3672/J XX.GP

 

der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Mag. Haupt, Dr. Salzl und Kollegen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft

betreffend Lockerung des Kormoranschutzes

1970 gab es im westlichen Europa knapp 30.000 Kormorane. Um diese Menge wenigstens zu

halten, wurde der Kormoran 1979 von der EU als ,‚Problemvogel“ definiert und in eine EU -

Vogelschutzrichtlinie aufgenommen. Sowohl die Wiederansiedelung von Brutkolonien als

auch der vollumfängliche Schutz des Kormorans waren zu diesem Zeitpunkt gerechtfertigt

und grundsätzlich zu begrüßen.

Mittlerweile haben die Schutzbestimmungen unvorhersehbar stark gegriffen und der Kormo -

ranbestand ist geradezu exponentiell angestiegen. Derzeit wird die Anzahl der europaweit

lebenden Kormorane auf mindestens 730.000 geschätzt, Tendenz stark steigend. Die Vorzei -

chen haben sich verändert, und es ist nunmehr zu befürchten, daß es infolge des hohen Nah -

rungsbedarfes der Vögel europaweit zu einer massiven Schädigung der Süßwasser -

Fischbestände kommt. Die EU - Kommission denkt seit etwa drei Jahren daran, den heute

praktisch noch bestehenden umfassenden Schutz des Kormorans zu lockern und ihn als „Pro -

blemvogel“ aus dem Anhang I der sog. ECE - Vogelschutzdirektive zu streichen, worin die

besonders gefährdeten und schützenswerten Vogelarten aufgeführt sind.

Abgesehen davon wird in der EU - Vogelschutzrichtlinie 1979 ausdrücklich von einer „Anpas -

sung und Aufrechterhaltung des biologischen Gleichgewichts“ der bedrohten Arten gespro -

chen, und dies „innerhalb vertretbarer Grenzen“ (Präambel, Abs. 8). In begründeten Fällen, u.

a. bei erheblichen Schäden an Fischgewässern, sind Abwehrmaßnahmen und Abschüsse vor -

gesehen. Dies gilt uneingeschränkt für alle Vogelarten, also auch für die geschützten Kormo -

rane.

Die Kormoran - Schutzbestimmungen erlauben es den betroffenen österreichischen Fischwäs -

serbewirtschaftern nicht, ihre Fischereireviere vor den in Schwärmen einfallenden Vögeln

wirksam zu schützen. Wenn die als Wintergäste zu uns kommenden Kormoranbestände nicht

umgehend durch europaweit akkordierte Maßnahmen schnell und konsequent reduziert wer -

den, um das gestörte biologische Gleichgewicht wiederherzustellen, werden in wenigen Jah -

ren tatsächlich kaum noch Fische in heimischen Gewässern anzutreffen sein. Außerdem wird

es zu einer unerwünschten Reduktion der Artenstruktur und der genetischen Vielfalt kommen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land- und Forst -

wirtschaft folgende

Anfrage

1. Die Vollziehung der Jagd - und Fischereirechte sowie der Umweltschutzbestimmungen

fällt in die Kompetenz der Länder. Die Vollziehung des Wasserrechts hingegen gehört zu

Ihren Obliegenheiten, und damit u. a. auch die Wahrung der natürlichen Lebensbedingun -

gen der in den österreichischen Gewässern lebenden Fische.

Haben Sie als offiziell mit dem EU -Verhandlungsmandat betrautes Regierungsmitglied

die zuständige EU -Kommission von der Brisanz des Kormoranproblems für die österrei-

chischen Fischbestände zu überzeugen versucht?

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

2. Haben Sie Maßnahmen getroffen, um - sozusagen als Vermittler zwischen den Bundes -

ländern - österreichweit ,,Vergrämungsmaßnahmen“ oder auch Abschüsse zur Verringe -

rung des Kormoranbestandes zu akkordieren?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

3. Haben Sie insbesondere auf die Landeshauptleute, die mit der unmittelbaren Vollziehung

des Jagd - und Fischereirechtes betraut sind, eingewirkt, um eine österreichweite Lösung

für das brennenden Kormoran -Problem zu finden?

Wenn ja, inwiefern und mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

4. Eine langfristige Lösung der Kormoranproblematik ist nur möglich, wenn die Vermeh -

rung dieser Vögel auch international kontrolliert und gebremst wird.

Haben Sie innerhalb der EU Ihren Einfluß geltend gemacht, um die Wichtigkeit einer in -

ternationale Koordination solcher Maßnahmen, etwa durch Management in den Brutge -

bieten, zu unterstreichen?

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

5. 1994 wurde von der Konferenz der Unterzeichnerstaaten der „Bonner Konvention zur

Erhaltung der wandelnden wildlebenden Tierarten“ eine Arbeitsgruppe mit der Ausarbei -

tung eines internationalen Kormoran - Management - Planes beauftragt, der als ersten Schritt

das Sammeln von möglichst vielen aktuellen Daten vorsieht.

Wurden Sie darüber informiert?

Wenn ja, wann und in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wurde Ihr Ministerium von der letzten Konferenz dieser Arbeitsgruppe, die vom 25. bis

26. September 1997 in Kopenhagen stattfand, informiert und wurde es zur Teilnahme ein -

geladen?

Wenn ja, wann und in welcher Form?

Wenn nein, denkt man daran, die Konvention zu unterzeichnen?

7. Die vom Kormoranproblem schwer betroffenen Fischwässer und die sie bewirtschaften -

den österreichischen Fischereivereine wurden von dieser Konferenz nicht informiert.

Beabsichtigen Sie, Vorkehrungen zu treffen, um künftig eine Miteinbeziehung dieser

Gruppe bei der Bewältigung der dramatischen Kormoranproblematik zu gewährleisten?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

8. Stimmt es, daß Sie über Informationen verfügen, wonach besagte Konferenz vorzeitig mit

einem Eklat beendet wurde, weil die Vertreter Dänemarks und der Niederlande erklärt

hatten, ihre Umweltminister würden eine wirksame Kormoran - Bestandskontrolle „nie er -

lauben“?

Wenn ja, haben Sie gegen diese Aussage angemessen protestiert?

9. Haben Sie Schritte unternommen, um innerhalb der EU auf eine Lösung der Probleme zu

drängen?

Wenn ja, wann und in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

10. Kennen Sie die Kormoran-Studie des Österreichischen Kuratoriums für Fischerei und

Gewässerschutz vom Oktober 1996?

Wenn ja, wie stehen Sie zu den dort veröffentlichten bedrohlichen Ergebnissen?

11. Wie hoch beziffern Sie den durch Kormoranfraß entstandenen Schaden an Österreichs

Fischbeständen jeweils für die Jahre 1993, 1995 und 1997?

12. Welche Vorsorge wurde getroffen, um im Sinne einer Art Katastrophenplans die betroffe -

nen Fischereirechtsinhaber bzw. Fischwasserbewirtschafter zu entschädigen?

13. Welche ökologischen Schäden erwarten Sie durch den drastischen Rückgang der heimi -

schen Fischbestände und welche Möglichkeiten für einen Wiederaufnahme sehen Sie?

14. Teilen Sie die Befürchtungen der österreichischen Fischbiologen, daß infolge von Kormo -

ranfraß ein Aussterben von heimischen Fischarten bevorstehe?

Wenn ja, welche Fischarten sind durch Kormoranfraß besonders bedroht?