3807/J XX.GP
der Abgeordneten Dr. König, Dr. Höchtl und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Spekulationen im internationalen Zahlungsverkehr
Vor kurzem wurde in den Medien berichtet, daß es im Rahmen der WTO gelungen sei, eine
Vereinbarung über eine völlige weltweite Liberalisierung auf dem Sektor des Kapitalverkehrs
zu erreichen. So sehr dies zur Erleichterung des internationalen Waren - und
Dienstleistungsaustausches zu begrüßen ist, fehlen leider bislang Vereinbarungen zur
Verhinderung des Mißbrauches dieser Liberalisierung. Dies gilt nicht nur für die erweiterten
Möglichkeiten der Geldwäsche für Einkünfte aus dem organisierten Verbrechen, sondern
auch fur wirtschaftliche Spekulation großen Stils gegen einzelne Währungen. So werden
heute bereits durch die gewaltigen finanziellen Hilfeleistungen des Internationalen
Währungsfonds die Milliardenverluste aus Spekulationsgeschäften in Asien letztlich zu
Lasten der westlichen Steuerzahler abgedeckt. Auch wenn dies zur Verhinderung
schwerwiegender Störungen der gesamten Weltwirtschaft erforderlich ist und von drastischen
Auflagen seitens der internationalen Finanzinstitutionen begleitet ist, müssen aus diesen heute
noch nicht bewältigten Fehlentwicklungen Konsequenzen fur die Zukunft gezogen werden.
Übereinstimmenden Berichten zufolge werden heute bereits über 90% (!) aller internationalen
Überweisungen rein spekulativ getätigt, d.h. ohne daß diesen Überweisungen ein operatives
Handelsgeschäft, das zur Produktivität beiträgt; zugrunde liegt, Zwar wird durch die
Schaffung des Euro wenigstens lür den Bereich der EU die internationale
Währungsspekulation eingedämmt, international bleibt sie aber bestehen.
Dazu kommt das explosive Wachstum des Handels mit derivativen und mit spekulativen
Finanzprodukten. Daraus resultierende Bankenzusammenbrüche werden in der Regel zu
Lasten der Sparer und jener im operativen Geschäft aktiv Tätigen und Arbeitsplätze
Schaffenden abgedeckt. Zurecht sehen die österreichischen Gesetze daher für österreichische
Pensionskassen und Investmentfonds das Verbot der Veranlagung in derivative
Finanzprodukte vor. Eine derart wuchernde internationale Spekulation ist jedenfalls geeignet,
das Vertrauen in die Vorteile der weltweiten Globalisierung zu erschüttern. Letztlich geht es
dabei um die Wahrung des Vertrauens in die Fähigkeit der EU, entsprechende Maßnahmen
gegen den Mißbrauch der Globalisierung zu entwickeln, damit die Fundamente unserer
sozialen Marktwirtschaft nicht untergraben werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Finanzminister folgende
ANFRAGE
1. Werden Sie im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft in der EU sich dafür
einsetzen, daß die Möglichkeiten der Verhinderung des Mißbrauches der Globalisierung
insbesondere im internationalen Kapitalverkehr mit Priorität untersucht und geeignete
Maßnahmen im Rahmen der G7 getroffen
werden?
2. Sind Sie bereit, da sich die aus der riesigen Zahl spekulativer internationaler
Überweisungen erzielten Gewinne steuerlich durch die einzelnen Staaten nicht erfassen lassen
und damit der Besteuerung entzogen sind, die Einführung einer geringfügigen Steuer (topping
tax?) durch die EU auf alle derartigen Überweisungen nach und aus der EU, wodurch
operative Geschäfte kaum belastet, die spekulative Ausnützung kleiner Margen aber
erschwert bzw. verteuert werden, prüfen zu lassen?