3559/J XX.GP
der Abgeordneten Morak
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend den Presseclub Concordia
Der Presseclub Concordia, der älteste Presseclub der Welt, verfügt über eine weit
über Österreich hinausgehende Reputation als literarischer, publizistischer und
journalistischer Kristallisationspunkt unseres Landes. Nachdem die Concordia
während der Zeit des Nationalsozialismus aufgelöst und ihr ganzes Vermögen
beschlagnahmt worden war, wurde unter Bundeskanzler Julius Raab das Gebäude
Bankgasse 8 großzügig umgebaut und als Akt der Wiedergutmachung dem
Presseclub Concordia übergeben. Ab dem Jahr 1958, als dieser Umbau abge-
schlossen war und das Haus feierlich seiner Bestimmung übergeben wurde, war
das Gebäude Bankgasse 8 - entsprechend der am Haus angebrachten Tafel - für
Journalisten und Medien stets nur mehr das Concordiahaus.
Den Journalisten des In- und Auslandes ist das vom Bund der Concordia
gewidmete Haus besonders ans Herz gewachsen. Deshalb mieteten sich darin
auch der Verband der Auslandspresse und die Journalistengewerkschaft ein. Gäste
aus dem Ausland betonen immer wieder, wie sehr sie die zentrale Lage des
Concordiahauses, das auf neutraler, unbürokratischer und journalistenfreundlicher
Basis geführt wird, schätzen.
In den letzten Jahrzehnten ist erheblicher Sanierungsbedarf am Concordiahaus
entstanden. In zahlreichen Gesprächen mit den zuständigen Ministerien (Bundes -
kanzleramt, Wirtschafts - und Finanzministerium) hat die Concordia um eine Sanie -
rung gebeten und konkrete Vorschläge bis hin zu einem fertigen Architektenentwurf
von Prof. Wehdorn unterbreitet. Geschehen ist seitens des Bundes nichts. Zugleich
wurde aber stets beteuert, das Concordiahaus nicht in die Verwaltungsprivatisie -
rung des Bundes im Rahmen der Bundesimmobiliengesellschaft einzubeziehen.
Dies veranlaßte die Concordia im Sommer 1995 in Eigenregie und mit Eigenmitteln
ihre Räumlichkeiten mit einem Aufwand von 3,2 Mio. Schilling zu renovieren. An
der Eröffnung nahm Ihr Amtsvorgänger, der damalige Bundeskanzler Dr. Franz
Vranitzky teil und erklärte, daß in einer Zeit, in der Institutionen zunehmend mit
Adressen gleichgesetzt werden, der Adresse Bankgasse 8 für die Concordia einen
ähnlichen Stellenwert wie der Adresse Ballhausplatz 2 für das Bundeskanzleramt
zukomme (Wiener Zeitung, 28.9.1995).
Angesichts dieser Vorgeschichte überraschte es um so mehr, als die Bundesimmo-
biliengesellschaft im Juli 1997 das Concordiahaus öffentlich zum Verkauf aus-
schrieb. Das Finanzministerium veranschlagte intern den Kaufpreis mit 30 bis
40 Mio. Schilling. Laut Auskunft der BIG liegen Angebote im Rahmen von 15 bis
18 Mio. Schilling vor, wobei die Anbieter nicht bekannt sind.
In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an den
Bundeskanzler nachstehende
Anfrage:
1. Welche Bedeutung messen Sie dem Presseclub Concordia als Kommunika -
tionszentrum für in- und ausländische Medien und damit als Transmissions -
riemen für die internationale Reputation Österreichs zu?
2. Wie beurteilen Sie den Umstand, daß die Bundesimmobiliengesellschaft im
Juni 1997 das Concordiahaus entgegen anderer früherer Versicherungen zum
Verkauf ausgeschrieben hat - ungeachtet der Tatsache, daß seitens der
Concordia zwei Jahre zuvor die Räumlichkeiten mit einem Aufwand von über
3 Mio. Schilling renoviert wurden?
3. Sind Sie - wie Ihr Amtsvorgänger Ing. Julius Raab - bereit, als Bundeskanzler
der in - und ausländischen Presse in Österreich eine Heimstätte im Rahmen des
Presseclubs Concordia zur Verfügung zu stellen?
4. Glauben Sie nicht, daß gerade angesichts der Tatsache, daß Österreich seit
1. Jänner dieses Jahres der EU - Troika angehört und ab 1. Juli 1998 den
Vorsitz in der EU innehaben wird, von größter Wichtigkeit wäre, den während
dieser Zeit zahlreicher als sonst nach Österreich strömenden internationalen
Journalisten mit dem Presseclub Concordia ein bewährtes und bestens einge-
führtes Kommunikations- und Arbeitszentrum zur Verfügung zu stellen?
5. Ist es zutreffend, daß seitens des Bundeskanzleramtes Pläne für ein staatliches
vom Bundespressedienst geführtes Pressezentrum überlegt werden, für das
das denkmalgeschützte Palais in der Wallnerstraße 6 mit einem Aufwand von
mehreren hundert Millionen Schilling umgebaut werden soll?
Wenn ja, welche Konzeption liegt einem solchen staatlichen Pressezentrum
zugrunde, die es erforderlich machte, anstelle des Presseclubs Concordia, der
Kompetenz für die journalistische Arbeit mit der Garantie für journalistische
Unabhängigkeit verbindet, ein staatlich geführtes Pressezentrum um Hunderte
Millionen Schilling zu setzen?