3242/J XX.GP
der Abgeordneten Mag. Trattner
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend weitere aufklärungsbedürftige Sachverhalte in Zusammenhang mit der
Veräußerung der Austria Tabakwerke-Tochter HTM
Sie haben am 13. März 1997 die an Ihren Amtsvorgänger gerichtete Anfrage der
Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen vom l4.1.l997, Nr. 1804/J beantwortet.
Wir gehen davon aus, daß Sie mit Ihrer Anfragebeantwortung keine bewußte Fehlinformation
des Parlaments vornehmen wollten, sondern im Vertrauen auf die Ihnen von Ihren Beamten
aufbereiteten Unterlagen die Beantwortung vornahmen.
Sie nahmen in Ihrer Beantwortung auch Bezug auf die noch nicht erfolgte Vorlage des
Rechnungshofberichtes zur Causa HTM. In der Zwischenzeit ist zwar der Bericht dem
Parlament noch immer nicht übermittelt worden. allerdings scheint er verschiedenen
Zeitungsredaktionen zugänglich gemacht worden zu sein. Daraus veröffentlichte Details sind
nicht in Einklang mit Ihrer parlamentarischen Anfragebeantwortung zu bringen. Es ist daher
der dringende Verdacht gegeben, daß durch Sie das Parlament in wesentlichen Punkten falsch
informiert wurde.
Dazu kommt. daß Freitag, den 19. September in einer außerordentlichen Hauptversammlung
der AT überraschend der gesamte Aufsichtsrat der Austria Tabak um eine Funktionsperiode
von fünf Jahren verlängert wurde. Das ist im Hinblick auf eine geplante Börseeinführung der
Austria Tabak ein äußerst bedenklicher Schritt, sind doch von dieser vorzeitigen Verlängerung
Personen erfaßt, denen im Zusammenhang mit kritischen, aufklärungsbedürftigen
Anmerkungen durch den Rechnungshof hohe Verantwortung zukam. In einem Fall
(Sektionsehef Dr. Haslinger) besteht der dringende Verdacht, daß er hauptverantwortlich für
Ihre falsche Anfragebeantwortung gegenüber dem Parlament ist, in einem weiteren Fall
(Kornfeld) ist neben der schadensverursachenden Tätigkeit als Interimsvorstand, die
Verwicklung in ein gerichtliches Verfahren gegeben. Dazu kommt, daß die Rolle des
derzeitigen Finanzvorstandes Dr. Schram beim Verkauf der HTM-Gruppe und entsprechender
Feststellung des Rechnungshofes höchst überprüfungswürdig ist. All diese Beispiele (und
noch mehr) sollten vor dem Börsegang der Austria Tabak aufgeklärt werden. Nur so ließe sich
eine empfindliche Beeinträchtigung des Verkaufserfolges vermeiden.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen, in
Anlehnung an die Anfragebeantwortung 1771/AB vom 13.3.1997, folgende
ANFRAGE
1) Wie ist Ihre Beantwortung, daß sich - wie Ihnen mitgeteilt wurde - im Protokoll kein
Hinweis auf eine Beauftragung finden kann, mit den nachstehenden Äußerungen des
Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Herrn Sektionschef Dr. Haslinger, im Geschäftsbericht 1995
in Einklang zu bringen:
„Aus der Sicht des Aufsichtsrates war zum Wohle der Gesellschaft und ihres Eigentümers die
Trennung von der HTM-Gruppe so glatt und schnell wie möglich vorzunehmen. Diese
Aufgabe wurde vom Aufsichtsrat dem interimistischen Vorstand, den Herren Dr. Herbert P.
Kornfeld und Dkfm. Jörg Schram, übertragen und rasch einer guten Entscheidung
zugeführt.“?
la) Ist Ihnen bekannt, in welcher Sitzung der AR den Beschluß gefaßt hat, die „Aufgabe“
einer „Trennung von der HTM -Gruppe“ an den Interimsvorstand zu übertragen?
1b) Sind Sie bereit, den Rechnungshof um eine Überprüfung dieser Verhaltensweise eines
der höchsten Beamten der Republik zu ersuchen?
2) Aus dieser Beantwortung ist ersichtlich, daß Sie von Ihren zuständigen Beamten falsch
oder zumindest einseitig informiert wurden. Ihre Beantwortung hat daher eine Tendenz, die
vom Schwerpunkt der Faktenlage und der Vorgangsweise in Richtung Rechtfertigung der
Verkaufsentscheidung ablenken soll. Zur Erweiterung Ihres Informationsstandes erlauben sich
die unterzeichnenden Abgeordneten Sie auf folgende Dokumente aufmerksam zu machen, aus
denen Sie besser als Ihnen „berichtet wurde“, die Vorgangsweise der Organe der Austria
Tabak und der HTM ersehen können:
Protokoll der AR - Sitzung der AT vom 30. Jänner 1995,
Schreiben der S.G. Warburg vom 20. April 1995,
Protokoll der AR Sitzung der AT vom 24. April 1995,
Protokoll der Sitzung des Ausschusses des AR der HTM vom 31. Juli 1995,
Protokoll der Sitzung des AR der FITM vom 3. August 1995,
Protokoll der Sitzung des AR der AT vom 1. und 4. August 1995.
So können Sie z.B. dem Protokoll vom 4. August entnehmen, daß der Antrag des AR an die
Hauptversammlung „über Kapitalzuführung der AT an HTM auf Basis der vorliegenden
Konzepte“ sechseinhalb Seiten beträgt.
Das Zitat, das Ihrer Anfragebeantwortung zugrunde gelegt wurde, ist (im Punkt 4 des
Antrages zu finden) aus dem Zusammenhang gerissen und daher irreführend.
Ebenso ist dem 2. Absatz Ihrer Beantwortung zu Punkt 2 unserer Anfrage vom 14. Jänner
1995 zu entnehmen, daß Ihnen falsch berichtet wurde und Ihrer Beantwortung daher
irreführend ist. S.G. Warburg wurde im März 1995 vom Vorstand der AT beauftragt, „die
Austria Tabak bei der Erstellung eines Konzeptes für eine Privatisierung zu unterstützen“. Im
Rahmen dieses Auftrages gehörte es auch zu den Aufgaben von Warburg, die AT „bei der
Prüfung der strategischen Alternativen für ihre Tochtergesellschaft HTM Sport und
Freizeitgeräte AG zu beraten und bei der Umstrukturierung zu unterstützen.“
Nehmen Sie aus diesen Dokumenten zur Kenntnis, daß Sie falsch informiert wurden?
Wenn ja, welche Folgen ziehen Sie daraus?
3) Zu unseren Anfragen 4-7 wurde Ihnen berichtet, daß „im Wege eines zweistufigen
Ausleseprozesses mehr als 40 potentielle Käufer von S.G. Warburg kontaktiert wurden“.
Auch hier besteht der dringende Verdacht, daß Ihnen falsch berichtet und daher das Parlament
falsch informiert wurde.
Ist Ihnen ein Protokoll einer Sitzung des AR der AT, der HTM der Sitzung eines
Arbeitsausschusses einer der beiden Gesellschaften oder ein anderes Dokumenten eines der
zuständigen und verantwortlichen Organe bekannt, in dem über einen "zweistufigen
Ausleseprozeß unter mehr als vierzig potentiellen Käufern", berichtet wurde?
4) Im Protokoll über die Sitzung des Ausschusses des AR der HTM Sport- und
Freizeitgeräte AG am 31. Juli 1995 findet sich folgende Passage:
Auf Befragen der Herrn Wehsely und Mauhart favorisiert Herr Treichl vorbehaltlich
weitere Analysen, insbesondere einer genauen Analyse der Liquidationsausgleich,
die Variante Weiterführung des Unternehmens mit einem Partner, obwohl die Partnersuche
sofort beginnen sollte. Diese Aussage stößt im gesamten Arbeitsausschuß insofern auf
Befremden, da sie im Widerspruch zu der bisherigen Aussage von S:G: Warburg zu stehen
scheint, wonach in einem ersten Schritt der HTM Konzern zu sanieren und sinnvollerweise
erst in einem zweiten Schritt ein Partner zu suchen wäre. Herr Mauhart weist besonders
darauf hin, da? S:G: Warburg seit Monaten mit dieser Fragestellung beauftragt ist und
während dieses Zeitraumes immer an der zitierten Aussage festgehalten hat. Herr Treichl
erwidert, daß S.G. Warburg auf Grund des erteilten Mandates eine aktive Partnersuche
bislang nicht möglich war. Herr Wehsely weist darauf hin, daß eine Beteiligung seitens eines
Partners in der gegenwärtigen Situation, wenn überhaupt nur unter der Voraussetzung
denkbar wäre, daß die AT mit dem gesamten Umstruktuierungskosten belastet bleibt.
Wie erklären Sie sich, daß zu diesem Zeitpunkt offensichtlich weder den Mitgliedern des AR
der HTM-Gruppe. noch dem Vorstandsvorsitzenden der AT, noch dem
Sanierungsbeauftragten von S.G. Warburg weder die Einleitung eines Ausleseverfahrens noch
die Kontaktaufnahme mit vierzig potentiellen Käufern bekannt ist?
5) Am 4. August 1995 hat der Sanierungsberater, Michael Treichl, dem AR der AT unter
dem Codenamen ‚"Projekt Olympia" ein "streng vertrauliches“ Papier vorgelegt. Darin sind
neunzehn "potentielle Interessenten" aufgelistet, mit denen laut Behauptung des Herrn Treichl
Gespräche geführt wurden. „Diese Gespräche hatten zum Ziel, die Interessenslage
einzuschätzen und mögliche Kooperationsmodelle auszuloten.“
Haben Sie eine Erklärung dafür, wie dieses „Memorandum an den AR" in Einklang mit dem
Inhalt Ihrer Beantwortung zu bringen ist?
6) Ist Ihnen in Ergänzung der neunzehn aufgelisteten Firmen eine Aufzeichnung der zu
Ihrer Beantwortung fehlenden einundzwanzig Unternehmen bekannt?
7) Wurde Ihnen berichtet, daß in der offiziellen Presseaussendung der AT vom
22.9.1995, in der die Öffentlichkeit vom plötzlichen Verkaufsbeschluß informiert wurde, von
Verkaufsaktivitäten berichtet wird, in deren Rahmen mehr als zwanzig erste Adressen aus
Industrie - und Finanzwirtschaft zu einem „kontrollierten Briefingverfahren eingeladen
wurden“?
8) Zum Zeitpunkt des Verkaufes war offensichtlich nicht einmal dem Interimsvorstand
bekannt, was Ihnen als Beantwortung unserer Anfrage in den Mund gelegt wurde. Können Sie
daher ausschließen, daß diese Behauptung zur Verschleierung der eigentlichen Vorgangsweise
des Verkaufes im nachhinein lediglich erfunden wurde?
9) Mit dieser Behauptung wurden auch die EU-Kommissionen und der Rechnungshof
falsch informiert. Sind Sie bereit untersuchen zu lassen, wer für die Erfindung dieser
Behauptung und daher für die Fehlinformation des Bundesministers für Finanzen, der EU -
Kommission. des Rechnungshofes und schlußendlich des Parlaments verantwortlich ist?
10) Am 4. August 1995 hat der AR der AT das Sanierungskonzept beschlossen. Am 11.
August 1995 wurde über Verlangen des Finanzministers Dr. Staribacher der AT-Konzern
enthauptet und ein völlig inkompetenter, weder branchenkundiger noch
managementerfahrener Interimsvorstand eingesetzt. Am 14. September 1995 hat der AR der
AT die Veräußerung der HTNI beschlossen. Durch diesen überhasteten Verkauf wurde vom
Vorstand und vom AR der AT die aktienrechtliche Sorgfaltsptlicht in eklatanter Weise
vernachlässigt und der Republik Österreich, als Eigentümer der AT, ein Schaden von rund 4
Mrd. ÖS zugefügt.
Der Rechnungshof hat inzwischen die Entscheidung vom Vorstand, AR und der
Hauptversammlung als „endgültige Verlustrealisierung“ qualifiziert. Trotzdem sind die
Verantwortlichen für diesen Milliardenverlust nicht nur noch immer in den
Entscheidungsorganen der AT vertreten, sondern wurden jetzt sogar vorzeitig verlängert.
Können Sie sagen, welche Unterlagen dem AR, außer den in der AR-Sitzung vom 4. August
1995, die zum Beschluß des Sanierungskonzeptes führten, zur Entscheidungsfindung über die
Trennung von der HTM-Gruppe vorlagen?
10a) Ist Ihnen das Protokoll der Sitzung des AR der AT vom 14. September 1995 bekannt,
aus dem klar ersichtlich ist, daß der AR seine Entscheidung vom 4 August ohne
entsprechende Unterlagen ins Gegenteil umkehrte?
10b) Wenn ja, warum haben Sie dann nicht für eine rasche Ablöse der Organe der AT
gesorgt, um eine Beeinträchtigung der Börseneinführung zu vermeiden?
11) Im zweiten Teil der Beantwortung der Fragen 8 bis 10 listen Sie Unterlagen auf, die
den AR-Beschlüssen zugrundelagen. Die
Auflistung ist richtig. Diese Unterlagen lagen
allerdings dem Sanierungsbeschluß des AR vom 4. August 1995 zugrunde. Dem
Verkaufsbeschluß vom 14. September 1995 lagen keine neue Unterlagen zugrunde.
Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Tatsache, daß Sie auf Grund der Ihnen dargelegten
Unterlagen das Parlament falsch informierten‘?
1 la) Ist Ihnen inzwischen bekannt, daß sich der AR der AT bei der Beschlußfassung des
Sanierungskonzeptes auf acht (8!) Gutachten und Berichte stützen konnte, dem AR am 14.
September 1995 keine einzige überprüfbare schriftliche Unterlage vorlag und der AR diesen
schwerwiegenden Beschluß lediglich auf Grund der mündlichen Darstellung eines einzigen
Beraters, der außerdem nachweislich Eigeninteresse verfolgte, gefaßt hat‘?
12) Zu Ihrer Beantwortung der Fragen 11-13:
Der Rechnungshof trifft dazu folgende lapidare. aber inhaltsschwere Feststellung:
Der Rechnungshof stellte fest, daß die Organe der AT einen schnellen Verkaufsabschluß
anstrebten und daher auf eine gründliche Befassung mit der Bonität des Käufers oder die
Vorlage eines Sanierungskonzeptes verzichteten.
Aus dieser Feststellung des Rechnungshofes geht eindeutig hervor, daß weder dem Vorstand
noch dem Aufsichtsrat branchenübliche Informationen oder Bankauskünfte vorlagen, wie in
Ihrer Anfragebeantwortung behauptet wird. D.h. auch bei der Beantwortung dieser Fragen
wurden die Abgeordneten des Hohen Hauses unrichti2 informiert.
Völlig unfaßbar und inakzeptabel ist die Tatsache, daß einer der Hauptschuldigen der
Schadensstiftung, Dr. Schram, inzwischen sogar zum Vorstandsmitglied der AT bestellt
wurde, wobei seine Zuständigkeit für den Finanzbereich ein Beispiel für eine besonders
zynische Vorgangsweise bei der Bestellung von Führungskräften im staatlichen Bereich ist.
Können Sie es - vor allem auch im Zusammenhang mit der Privatisierung der AT -
verantworten, daß die AT von einem Finanzvorstand repräsentiert wird, der als AR der AT
noch am 4. August 1995 das Sanierungskonzept der AT für die HTM-Gruppe mitbeschlossen
hat. am 11. August 1995 für die Ablöse des AT-Vorstandes (und damit laut Rechnungshof
zur Schwächung der Managementsituation) gestimmt hat. sich in derselben Sitzung zum
Interimsvorstand bestellen ließ Lind am 14. September 1995 den Verkauf ohne Vorlage
begründeter Unterlagen beantragt hat?
13) Diese Meinungs- und Entscheidungssprünge des Dr. Schram haben zu einer
„endgültigen Verlustrealisierung“ (Rechnungshof) von 3,6 Milliarden geführt. Welche
Garantie können Sie hinkünftigen Käufern von AT-Aktien geben, daß der amtierende
Finanzvorstand nicht auch in Zukunft verlustreichen Meinungsänderungen unterliegt!
Werden Sie auf Grund Ihres derzeitigen Informationsstandes endlich die Konsequenzen
ziehen und Ihren Einfluß in Richtung Ablöse von Dr. Schram als Vorstand der AT geltend
machen, um dadurch Verunsicherungen beim Käuferpublikum von AT-Aktien
hintanzuhalten‘?