3687/J XX.GP
der Abgeordneten Gredler, Partnerinnen und Partner
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Reform der EU - Strukturfonds und Grenzlandförderungen in
Zusammenhang mit der EU - Osterweiterung
In Zusammenhang mit der Osterweiterung der EU wird - neben der Festlegung des
Gesamtbudget - Rahmens - die Frage der Reform der Strukturfonds für die neue
Periode von 2000 - 2006 entscheidend für das Gelingen dieses für die Zukunft
Europas so bedeutenden Projektes sein. Ihrem Grundgedanken, zur Solidarität
zwischen ärmeren und reicheren Mitgliedstaaten bzw. Regionen durch Förderungen
für strukturschwache Gebiete beizutragen und im Gegenzug Märkte und
Investitionsmöglichkeiten zu öffnen, möchte die EU - Kommission durch Umsetzung
ihres Reformpapiers ,,Agenda 2000“, das durch einen internen Verordnungsentwurf
von Jänner 1998 spezifiziert wurde, Rechnung tragen. Um Mittel im Ausmaß von
knapp 700 Milliarden Schilling für die beitrittswilligen Reformstaaten flüssig zu
machen, sollen die Gelder für die Strukturfonds auf drei (statt bisher 6) Zielgebiete -
und innerhalb dieser auf Ziel 1 - Regionen und vor allem zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit - sowie auf ca. 35 % des EU - Raum konzentriert werden.
Grenzregionen, die nicht direkt unter eines der Zielgebiete sollen künftig verstärkt
durch grenzüberschreitende Projekte - wie derzeit INTERREG - unterstützt werden.
Der Anteil am BIP - derzeit 0,46 %, braucht laut Berechnungen der Kommision nicht
erhöht werden.
In dieser Situation versucht die Regierung des drittreichsten EU - Landes Österreich
mit der zweitniedrigsten Arbeitslosenquote nicht, eine effizientere Ausnutzung des
derzeitigen Fördersystems und eine Evaluierung der bisher an die Bundesländer
ausbezahlten Mittel zu betreiben, sondern fordert von der Kommission mittels eines
gemeinsamen Briefes von Bundeskanzler Klima und Außenminister Schüssel
umfangreiche Grenzförderungen im Ausmaß von „2, 3, 4 Milliarden Schilling“
(Schüssel) innerhalb eines Fördergebietes bis zu 100 km von der Grenze, bei deren
Ausbleiben die politische Akzeptanz für die Osterweiterung in Österreich nicht
gegeben wäre (vgl. APA - Journal Europa, 29.1.1998).
Selbstverständlich haben die Grenzregionen Österreichs eine wichtige
Schanierfunktion bei der Osterweiterung und müssen aufgrund des
Wohstandsgefälles besonders beachtet werden. Doch wenn vor allem
Landespolitiker und Wirtschaftskammer der Meinung sind, daß entweder alle
Ballungsräume in die Förderung einzubeziehen seien oder alle Grenzregionen zu
Ziel 1 - Gebieten erklärt werden sollen, insgesamt also zwei Drittel Österreichs
Sonderförderungen erhalten müßten, dann überzeugen diese Forderungen nicht,
wie auch aus Kommissionskreisen zu hören ist (vgl. KURIER, 30.1.1998).
Viel wichtiger für strukturschwache Regionen in Österreich auf der einen Seite und
für eine erfolgreiche Osterweiterung auf
der anderen Seite als ein undifferenzierter
und ungeplanter Ruf nach Sonderförderungen wäre daher zunächst eine Bewertung
der bisherigen Projekte, vor allem im Bereich der grenzüberschreitenden Bereiche
(INTERREG), bei denen die Wertschöpfung und die Förderung der Industrie -
produktion zu kurz gekommen zu sein scheinen. Auch die Auswirkung von Ziel 1 -
Gebieten auf benachbarte Regionen, die Gefahr von Unternehmensabwanderungen
in Fördergebiete oder die Frage, ob und in welchem Ausmaß durch
Kofinanzierungen überhaupt bestimmte Regionen von Brüssel (und nicht besser
national) unterstützt werden sollten, sollten untersucht werden.
Der Standpunkt, daß die Integration der Reformländer in die EU Österreich als
Nettozahler nicht zusätzlich belasten dürfe, sei ökonomisch nicht fundiert, meint Karl
Pichelmann, Experte des Instituts für Höhere Studien, da jede Integration von
Wirtschaftsräumen durch Spezialisierung und Arbeitsteilung langfristig zu einer
Steigerung der heimischen Wirtschaftskraft (mindestens 0,6 bis 0,8 %) führe (vgl.
STANDARD, 5.1.1998).
Daher richten die unterzeichnenden Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:
1. Das Gesamtfördervolumen im Rahmen der Strukturfonds für die Förderperiode
1994 - 1999 beträgt für Österreich theoretisch 22 Milliarden Schilling. Welchen
Förderungsrahmen erwarten Sie sich für die Periode 2000 - 2006?
2. Mit welchem Konzept geht Österreich in die Verhandlungen bezüglich die Reform
der Strukturpolitik im Rahmen der Agenda 2000 bzw. des inoffiziell von der EU -
Kommission bereits vorgelegten darauf aufbauenden Verordnungsentwurfes?
3. Werden Sie sich für eine Reduzierung der Gemeinschaftsausgaben für
Agrarpolitik und - Förderungen (derzeit immer noch bei 49 %) und für eine
Verlagerung der Mittel zugunsten der Strukturpolitik einsetzen? Wenn ja, in
welchem Ausmaß? Wenn nein, warum nicht?
4. Werden Sie für eine Reform des Kofinanzierungsmodells eintreten? Wenn ja, in
welcher Form?
5. In Zukunft sollen Projekte, die der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit dienen
besonders gefördert werden. Österreich hat zwar inzwischen ebenfalls eine relativ
hohe Arbeitslosen rate, liegt jedoch innerhalb der EU nach offiziellen Statistiken an
vorletzter Stelle. Wie läßt sich so das Fördervolumen für Österreich, zukünftig
hauptsächlich in Ziel 2 - Gebieten, aufrechterhalten?
6. Wann hat Österreich erste konkrete Vorstellungen bzw. Positionierungen zur
Reform der Strukturfonds bzw. zu Grenzlandförderungen gegenüber der EU -
Kommission vorgebracht?
7. Haben Sie - gemeinsam mit Bundeskanzler Klima - in einem Brief an
Kommissionspräsident Jacques Santer Sonderförderungen für österreichische
Grenzreg ionen gefordert? Wenn ja, in welchem Ausmaß, für welche Regionen
und in welcher Höhe?
8. Welche Grenzregionen Österreichs müßten aus Ihrer Sicht wie und in welcher
Höhe durch die EU bzw. Kofinanzierungsprojekte gefördert werden, damit die EU -
Osterweiterung von der Bevölkerung akzeptiert wird?
9. Werden Sie sich für eine Verzögerung der EU - Osterweiterung einsetzen, wenn
Österreich nicht oder nicht im gewünschte Ausmaß Regional- oder
Grenzförderungen erhält?
10. Sind Sie der Auffassung, daß alle Grenzregionen Österreichs zu Ziel 1-Gebieten
erklärt werden sollten? Wenn ja, wie sind diese definiert?
11. Sind Sie der Auffassung, daß die EU-Erweiterung für Österreich zusätzliche
Kosten bedeuten wird? Wenn ja, in welchem Ausmaß? Wenn nein, wie begründen
Sie das?