3454/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Öllinger, Moser, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit & Soziales
betreffend Erstellung der Arbeitslosenstatistiken
In den letzten zehn Jahren wurde in Österreich die Erhebungsmethode zur Erfassung
der Arbeitslosigkeit mehrmals, teilweise in äußerst kurzen Abständen geändert. Auch
auf internationaler Ebene sorgen negative Beispiele in diesem Zusammenhang für
herbe Kritik; in Großbritannien war dies sogar ein Wahlkampfthema.
Die stetigen Korrekturen haben leider eines gemeinsam - die veröffentlichten
Arbeitslosenzahlen entsprechen immer weniger der echten Problemlage am
Arbeitsmarkt. Da die einzelne Länder je nach aktueller Politik- und Problemlage
autonom vorgehen, und die internationalen Standards größte Bandbreiten für die
nationale Interpretation zulassen, ist eine Vergleichbarkeit von Arbeitslosenquoten ein
vollkommen aussageloses Unterfangen.
In Österreich werden die diversen Änderungen immer wieder mit Anpassung an
internationale Standards gerechtfertigt und alle Veröffentlichungen heben immer
wieder hervor, wie gut Österreich im internationalen Vergleich dasteht. Dies obwohl
alle Experten genau wissen, daß solche Aussagen mit dem vorhandenen Datenmaterial
unmöglich sind.
Obwohl die Zahl der von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen in Österreich steigt,
verändert sich die „internationale Quoten“ kaum. Aber auch die nationalen
Erhebungsdaten werden laufend „korrigiert“.
Vor kurzem gab es auf internationaler Ebene eine Studie über die sogenannte
versteckte Arbeitslosigkeit mit erschreckenden Ergebnissen. Für Deutschland sollen
etwa drei Millionen Menschen in dieser „stillen Reserve“ wiederzufinden sein.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie oft und aus welchen Gründen wurde jeweils der Berechnungsmodus,
beziehungsweise der Erhebungsmodus in den letzten 10 Jahren in Österreich
geändert?
2. Welche dieser Änderungen bezogen sich auf eine Anpassung auf internationale
Standards?
3. Welche dieser Änderungen waren aus welchen nationalen Erfordernissen nötig?
4. Wurden bei diesen Änderungen die Statistikabteilung des Ministerium beigezogen
und wurden deren Vorschläge berücksichtigt?
5. Welche wesentlichen Vorschläge beziehungsweise Bedenken des Ministeriums
fanden keinen Eingang in die Änderungen?
6. Welche Personengruppen waren vor 10, 5, 3 Jahren in den jeweiligen
Arbeitslosenstatistiken noch enthalten, die heute nicht mehr erfaßt sind?
Welche Personengruppen, die ohne Arbeit sind, aber eine suchen, sind derzeit
nicht in den Statistiken erfaßt?
7. Gibt es in Österreich Daten oder Studien über versteckte Arbeitslosigkeit?
Wenn ja, was sind deren Aussagen?
Wenn nein, warum nicht, bzw. ist daran gedacht, solche in Auftrag zu geben?
8. Gibt es auf internationaler Ebene ihnen bekannte, österreichrelevante Aussagen
über versteckte Arbeitslosigkeit, wenn ja, welche Konsequenzen werden aus
diesen Aussagen getroffen?
9. Für wie aussagekräftig halten sie die monatlich veröffentlichten
Arbeitslosenquoten nach EU-Kriterien?
10. Für wie aussagekräftig halten sie die monatlich veröffentlichte
Registerarbeitslosenquote, die beispielsweise im Oktober 1997 um 2,2%, und im
März 1997 um 3,6% über der „EU-Quote“ lag?
11. Für wen sind solche unterschiedlichen Zahlen ihrer Meinung nach noch
verständlich und aussagekräftig, sprich für wen ist die derzeitige Form der
Veröffentlichung, mit besonderer Betonung auf den internationalen Vergleich,
gedacht?
12. Was ist jeweils der Stichtag für die veröffentlichten Arbeitslosenquoten (nach
beiden Methoden)?
13. Wie hoch waren folgende Zahlen, jeweils für die Stichtage der Monate Jänner und
September 1997:
• ausgewiesene Arbeitslose nach der EU-Quote
• ausgewiesene Arbeitslose nach der Registerarbeitslosenquote
• Personen, die zu diesem Stichtag krank gemeldet waren
• Personen, die zu diesem Stichtag an einer Schulung teilnahmen
a) nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz
b) nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz
• Personen, denen eine Schulungsmaßnahme zugesagt war, die aber noch nicht
begonnen hatte
• Personen mit einer Einstellungszusage
• Personen, die kurz vor dem Stichtag und kurz nach dem Stichtag arbeitslos waren
• Personen, die wegen Kontrollversäumnis aus dem Bezug genommen wurden (für
welchen Zeitraum)
• Personen, die wegen Verweigerung oder Vereitelung der Arbeitsaufnahme aus
dem Bezug genommen wurden (für welchen Zeitraum)
• Personen, die mangels ausreichender Kinderbetreuung einen angebotenen
Arbeitsplatz nicht annehmen konnten
• Personen ohne Anspruch, aber mit beim AMS bekannten Arbeitsplatzwunsch
• ausländische Arbeitssuchende, welche sich beim AMS als solche gemeldet haben
• Personen, die einen Pensionsvorschuß beziehen und vor diesem eine Leistung aus
der Arbeitslosenversicherung hatten?
14. Ist ihnen der Vorwurf bekannt, daß in manchen Dienststellen Personen gezielt nur
für den Stichtag oder einige wenige Tage um diesen Tag herum aus dem Bezug
genommen werden, um die Quoten zu senken?
Wenn ja, wie stehen sie dazu?
Wenn nein, ist eine solche Vorgangsweise aus ihrer Sicht eindeutig
auszuschließen?
15. Wie kann in Österreich eine realistische Zahl betreffend Jugendarbeitslosigkeit
erhoben werden?
16. Sind ihnen die folgende Zahlen bekannt, beziehungsweise werden sie laufend
erhoben:
• Pflichtschulabgängerinnen, die noch keinen Arbeitsplatz gefunden haben
• AbgängerInnen von allen weiterführenden Schularten, die noch nicht in den
Arbeitsmarkt integriert sind
• AbgängerInnen von Hochschulen, die noch ohne Arbeitsplatz sind?
17. Wenn diese Zahlen derzeit nicht bekannt sein sollten, wie wollen sie in Zukunft
dafür sorgen, daß exakte Unterlagen zur Verfügung stehen, um das Problem
Jugendarbeitslosigkeit in allen Bereichen und nicht nur bei den Lehrlingen -
gezielt in Angriff nehmen zu können?