3745/J XX.GP

 

der Abg. Mag. Haupt, Dr. Pumberger, Dr. Povysil,

an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales

betreffend schwere Störwirkungen mit Todesfolge nach Anwendung

des nicht zugelassenen Arzneimittels NO (Stickoxid) -

unrichtige Beantwortung der Anfrage 1503/J - 14.1.1997

Anlaß für die seinerzeitige Anfrage i 803/J waren zwei Todes -

fälle nach NO - Verabreichung an der Universitätsklinik Innsbruck.

Die Meldung nach §  75 Arzneimittelgesetz war angeblich nicht

erfolgt. Auf eine diesbezügliche Frage antwortete die Bundes -

ministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales:

"Ein zweites, meinem Ressort gemeldetes Ereignis hat nach

ausführlichen Stellungnahmen der Universitätsklinik Innsbruck

keinen kausalen Zusammenhang mit der NO - Therapie und ist daher

nicht als gemäß § 75 zu meldende Nebenwirkung zu bewerten."

In dieser Deutlichkeit behauptet dies nicht einmal der verant -

wortliche Dozent C.J.W. Er schreibt lediglich: „.. erschien

uns ein Zusammenhang mit der NO - Therapie zwar wieder nicht

auschließbar, aber wie im Falle der ersten Patientin mit

eingeholter Expertenmeinung unwahrscheinlich.“

Die Bundesministerin bestreitet also gegenüber den Anfrage -

stellern einen Kausalzusammenenhang, während der „Verursacher“

ihn lediglich als „unwahrscheinlich“ bezeichnet.

Weitere schreibt dieser Dozent in seiner Sachverhaltsdar -

stellung an das Bundesministerium am 16.12. 1996:

„Da bis zu diesem Zeitpunkt in der Fachliteratur die Verstärkung

einer Blutungsneigung durch inhalatives NO beim Menschen noch

nicht beschrieben war, wir diesen zusätzlichen theoretisch

möglichen Zusammenhang aber nicht ausschließen wollten, haben

wir eine ergänzende Expertenmeinung eingeholt. Die Fallgeschichte

wurde an den Intensivmediziner und Herausgeber der Wiener

klinischen Wochenschrift, Herrn Prof. Dr. W. Druml vom AKH in

Wien, zur Begutachtung und eventuellen Veröffentlichung geschickt.

Die bemühten Gutachter konnten jedoch keinen kausalen Zusammenhang

zwischen dem Auftreten der Blutungsgkomplikation und der NO - Therapie

herstellen. Wir haben die Expertenmeinung zur Kenntnis genommen

und, eines Besseren belehrt, von einer Meldung des Ereignisses

an das BMGK und einer Veröffentlichung der Beobachtung abgesehen.“

Die Bundesministerin dagegen behauptet, ihrem Ressort seien alle

bei den Todesfälle gemeldet worden.

Außerdem widerlegt ein Pharmakologe der Universität Innsbruck

die Feststellung dos Dozenten die NO - induzierte Blutungeneigung

stehe noch nicht n der Fachliteratur, mit einem Artikel des

Doznte C.J.W. in Lancet 348, Nov. 1996, worin derselbe (mit

Koautoren) per Fußnote auf einen Artikel in Lancet 341/1993

verweist. In letzterem steht: „An increased risk of bleeding

should be borne in mind when exposing patients to inhaled NO.“

Eine Skizze über die, Intensität und Dauer der Blutung ist

dem Artikel aus 1993 beigeschlossen.

Trotzdem schreiben der Dozent und seine Koautoren im November

1996, nachdem bereits zwei Todesfälle an der Universitätsklinik

Innsbruck nach Verabreichung von NO eingetreten sind:

„Work in animals has indicated enhanced risk of bleeding by NO,

but there have been no such reports in man.“

Dazu stellt der interessierte pharmakologe fest:

„Abbildung und Text (des Artikels aus 1993) belegen eindeutig,

daß die Blutungszeit - verlängernde Wirkung (Hemmung der Blut -

plättchenfunktion) durch inhaliertes Stickstoffmonoxid 1993

der internationalen Fachwelt und Univ. - Doz.Dr. med C.J.W.

bekannt war."

Die Beantwortung der Frage 5 durch die Bundesministerin

ist daher ebenfalls als unrichtig zu bewerten, wenn sie

schreibt: Die betreffende Universitätsklinik ...„hat dabei

auch klargestellt, daß der Todesfall in keinem kausalen

Zusammenhang mit der NO - Therapie gestanden ist ...„

Da die freiheitlichen Abgeordneten sich nicht durch falsche

Anfragebeantwortungen durch die zuständige Bundesministerin

irreführen lassen wollen, richten die unterzeichneten Abge -

ordneten an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit

und Soziales die nachstehende

Anfrage:

1. Wie rechtfertigen Sie Ihre falsche Behauptung, zwischen

der NO - Therapie und mindestens einem der beiden Todesfälle

an der Innsbrucker Universitätsklinik bestehe „kein

kausaler Zusammenhang“ ?

2. Wieso behaupten sie, über beide Todesfälle eine Meldung

erhalten zu haben, wenn der verantwortliche Universitäts -

dozent in seiner Sachverhaltsdarstellung schreibt:

„Wir haben die Expertenmeinung (von Prof. Dr. W. Druml vom

AKH in Wien, Anm.) zur Kenntnis genommen und, eines Besseren

belehrt, von einer Meldung des Ereignisses an das BMGK und

einer Veröffentlichung der Beobachtung abgesehen“ ?

3. Warum ist Ihrem Ressort nicht aufgefallen, daß diese

Sachverhaltsdarstellung dahingehend unrichtig ist, daß

der Universitätsdozent tatsächlich gemeinsam mit Koautoren

über die beiden Todesfälle einen Artikel in Lancet, November

1996, veröffentlicht hat ?

4. Warum ist Ihrem Ressort nicht aufgefallen, daß diese

Sachverhaltsdarstellung unrichtiger Weise behauptet, es

gäbe noch keine Fachliteratur über die Blutungsneigung

durch inhalatives NO beim Menschen, obwohl genau das bereits

1993 in Lancet publiziert wurde ?

5. Haben Sie auch von Prof. Druml vom AKH Wien eine Sachverhalts-

darstellung verlangt, warum er dem Innsbrucker Kollegen von

einer Meldung an das BMGK abgeraten hat und außerdem von

einer Veröffentlichung dieser beiden Vorfälle im unter

seiner Leitung erscheinenden Blatt, „Wiener klinische

Wochenschrift“, abgesehen hat ?

6. Ist es auch am Wiener AKH üblich, Todesfälle nach Anwendung

von inhalativem NO nicht gemäß § 75 Arzneimittelgesetz dem

zuständigen Bundesministerium zu melden ?

7. Was haben die bisherigen Recherchen Ihres Ressorts ergeben,

wie viele Todesfälle nach inhalativer NO - Anwendung in

Österreichs Krankenhäusern bereits aufgetreten sind 7

8. In Ihrer Anfragebeantwortung vom 11.3.1997 schreiben Sie,

daß bis dahin an den Universitätskliniken Wien, Graz und

Innsbruck insgesamt 928 Personen mit inhalativem NO behandelt

worden sind, wobei 11 NO - Dosiergeräte österreichweit im Ein -

satz sind außerdem verschiedene Krankenhäuser tageweise

NO - Dosiergeräte anmieten. 4052 NO - Verpackungseinheiten

wurden in den Jahren 1993-1996 von den Firmen AGA und Messer

Griesheim nach Österreich geliefert.

Können Sie ausschließen, daß es bei dieser breiten Anwendung

eines nicht zugelassenen und in der Fachwelt als riskant

bekannten Mittels schon zu zahlreichen Todesfällen gekommen

ist ?

9. Unter welchen Todesursachen werden solche Todesfälle

üblicherweise registriert ?

10. Welche Todesursachen wurden bei den beiden Innsbrucker

Todesfällen eingetragen ?

11. In seiner Sachverhaltsdarstellung schreibt der Innsbrucker

Universitätsdozent über die Patienten, die der NO - Therapie

zugeführt werden: ‚Infektionserkrankungen der Atemwege, die

als Folge immunsupprimierender Behandlung z.B. durch Chemo -

therapie maliger Erkrankungen oder nach Knochenmarks - oder

organtransplantationen auftreten und eine künstliche Beatmung

verlangen, stellen einen wesentlichen Patientenanteil dar.

Die Atemwegsinfektonen erreichen nicht selten das Stadium

des kompletten Lungenversagens (ARDS), das, wenn gleichzeitig

vasopressorenpflichtige Kreislaufinstabilität (septischer

Schock) oder sonstige Hinweise für multiples Organversagen

bestehen, angesichts der jeweiligen Grunderkrankung mit bis

zu hundertprozentiger Mortalität behaftet ist - praktisch

immer tödlich endet... Die derzeit verfügbare Fachliteratur

berechtigt zur Annahme, daß ein Teil der oben beschriebenen

Patienten von einer NO - Inhalation profitieren kann. Daher

wird an unserer Klinik in solchen angesichts des unausweich -

lichen Todes hoffnunglosen Situationen als ultimaratio

inhalatives NO im Einzelfall eingesetzt.“

Welche Todesursachen werden in diesen beschriebenen „ultime

ratio“ - Fällen eingetragen, wenn die NO - Inhalation den tod -

geweihten Patienten nicht geholfen hat ?

12. Gelten diese für Innsbruck geschilderten Umstände auch

für die anderen österreichischen Universitätskliniken ?

13. Welche Maßnahmen im Sinne des Patientenschutzes haben Sie

hinsichtlich des weiteren Einsatzes dieses umstrittenen,

nicht zugelassenen Arzneimittels NO getroffen ?

14. Warum haben Sie anläßlich der FPO - Anfrage zu diesem Thema

keine patientenschützenden Maßnahmen ergriffen, sondern

die Anfragesteller mit unrichtigen Behauptungen abzuspeisen

versucht ?

15. Haben Sie die zuständigen europäischen Gesundheitsbehörden

und die WHO über diese Vorfälle mit inhalativem NO informiert ?

16. Wenn ja: wann ?

Wenn nein: wie verantworten Sie es, daß das Gefährdungs -

potential dieses nicht zugelassenen Arzneimittels NO bei

den Anwendern nicht den gebührenden Bekanntheitsgrad

erhält ?

17. Wie lautet Ihre Stellungnahme zu folgender Passage des

Briefes vom 26.1.1998, den der Innsbrucker Pharmakologe

in dieser Sache an Sie richtete:

„Ad 3) Die Meldung von unerwünschten Ereignissen nach S 75

AMG erfordert keinesfalls den Nachweis der Kausalität, wie

(wider besseres Wissen und gegen Europäische Normen ver -

stoßend) in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage

(Frage 2 auf Seite 2) impliziert wird“ ?