3518/J XX.GP

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit,Gesundheit & Soziales

betreffend soziale Auswirkungen des Multilaterale Agreement on Investment MAI)

Seit mehr als zwei Jahren wird von den OECD-Ländern das Multilateral Agreement on

Investment (MAI) ausgehandelt, dessen Ziel der Schutz und die Liberalisierung

ausländischer Investitionen ist. Laut OECD ist das MAI „der erste Versuch, in einem

internationalen Abkommen multilaterale Verpflichtungen zu schaffen, welche den Schutz

von Investitionen, die Liberalisierung und Investitionstätigkeit und verpflichtende

Streitbeilegungsmechanismen kombiniert“. Es zielt auf die „Eliminierung von

Rahmenbedingungen, welche internationale Investitionsflüsse stören könnten“. Investoren

soll zumindest „nationale Behandlung" und ein „Meistbegünstigungsstatus“ gewährt werden.

Multinationale Unternehmen sollen auch das Recht erhalten, Staaten auf die Einhaltung der

MAI-Bestimmungen zu klagen und Schadenersatz zu verlangen. Die Staaten verpflichten

sich, dem Urteil des MAI-Schiedsgerichtes Folge zu leisten. Da „Investitionen“ vom MAI

extrem weit definiert werden, (u.a. fallen auch geistiges Eigentum, Grund und Boden,

indirekte Investitionen wie Beteiligungen darunter) wird nahezu die gesamte Ökonomie

eines Landes prinzipiell von den MAI-Bestimmungen erfaßt.

Nach Ansicht von Kritikern stellt das MAI eine neoliberale Verschärfung der NAFTA-

Bestimmungen (Nordamerikanisches Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada

und Mexiko) dar und ist der Versuch ihrer Ausdehnung auf den ganzen Globus. Kritisiert

wird vor allem auch, daß die Verhandlungen bisher fernab jeder Öffentlichkeit erfolgten

und daß die Machtverschiebung zugunsten multinationaler Unternehmen und ihre

Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitswelt politisch nicht diskutiert werden. Die

Gewerkschaften wurden angeblich erst nach eineinhalb Jahren durch Dritte auf dieses

Vertragswerk aufmerksam gemacht. Wie wir informiert wurden, soll das MAI im Mai 1998

von den nationalen Parlamenten (auch dem österreichischen) abgesegnet werden. Die

unterzeichneten Staaten verpflichten sich, für mindestens 20 Jahre die Bestimmungen des

MAI zum Schutz internationaler Investoren einzuhalten. Dies bedeutet, daß die nationale

Wirtschaftspolitik der Beitrittstaaten für einen sehr langen Zeitraum auf dieses Experiment

verpflichtet und der nationale Handlungsspielraum wesentlich eingeschränkt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Sind Sie in die Verhandlungen über das MAI eingebunden und welche Vorschläge

wurden von Ihrer Seite eingebracht?

2. Ist es richtig, daß im MAI-Entwurf den Investoren weitgehende Rechte garantiert

werden, die Einhaltung von Arbeits- ünd Sozialstandards aber nur

Empfehlungscharakter haben?

3. Was werden Sie unternehmen, daß nicht nur in der Präambel auf die Beachtung

internationaler Menschrechtspakte und Sozialstandards Bezug genommen wird,

sondern daß das MAI eindeutige Bestimmungen enthält, die ein Absenken bestehender

Sozialnormen verhindern und die Einführung neuer Standards ermöglichen?

4. Ist es richtig, daß seit mehr als zwei Jahren verhandelt wird und die Gewerkschaften

nur zufallig davon informiert wurden? Seit wann sind die Gewerkschaften in die

Verhandlungen mit eingebunden?

5. Inwiefern können Sie den Vorwurf entkräften, daß die Verhandlungen bisher fernab

jeder Öffentlichkeit stattgefunden haben bzw. was werden Sie unternehmen, damit

eine öffentliche Diskussion über dieses Vertragswerk geführt wird?

6. Wie rechtfertigen Sie diese rigorosen Maßnahmen zum Schutz der Investoren,

während die U nterzeichnerstaaten sich schwerwiegenden Verpflichtungen unterwerfen

und die Bevölkerung ungeschützt bleibt bei gleichzeitiger Tendenz in Richtung

Arbeitslosigkeit und Armut?

7. Haben Sie Analysen ("impact studies‘) über die Auswirkungen der MAI-

Bestimmungen auf die arbeitsrechtlichen, sozialstaatlichen und steuerlichen

Regelungen in Auftrag gegeben? Gibt es EU - Studien über die Auswirkungen des MAI

und die Kompatibilität mit der bestehenden Sozialgesetzgebung innerhalb der EU?

Wenn ja, welche?

8. Inwiefern kann der Vorwurf entkräftet werden, der vorliegende Entwurf sei

hauptsächlich ein Instrument zur Durchsetzung von Investoreninteressen, schränke die

Möglichkeit des Interessenausgleiches ein, schwäche die Regierungen gegenüber

ausländischen Investoren und würde die unternehmerischen Risken und die sozialen

und ökologischen Kosten auf die Gesellschaft abwälzen?

9. Was werden Sie unternehmen, daß in diesem Vertragswerk auch Beschwerderechte

von Menschen, Gemeinschaften und Staaten gegenüber multinationalen

Unternehmungen eingeführt werden hinsichtlich der Einhaltung sozialer und

arbeitsrechtlicher Mindeststandards? Inwiefern können die Konzerne für die von ihnen

verursachten sozialen und ökologischen Kosten haftbar gemacht werden?