3257/J XX.GP

 

der Abgeordneten Kier und PartnerInnen

an den Bundeskanzler

betreffend Entschädigung österreichischer Staatsbürger gemäß Artikel 27 Staats-

vertrag von Wien

Anläßlich des Besuches des slowenischen Staatssekretärs im Außenministerium, Ivo

Vajgl, äußerte sich Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner laut APA - OTS vom 19.

September 1997 u. a. zu ,,Vermögensforderungen der Heimatvertriebenen" gegen-

über Slowenien wie folgt:

„Die Heimatvertriebenen aus Slowenien, die nach dem 2. Weltkrieg österreichische

Staatsbürger wurden, sind von der slowenischen Restitutionsgesetzgebung sehr

enttäuscht, da sie durch die restriktiven staatsbürgerlichen Bestimmungen von der

Rückgabe ihres willkürlich und widerrechtlich entzogenen Eigentums bzw. von Ent-

schädigungsansprüchen ausgeschlossen sind. Eine mehr entgegenkommende Hal-

tung Sloweniens wäre nicht nur im Interesse der betroffenen österreichischen

Staatsbürger, sondern würde auch zur Vertrauensbildung zur Vertiefung der gut-

nachbarlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten beitragen. Die Hei-

matvertriebenen aus Slowenien, die heute österreichische Staatsbürger sind, sollten

in der slowenischen Restitutionsgesetzgebung dieselben Rechte und Möglichkeiten

wie slowenische Staatsbürger erhalten.

Österreich erwartet von einem Staat auf dem Weg nach Europa, daß korrekte

rechtsstaatliche Verfahren abgewickelt und zustehende Rechte nicht willkürlich vor-

enthalten werden.“

Diese Position der Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner enthält eine rechtliche Be-

urteilung, welche mit dem im Artikel 27 Abs. 2 des Staatsvertrages von Wien betref-

fend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich aus

1955 der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien eingeräumten Recht, österreichi-

sche Vermögenschaften, Rechte und Interessen, die sich zum Zeitpunkt des Inkraft-

tretens des Staatsvertrages auf jugoslawischem Gebiet befanden, zu beschlagnah-

men, zurückzubehalten oder zu liquidieren, nicht im Einklang steht. Überdies ver-

pflichtete sich die österreichische Regierung, österreichische Staatsangehörige, de-

ren Vermögen auf Grund dieses Paragraphen herangezogen wird, zu entschädigen.

Einvernehmen über diese Regelung wurde auf der Tagung des Außenministerrates

in Paris im Juni 1949 erzielt.

Überdies erklärte Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner anläßlich des oben zitierten

Treffens, daß die österreichische Bundesregierung darum bemüht sei, der sloweni-

schen Minderheit in Österreich in konstruktivem Geist entgegenzukommen, etwa

was „die Möglichkeit des Empfangs slowenischer Fernsehprogramme in Kärnten be-

trifft.“

Da die Positionierungen der Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner einerseits und

der zitierte Artikel des Staatsvertrages von Wien andererseits rechtlich von einander

abzuweichen scheinen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage

1.) Hat die Republik Österreich an österreichische Staatsbürger, die nach dem 2.

Weltkrieg in Jugoslawien bzw. im heutigen Slowenien Vermögen, Rechte oder

Interessen verloren haben, Entschädigungen gemäß Artikel 27 Abs. 2 Staats-

vertrag von Wien oder auf Grund eines anderen Rechtstitels bereits geleistet?

a) Wenn ja, in welchem Ausmaß?

b) Wenn nein, warum sind derartige Leistungen unterblieben?

2.) Auf welchen rechtlichen Beurteilungen oder gutachtlichen Grundlagen beruht die

von Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner namens der Republik Österreich ein-

genommene Position, österreichische Staatsbürger könnten, müßten oder soll-

ten direkte Rechts-, Entschädigungs- oder Rückstellungsansprüche an Slowe-

nien stellen können?

3.) In Abhängigkeit Ihrer Antwort zu der unter Punkt 2.) gestellten Frage:

Erachten Sie es als Bundeskanzler aus rechtlicher und/oder politischer Sicht für

vertretbar, von österreichischer Seite aus an die Republik Slowenien die Forde-

rung zu richten, österreichischen Staatsbürgern das nach dem 2. Weltkrieg

staatlich entzogene Eigentum bzw. Vermögen zu restituieren bzw. sie dafür zu

entschädigen?

4.) Hat die österreichische Bundesregierung, die in einer Resolution der Kärntner

Landesregierung vom 21.10.1997 erhobene Forderung, die ,,Vermögensforde-

rungen der Heimatvertriebenen“ in den EU-Beitrittsverhandlungen Sloweniens

als „Druckmittel“ verwenden, derart übernommen, daß dazu ein Ministerratsbe-

schluß gefaßt worden ist?

a) Wenn ja, wie lautet dieser Beschluß?

b) Wenn nein, worauf stützt sich dann die seitens der Frau Staatssekretärin

Ferrero-Waldner namens der Republik Österreich in den Raum gestellte An-

kündigung?

5.) Wann und mit welchen Maßnahmen wird die Bundesregierung den Empfang

slowenischer Fernsehprogramme für die slowenischer Minderheit in Kärnten er-

möglichen.