3369/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Haidlmayr, Moser Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Arbeit,Gesundheit & Soziales
betreffend österreichische Amalgam-Lobbyisten in Brüssel.
In einer Verfügung der Staatsanwaltschaft beim Landgericht in Frankfurt am Main vom 31.
Mai 1996 wurde in Deutschland ein umfangreiches Amalgam—Gutachten („Kieler—Amalgam-
Gutachten 1997“) veranlaßt. Bereits in der Verfügung der Frankfurter Staatsanwaltschaft
(ergangen in einem Verfahren wegen Körperverletzung in Zusammenhang mit Amalgam als
Zahnfüllstoff) wird von einer allgemeinen Gefahr einer Schädigung der Gesundheit von
Amalgam-Trägerlnnen (generelle Kausalität) und von einer ausreichend großen Zahl
hinreichend belegter individueller Schadensfälle (konkrete Kausalität) ausgegangen. Im
Kieler Amalgam-Gutachten 1997 heißt es unter anderem : „Von Amalgam-Plomben geht
offenbar eine nicht unerhebliche Gefahr für die menschliche Gesundheit aus. Amalgam
kann krank machen, d. h., Amalgam ist generell geeignet, gesundheitliche Beschwerden bei
einer relevanten Anzahl von Amalgam-Trägern auszulösen. Aufgrund dieses Gutachtens ist
derzeit eine einschneidende Änderung der bisherigen Begutachtungs- und
Entscheidungspraxis bei Behörden und Gerichten im Gange. Zahnärztinnen haben in
Hinkunft mit einer zivilrechtlichen und möglicherweise auch strafrechtlichen Verantwortung
zu rechnen, wenn sie bei PatientInnen Amalgamfüllungen anbringen ohne auf die toxischen
Auswirkungen von Amalgam und die wahrscheinlichen gesundheitlichen Risken
ausdrücklich und nachweislich aufmerksam zu machen.
Kritische bzw. ablehnende Haltungen betreffend die Verwendung von Amalgam als
Zahnfüllstoff werden nicht nur von deutschen Behörden, sondern insbesondere auch in
Finnland, Frankreich und Belgien vertreten. Offenbar aufgrund der kritischen Haltung der
deutschen Delegierten bei den entsprechenden Verhandlungen in Brüssel wurden diese dem
Vernehmen nach aus den zuständigen Gremien entfernt und durch Amalgam-Befürworter
aus Österreich ersetzt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Ist Ihnen das Kieler Amalgam-Gutachten 1997 bekannt und welche Schlüsse ziehen
Sie daraus für die österreichische Gesundheitspolitik bzw. für den Maßstab der
Gesetzmäßigkeit der Gebarung der
Sozialversicherungsträger?
2) Werden Sie dafür eintreten, daß im Sinne der klaren und eindeutigen Ergebnisse des
Kieler Amalgam-Gutachtens eine weitere Verwendung dieses gefährlichen
Zahnfüllstoffes insbesondere im Rahmen der von den Krankenkassen bezahlten
zahnärztlichen Eingriffe nicht bzw. nur nach ausdrücklicher und nachweislich
erfolgter Warnung verwendet werden darf?
3) Wie ist der Stand der Diskussion betreffend die Anwendbarkeit von Amalgam im
Rahmen der europäischen Union?
4) Welches Gremium in der europäischen Union ist derzeit mit dem Problem Amalgam
befaßt, wie setzt sich dieses Gremium (gegliedert nach Nationalitäten) zusammen und
wer vertritt dort die österreichischen Interessen ?
5) Ist es zutreffend, daß die österreichischen Delegierten sich trotz der im Kieler
Amalgam-Gutachten aufgezeigten Gefahren nach wie vor für den Einsatz von
Amalgam aussprechen ? Welche offiziellen Studien, Gutachten, Forschungsarbeiten
etc. stellen die Grundlage der österreichischen Haltung in Sachen Amalgam dar?
6) Angesichts der geänderten Gerichts- und Behördenpraxis in Deutschland und
angesichts der Eindeutigkeit des Kieler Gutachtens ist auch in Österreich mit
Schadenersatz-, Haftungs- bzw. Amtshaftungsverfahren zu rechnen. Was werden Sie
tun, um zu einer offiziellen und eindeutigen Haltung der Gesundheitsbehörden in
Osterreich beizutragen?
7) Halten Sie eine Gebarung der Selbstverwaltungskörper, die Körperverletzungen an
Menschen aus Kostengründen in Kauf nimmt, für gesetzeskonform ? Wenn ja, mit
welchen Gründen, wenn nein, was gedenken Sie zu tun?