3385/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und Genossen

an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie

betreffend Blei im Trinkwasser

Durch Hauszuleitungen sowie Wasserleitungsanlagen aus Blei in Gebäuden wird Trinkwasser

belastet. Dies besonders in Altbauten, die in Österreich zumeist vor 1950 errichtet und dabei

mit „Bleirohren“ ausgestattet wurden.

Zur Ausstattung von diesen „Bleiinstallationen“ gibt es in Österreich noch keine

ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen, nach denen der Einbau oder die Verwendung von

Trinkwasserleitungen aus Blei in Gebäuden oder von Trinkwasserzuleitungen verboten ist.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ein Verbot seit 1983. Eine besondere Belastung

des Trinkwassers durch Blei gibt es insbesondere in den neuen Bundesländern der BRD. In

Großbritannien sind in jedem 3. Haushalt noch immer Bleirohre installiert. Deswegen - und

weil auch Häuser mit alten Bleifarben kontaminiert sind, hat - nach Presseberichten - jedes

zehnte Kind unter sechs Jahren Gehirnschäden erlitten.

Es wird aber in den österreichischen Bundesländern - so zumindest im Bundesland Salzburg

- aber keine Baubewilligung erteilt, die nicht den Grundsätzen des § 1 Salzburger

Bautechnikgesetz entspricht. „Alle Bauten und sonstigen baulichen Anlagen müssen in

ihrer Gesamtheit und allen ihren Teilen so errichtet, gestaltet und ausgestattet sein, daß

sie nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der technischen Wissenschaft der

Bauaufgabe gerecht werden und...“

Obwohl in Österreich kein gesetzliches Verbot vorliegt, „Bleirohre“ für Hauszuleitungen und

Wasserleitungen in Gebäuden zu verwenden, werden sie - so die Information aus der

Wirtschaft - seit Anfang der 60-iger Jahre angeblich nicht mehr verwendet!

Betroffen von dieser Situation sind in der Bundeshauptstadt Wien beispielsweise 100.000

Wiener Haushalte, bei denen dieser Grenzwert für Blei im Trinkwasser überschritten wird.

Nach einer umfangreichen Studie der Arbeiterkammer Wien wurde festgestellt, daß in fast

einem Viertel der untersuchten Altbauhaushalte der Stadt Wien der Bleigehalt des in der Früh

oder nach längerer Abwesenheit entnommenen Wassers den Grenzwert von 50 Mikrogramm

überschritt. Der höchste gemessene Wert betrug sogar 200 Mikrogramm Blei in einem Liter!

Städte oder Gemeinden mit großem Sanierungswürdigen Althausbestand sind davon

besonders betroffen. Bedauerlicherweise liegen keine detaillierten Zahlen für andere

Bundesländer, Städte oder Gemeinden vor. Eine diesbezügliche behördliche und

systematische Erfassung hat noch nie stattgefunden. Die Gefährlichkeit des Blei gilt für

bestimmte Personengruppen. Gefährlich ist der hohe Bleigehalt vor allem für werdende

Mütter, Säuglinge und Kleinkinder.

In Österreich ist für Trinkwasser zur Zeit ein Grenzwert von 50 Mikrogramm Blei pro Liter

Trinkwasser normiert; allerdings hält die WHO (Weltgesundheitsorganisation) bereits Werte

über 10 Mikrogramm für bedenklich.

Nach der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie — die am 16.10.1997 die EU-Umweltminister

beschlossen haben — wird aus gesundheitlichen Gründen der Bleigrenzwert mit einer

Übergangsfrist drastisch herabgesetzt, und zwar von 50 auf 10 Mikrogramm je Liter.

Weil der Austausch der Trinkwasserzuleitungen teuer kommt — allein in Frankreich und

England werden die Kosten auf bis zu 100 Milliarden Mark geschätzt—ist eine

Übergangsfrist von 15 Jahren vorgesehen.

In Deutschland tauschen die kommunalen Wasserwerke seit Jahren „Bleirohre“ aus. Trotzdem

sind auch hier insgesamt noch Investitionen von vier bis acht Milliarden Mark fällig.

Der Investitionsbedarf für Österreich bzw. für einzelne Städte und Gemeinden steht leider

nicht fest, da es nie eine behördliche und systematische Erfassung gegeben hat.

Die Salzburger Stadtwerke — als Wasserversorger — schätzen beispielsweise, daß der

Austausch der Wasserzuleitungen aus Blei in fünf Jahren in der Stadt Salzburg abgeschlossen

sein wird (Kosten ca. 36 Millionen Schilling).

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Umwelt, Jugend

und Familie nachstehende

Anfrage:

1. Welche Haltung haben Sie zur neuen ,,EU-Trinkwasserrichtlinie“, die nun u.a. eine

Verschärfung der Bleigrenzwerte vorsieht, eingenonimen9

2. Wer hat Ihrer Auffassung nach in Mietwohnungen für die Sanierung von

„Hausinstallationen aus Blei“ (z.B. Trinkwasserleitungen) aufzukommen? Handelt es

sich dabei um eine Erhaltungspflicht, die nach § 1096 ABGB den Vermieter trifft

(z.B. nützliche Verbesserung) oder sind die Kosten durch die Mieter zu erbringen?

3. Können derzeit die österreichischen Wohnungsnutzer (Eigentümer oder Mieter) ihre

Ansprüche auf Einhaltung der bestehenden Grenzwerte bei Trinkwasser rechtlich

durchsetzen (z.B. Blei 50 Mikrogram in bzw. in Zukunft 10 Mikrogramm)?

4. Sind Untersuchungen — insbesondere auf die langfristige Wirkung des Genusses von

verbleitem Trinkwasser — durch Ihr Ressort geplant (z.B. durch Umweltbundesamt)?

5. Werden Sie dafür eintreten, daß die diesbezüglichen baurechtlichen Vorschriften über

die Verwendung von Bleirohren österreichweit vereinheitlicht werden (z.B. über eine

Vereinbarung nach Artikel 1 5a BVG)?

6. Werden Sie für ein generelles Verbot von „verbleiten Rohrsystemen“ in Österreich -

mit all den folgenden Konsequenzen (Sanierung etc.) - eintreten?

7. In welchen Bundesländern, Städten oder Gemeinden werden zur Zeit bereits die

Hauszuleitungen aus Blei bzw. die Blei-Haushaltsinstallationen z.B. durch

Kunststoffleitungen ersetzt“

8. Wer hat bei den „Hauszuleitungen“ für die Sanierungskosten aufzukommen? Ist dies

Aufgabe des Wasserversorgers?

9. Werden Sie die Wasserversorger verpflichten, zumindest die Hauszuleitungen aus

„Blei“ in einem bestimmten Zeitraum auszutauschen?

10. Werden durch den Bund für die in Zukunft notwendigen Austausch- und

Sanierungsarbeiten (Hauszuleitungen und Trinkwasserleitungen in Gebäuden)

öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt (Ersuche um differenzierte Darstellung

zwischen Hauszuleitungen und Bleiinstallationen in Gebäuden)?

11. Ist Ihnen der gesamte Investitionsbedarf für diese Austausch- und Sanierungsarbeiten

für Österreich bekannt (aufgeschlüsselt nach Bundesländer)?

12. Wenn nein, werden Sie den Investitionsbedarf für diese Austausch- und

Sanierungsarbeiten für Österreich ermitteln?

13. Werden Sie einen sog. „Bleikataster“ - in dem die Stadtteile, Gebäude etc. angeführt

sind, in denen Hauszuleitungen oder Hausinstallationen aus Blei vorhanden sind — für

Österreich Bundesländer, Gemeinden etc.) veranlassen bzw. anregen?

14. Welche Informationen sind geplant, um die österreichischen Bürger — insbesondere

in Städten und Gemeinden mit einem hohen Anteil an Gebäuden, die vor 1945

errichtet wurden — über die Gefahren von „bleihältigem Wasser“ zu informieren?