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der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend Vereidigung von Zeugen

 

Wer als Zeuge in einem Zivil- oder Strafprozeß vereidigt wird, muß ohne Rücksicht auf

sein Religionsbekenntnis dieselbe Eidesformel sprechen : "Ich schwöre vor Gott, dem

Allmächtigen und Allwissenden, einen reinen Eid, daß ich über alles, worüber ich vom

Gericht werde befragt werden, die wahre und volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit

aussagen werde; so wahr mir Gott helfe. " Geregelt ist die Beeidigung von Zeugen im

Gesetz vom 3. Mai 1868, RGBl 33. Nur wem seine Religionslehre die Eidesablegung nicht

erlaubt, kann der Eidesablegung durch einen Handschlag aus dem Weg gehen. Geregelt ist

weiters, wie sich Christen , Juden und Mohamedaner bei der Eidesablegung verhalten

müssen. Christen müssen dabei den Daumen und die ersten zwei Finger hochheben und den

Eid vor einem Kruzifix und zwei brennenden Wachskerzen ablegen, Juden ihr Haupt

bedecken und die rechte Hand auf eine bestimmte Stelle der Thora legen. Mohamedaner

müssen - laut dem Hofdekret aus dem Jahr 1826 - die Eidesformel in Arabisch sprechen,

wobei sie bei Ablegung des Eides den Zeigefinger einer Hand nicht in die Höhe halten

dürfen.

 

An Atheisten hat der Gesetzgeber im Jahre 1868 nicht gedacht. 1931 stellte der OGH fest,

daß bei "Ungläubigen '' die Anrufung Gottes zu erlassen ist. Bereits 1973 formuliert der

ehemalige Präsident des Oberlandesgerichtes Wien , Dr.Felix Sinzinger, verfassungs-

rechtliche Vorbehalte gegen das Eidesgesetz. Dennoch kam es bis heute zu keiner Reform

des Eidesgesetzes.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Halten Sie die gesetzliche Möglichkeit, Zeugen zu vereidigen, für erforderlich?

 

2. Ha1ten Sie es in einem säkularen Verfassungsstaat für zeitgemäß , Zeugen bei '' Gott,

dem Allmächtigen'' schwören zu lassen?

 

3. Ist Ihrer Meinung nach der (mögliche) Zwang zur Ablegung eines religiösen Eides mit

der Glaubens- und Gewissensfreiheit vereinbar, wonach niemand zu einer religiösen

Handlung gezwungen werden darf?

 

4. Halten Sie es mit den Grundprinzipien eines demokratischen Rechtsstaates vereinbar,

daß durch den religiösen Eid mit der Strafe Gottes gedroht wird?

 

5. Falls Sie eine der Fragen 1 bis 5 mit "nein" beantwortet haben , beabsichtigen Sie eine

Aufhebung bzw Reformierung des Eidgesetzes?

 

a) Wenn ja, wann und in welcher Form soll das Eidesgesetz reformiert bzw

aufgehoben werden?

 

b) Wenn nein, wollen Sie, daß das Eidesgesetz 1868 auch noch zu Beginn des

dritten Jahrtausends in Österreich angewendet wird?

 

6. Falls Sie eine der Fragen 1 bis 5 mit "ja" beantwortet haben, begründen Sie bitte die

Antwort(en).

 

7. Gibt es Untersuchungen und Statistiken, wie häufig und in welcher Form

Vereidigungen von Zeugen erfolgen?

 

a) Wenn ja, bitte um Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse.

 

b) Wenn nein, wäre es nicht sinnvoll, eine derartige Untersuchung anzuordnen?