EU-Präsidentschaft vorstellt, sieht man von

der Aufzählung der Überschriften von der EU-Osterweiterung über die

Währungsunion bis zu Menschenrechten und Entwicklungspolitik ab. Die Reputation

Österreichs und auch eine vernünftige Weiterentwicklung der EU hängt jedoch nicht

von der erfolgreichen Durchführung des Rahmenprogramms zu den 40

Ratstagungen und 2200 Sitzungen auf Expertenebene, sondern von einer

geschickten Verhandlungsführung auf einer festen inhaltlichen Basis ab. Da es für

die Erstellung eines Programmes für den EU-Vorsitz höchste Zeit ist, stellen die

unterzeichneten Abgeordneten folgende

ANFRAGE

an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:

1. Aus welchem Grund wurde bisher noch keine inhaltliche Konzeption für die

Gestaltung des EU-Vorsitzes Österreichs schriftlich vorgelegt, geschweige denn

dem Parlament zugeleitet?

2. Soll die von der EU-Kommission vorgeschlagene ,,Agenda 2000“ für eine stärkere

und erweiterte Union umgesetzt werden? Wenn ja, wie? Wenn nein, wie lautet Ihr

Alternativkonzept?

3. Wie soll die EU-Regional- und Agrarförderung nach Auslaufen der derzeitigen

Programme im Rahmen der Struktur- und Kohäsionsfonds im Jahre 1999 gestaltet

werden?

4. Auch der EU-Budgetplan läuft 1999 aus. Wie soll aus Ihrer Sicht die EU danach

finanziert werden? Sind Sie schon in Verhandlungen für eine gemeinsame

Position mit anderen Ländern?

5. Welche Vorschläge werden Sie für die Verhandlungen mit den von der EU-

Kommission akzeptierten Beitrittswerber vorlegen? In welchen Bereichen

(Binnenmarkt, Landwirtschaft, Umweltstandards, Sozialstandards, Arbeitsmarkt,

Personenfreizügigkeit) werden Sie welchen Ländern welche Übergangsfristen

vorschlagen?

6. Welchen Finanzierungsrahmen stellen Sie sich für die Osterweiterung vor?

7. Welche Ideen werden Sie einbringen, um europaweit Vertrauen in die neu zu

schaffende Währung zu schaffen?

8. Welche Vorschläge werden Sie in Zusammenhang mit der Umsetzung der

Währungsunion zur Gründung der Europäischen Zentralbank machen?

9. Nach dem Scheitern der Institutionenreform im Rahmen des Vertrages von

Amsterdam wird ein neuer Anlauf zur Neustrukturierung der Macht- und

Aufgabenverteilung zwischen EK, ER und EP notwendig sein, um die

Osterweiterung zu ermöglichen. Welche Vorschläge werden Sie dazu einbringen?

10.Wenn Sie vor die Alternative gestellt werden: werden Sie sich eher dafür

einsetzen, das Stimmgewicht Österreichs im Rat oder das österreichische

kommissionsmitglied zu erhalten?

11. Welche konkreten Initiativen werden Sie für das zweite Halbjahr 1998 setzen, um

mehr Beschäftigung in der EU zu schaffen?

12.Welchen Beitrag werden Sie dazu einbringen, die Steuerharmonisierung in

Europa voranzutreiben, was ein wesentlicher Beitrag zur Schaffung neuer Jobs

wäre? Wie sieht Ihre Position im speziellen zu einer Harmonisierung der

Unternehmensbesteuerung (besonders Beseitigung von Doppelbesteuerungen

bei grenzüberschreitender Wirtschaftstätigkeit) und zu einem gemeinsamen

Mehrwertsteuersystem aus?

13. Welche Position beziehen Sie zur Einführung bzw. Harmonisierung von

europaweiten Energiesteuern und einer ökologischen Steuerreform? Werden Sie

sich für die Einführung einer C0²-Steuer einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

14. Die Übergangsfristen für höhere österreichische Umweltstandards in einigen

Bereichen werden auslaufen bzw. einer Überprüfung unterzogen werden. Was

werden Sie tun, damit diese in ganz Europa eingeführt werden können bzw.

Umweltstandards harmonisiert werden? Welche Vorschläge werden Sie im

speziellen für ein europaweites Umwelthaftungsrecht machen?

15. Im zweiten Halbjahr 1998 wird wahrscheinlich über die finanzielle

Mittelausstattung des 5. Rahmenprogramms „Forschung und technologische

Entwicklung“ eine Entscheidung zu treffen sein. Welche Aufstockung der Mittel

können Sie sich vorstellen bzw. welche veränderte Prioritätensetzung verlangen

Sie?

16.werden auch die europäischen Bildungs- und Mobilitätsprogramme (Leonardo,

Socrates) auslaufen. Welche Vorschläge werden Sie zu deren Neugestaltung

einbringen, insbesondere betreffend das berufsbildende Schulwesen und die

Kooperation zwischen Bildung und Wirtschaft?

17.Welche Verbesserungsvorschläge in Richtung größerer Effizienz und einfacher

Handhabung werden Sie im Bereich des EU -Wettbewerbsrechts einbringen?

18.Welche Initiativen planen Sie 1998 zum Schutz des geistigen Eigentums?

19.Welche Vorschläge werden Sie für die Zukunft der Westeuropäischen Union

einbringen. Soll sie der Angelpunkt der künftigen europäischen Sicherheits- und

Verteidigungsidentität werden? Wenn nein, warum nicht?

20. Soll Österreich spätestens anläßlich der Übernahme des EU-Vorsitzes der WEU

als verteidigungspolitischem Arm der EU beitreten, um wenigstens zu diesem

Zeitpunkt in allen sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen ein

vollständiges Mitbestimmungsrecht zu erlangen. Wenn nein, warum nicht?

21. Welchen konkreten Niederschlag sollen die von Ihnen und Staatssekretärin

Ferrero-Waldner angekündigten Initiativen im Bereich der Menschenrechte

finden?

22.Wie soll die zukünftige europäische Entwicklungspolitik (Stichwort: Lomé V-

Abkommen) aussehen?

23. Im Vertrag von Amsterdam wurden zwar grundsätzlich einige Schritte zur

Harmonisierung der Zuwanderungs- und Asylpolitik sowie der

Kriminalitätsbekämpfung gesetzt, die konkrete Umsetzung liegt jedoch bei den

Mitgliedsstaaten? Welche Vorschläge werden sie machen, damit die

Harmonisierung in diesem Bereich zwar vorangetrieben, jedoch keine „Festung

Europa" geschaffen wird?

24.Die justizielle Zusammenarbeit ist einer der noch am wenigsten

vergemeinschafteten Bereiche der EU. Welche Ideen werden Sie bezüglich eines

Ausbaues der Zusammenarbeit der Justiz- und Polizeibehörden, der erweiterten

Amtshilfe und der Anerkennung von Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen

einbringen, ohne den Datenschutz weiter zu beeinträchtigen?

25.Welche(s) der oben angeführten Themenbereiche wird den Schwerpunkt des EU-

Vorsitzes Österreichs bilden und warum?