3312/J XX.GP
der Abgeordneten Gradwohl, Anna Huber, Mag. Johann Maier, Wimmer, Ludmilla Parfuss
und Genossen
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft
betreffend Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit diverser AMA- Gütesiegel
Bei der Frage nach positiven Ansätzen in der österreichischen Landwirtschaft für die Zukunft
werden von namhaften Experten zuallererst die Biobauern genannt. Osterreich ist mit 20.000
nach der Produktionsform des biologischen Landbaues produzierenden Bauern
Biolandbauspitzenreiter in Europa. Sie produzieren nach den gesetzlichen Auflagen des
Biolandbaues. Der biologische Landbau ist imstande, dem heute mehr denn je verunsicherten
Konsumenten die größere Sicherheit zu bieten sowie Forderungen immer weiterer Teile
unserer Bevölkerung nach einer umweltgerechten Landwirtschaftsform, artgerechter
Tierhaltung, Entschärfung der Nitratproblematik und Verbot des Einsatzes von chemisch-
synthetischen Pestiziden gerecht zu werden. Und um ein ganz aktuelles Thema anzusprechen:
der biologische Landbau in Österreich ist gentechnikfrei!
Entscheidend über Erfolg oder Nichterfolg auch der bäuerlichen Betriebe in unserem Land ist
heute der Markt. Und damit tritt der Konsument in den Mittelpunkt. Er entscheidet beim Kauf
der Lebensmittel ob Qualität oder Billigware. In jedem Fall erwartet er sich - und dies
bestätigen zahlreiche Studien -Produktwahrheit und Produktsicherheit.
Diverse Vorkommnisse, die teilweise auch von den Medien breit wiedergegeben wurden,
vermitteln nicht gerade den Eindruck, daß seitens der AMA bzw. der Standesvertreter alles
getan wird, um die positiven Konturen und Merkmale der Vorzüge österreichischer
agrarischer Produkte deutlich und werbewirksam hervorgehoben werden:
- Am 29.8. 1997 wurde in einem Feischverarbeitenden Betrieb, der das AMA - Gütesiegel
trägt ausländisches Rindfleisch festgestellt. Es entstand der Verdacht, daß es sich um
britisches Rindfleisch handle. Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und
Verbraucherschutz wurde jedoch ersucht am 2.9.1997 nachmittags von der AMA
informiert. Die Veterinärverwaltung hatte sofort reagiert und konnte binnen weniger
Stunden die Herkunft (Tschechien) feststellen.
-Eine gemeinsame Entschließung aller im Nationalrat vertretener Fraktionen vom 14.
Mai 1997 betreffend umfassende Kennzeichnung von gentechnisch verändertem Saatgut
sieht vor, daß noch im Jahr 1997, bis spätestens zur erfolgten Ernte 1997, seitens des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft ein Entwurf vorzulegen ist, der eine
umfassende Kennzeichnung von gentechnisch verändertem Saatgut entsprechend den
Bestimmungen der EU ermöglicht. Damit sollte sowohl die Sicherheit biologisch
wirtschaftender Bauern in Osterreich als auch die Wahlmöglichkeit der
Konsumentinnen und Konsumenten sicher gestellt werden.
-Kürzlich wurde auf einem Lebensmittel, das laut Lebensmitteluntersuchungsanstalt
gentechnisch veränderte Bestandteile beinhaltet hatte, eine Bio-Gütezeichen der
Agrarmarkt Austria entdeckt.
-Im Rahmen einer Fernsehdiskussion mußte sich ein hochrangiger Bauernfunktionär von
einem anwesenden erfolgreichen Biobauern unwidersprochen vorhalten lassen, daß laut
AMA-Gütesiegel Futtermittel nur zu 50% aus Österreich stammen muß.
-Auf Vorschlag des größten österreichischen Biobauernverbandes ,Ernte für das Leben"
und unter Zustimmung des über unsere Grenzen hinaus anerkannten Experten Dr.
Brustbauer wurde im Plenum der Kodexkommission der Vorschlag eingebracht,
wonach Futtermittel für Biobetriebe keine gentechnisch veränderte Organismen oder
Teile davon beinhalten dürfen. Wie nunmehr bekannt wurde, wurde dieser Vorschlag
mit einer Gegenstimme - die des Vertreters der Präsidentenkonferenz Österreichs -
angenommen.
-Diversen Pressemeldungen war der Ausgang eines Gerichtsverfahrens zwischen AMA-
Marketingchef Dr. Mikinovic und Agrarmarketing Preisträger der ersten Stunde,
Ökonomierat Dir. Franz Krenthaller, zu entnehmen. Dabei wurde berichtet, daß Herr
Dr. Mikinovic die gesamten Verfahrenskosten - auf Grund des Ergebnisses dieses
Gerichtsverfahrens - zu tragen hat.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft nachstehende
Anfrage:
1. Warum wurde im Zusammenhang mit der Entdeckung von ausländischem Fleisch
mit einem AMA - Gütesiegel die zuständige Behörde so spät vom Verdacht, daß es
sich um britisches Rindfleisch handeln könnte, informiert?
2. Darf sich in einem fleischverarbeitenden Betrieb, der das österreichische AMA -
Gütesiegel führt überhaupt ausländisches Fleisch befinden?
3. Wenn dies der Fall ist, wie wird sichergestellt, daß dieses ausländische Fleisch nicht
mit dem österreichischen Gütesiegel im Zuge der Bearbeitung in Zukunft
gekennzeichnete wird‘?
4. Welche Maßnahmen wurden im konkreten Fall gegen den Betrieb seitens der AMA
und Ihres Ressorts gesetzt?
5. Wie erfolgen die Überprüfungen der AMA auf Einhaltung des Lebensmittelgesetzes
unter Bestimmungen für das AMA - Gütesiegel?
6. Wieviele Kontrollen wurden 1996 durchgeführt‘?
7. Mit welchem Ergebnis (wie viele Beanstandungen, welcher Art, mit welchen
Konsequenzen) ?
8. Wieviele Kontrollen wurden 1997 durchgeführt‘?
9. Welche Mängel wurden aus konsumentenpolitischer Sicht festgestellt?
10. Wie wurden diese Mängel beseitigt?
11. Auf welche Art und Weise sind jener sojaverarbeitende und fleischverarbeitende
Betrieb, seinerzeit zum AMA -Gütesiegel gekommen?
12. Welche Kontrollen bzw. Untersuchungen zur Gewährleitung der Gentechnikfreiheit
bei Bioprodukten bzw. bei Bioprodukten mit AMA - Gütesiegel wurden bisher
gesetzt‘?
13. Wie hoch sind die laut Gerichtsurtil, von
Dr. Mikinovic zu tragenden Kosten‘?
14. Werden diese Kosten aus der Privatschatulle des AMA - Marketingchefs, aus den
Marketingbeiträgen der Bauern oder aus Steuergeldern aufgebracht?
15. Wieviel von den ca. 13 Millionen Schilling AMA -Marketingbeiträgen von Biobauern
werden in Form von Werbe - und Marketingaktivitäten der AMA dem biologischen
Landbau 1997 und 1998 zugute kommen.