3834/J XX.GP
der Abgeordneten Mag. Schreiner, Mag. Firlinger, Böhacker
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend steuerliche Einstufung von Direktvermarktern als landwirtschaftlicher Betrieb oder
als Gewerbebetrieb
Laut dem von der Volksabstimmung herausgegebenen Europabuches des Bundeskanzleramtes
hat sich die österreichische Bundesregierung darauf festgelegt, in den Beitrittsverhandlungen
und danach alle Möglichkeiten zur Erhaltung der bäuerlichen Landwirtschaft voll zu nutzen,
wozu auch zählt, daß die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft weiter
gesteigert wird und die Absatzmöglichkeiten für österreichische Erzeugnisse verbessert
werden.
Bundesminister Molterer und EU - Kommissar Fischler verlangen daher auch, daß Bauern
endlich Unternehmer werden, mit dem Ziel, ihre Marktchancen auszunützen und ihre Produkte
gekonnt zu vermarkten.
Als logische Konsequenz daraus haben viele Landwirte die Initiative ergriffen und haben den
Weg der Direktvermarktung beschritten.
Zu welchen steuerlichen Problemen dieser Weg führen kann, waren bzw. sind sich die
wenigsten Direktvermarkter bewußt.
Grundsätzlich ist die Voraussetzung lür ein landwirtschaftliches Nebengewerbe die
Unterordnung unter einem landwirtschaftlichen Betrieb.
Das in diesem Zusammenhang ergangene VwGH - Erkenntnis vom 4.3.1986 gibt auch eine
relativ klare Linie vor: "Beim landwirtschaftlichen Nebenbetrieb handelt es sich um einen
Betrieb, der an sich Gewerbebetrieb ist, der jedoch wegen seines Zusammenhanges mit dem
Betrieb der Land - und Forstwirtschaft zu
diesem im Verhältnis zur Unterordnung und im
Verhältnis eines Hilfsbetriebes steht. Dabei handelt es sich um einen Verwertungsbetrieb, wenn
ausschließlich im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb durch Urproduktion erzeugte Produkte
entweder unverändert oder nach Be - oder Verarbeitung veräußert werden. Werden im Ausmaß
von mehr als 25 v.H. der insgesamt verwerteten Erzeugnisse Rohstoffe zugekauft, ist ein
selbständiger Gewerbebetrieb anzunehmen. "
Seither wurde die Rechtsprechung im Agrarbereich immer einschränkender, obwohl Wirtschaft
und Justizwesen immer mehr liberalisiert wurden.
In seinem Erkenntnis vom 26.2.1991 begründete der VwGH sein Erkenntnis allerdings etwas
anders: „Die Qualifikation eines Nebengewerbes der Land - und Forstwirtschaft im Sinne des §
2 Abs. 1 Z l und Abs. 4 Z 1 Gewerbeordnung erfordert neben einer wirtschaftlichen
Unterordnung unter die Land - und Forstwirtschaft eine vergleichende Gegenüberstellung
zwischen der jeweils ausgeübten Tätigkeit der Erzeugung dieses Naturprodukts und der
Tätigkeit der Ver - und Bearbeitung. Die Verwaltungsbehörde hat hierüber genaue
Feststellungen zu treffen und insbesondere die durch die Verarbeitung und Bearbeitung erzielte
Wertschöpfung zu ermitteln.“ Dieses Erkenntnis weist in Richtung der Ansicht der deutschen
Finanzverwaltung, wonach das Schlachten und Zerlegen von Mastschweinen und anderen
selbst erzeugten Vieh in Hälften noch dem landwirtschaftlichen Bereich zugeordnet wird.
jedoch die weitergehende Verarbeitung zu Wurst und Schinken einem Gewerbebetrieb
zuzuordnen ist.
Gemäß einem weiteren VwGH Erkenntnis vom 16.6.1992 wird die über das Schlachten und
die Herstellung von Schweinehälften bzw. - vierteln hinausgehende Verarbeitung der
geschlachteten Tiere als nicht in den Bereich der landwirtschaftlichen Produktion fallend
angesehen.
Auf Grund dieser einander widersprechenden VwGH Erkenntnisse ist es für einen bäuerlichen
Direktvermarkter kaum möglich, im vorhinein eine klare Trennlinie zwischen einem gerade
noch bäuerlichen Nebenbetrieb und einem bereits schon Gewerbebetrieb zu treffen.
Erschwerend wirken sich die auf Grund der neuen Hygieneverordnungen getätigten
Investitionen in Maschinen und Geräte
aus, da diese Investitionen wiederum von den Behörden
als Indiz für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes. Diese gravierende Rechtsunsicherheit
betrifft einen Wirtschaftszweig, der infolge des EU - Beitritts ohnehin um seine Existenz ringt.
Aus gegebenem Anlaß stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für
Finanzen folgende
ANFRAGE
1. Nach welchen Kriterien erfolgte die Einstufung landwirtschaftlicher Nebengewerbe als
Gewerbebetriebe a) vor dem EU - Beitritt,
b) nach dem EU - Beitritt,
c) nach der Gewerbeordnungs Novelle 1997?
2. Welche klar nachvollziehbaren Kriterien werden von Seiten der Finanzverwaltung bei der
Unterscheidung landwirtschaftlicher Nebenbetriebe/Gewerbebetriebe angewandt?
3. Inwieweit ist die Be - und Verarbeitung pflanzlicher und tierischer Urprodukte durch den
Landwirt und seine Familie für die Einstufung als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb
unschädlich?
4. Welche Verordnungen und Erlässe werden/wurden in diesem Zusammenhang erlassen?
5. Ist es richtig, daß bereits verstärkt Betriebsprüfungen bei landwirtschaftlichen Betrieben und
deren Nebenbetrieben durchgeführt werden?
6. Auf welche Art der Direktvermarkter wird von Seiten der Finanzverwaltung ein besonderes
Augenmerk gelegt?
7. Welche Toleranzgrenzen (z.B. bei Überschreiten gewisser Umsatzgrenzen) werden bei der
Einstufung als Gewerbebetrieb oder
bäuerlicher Nebenbetrieb zur Anwendung kommen?
8 Welche Kriterien sind hinsichtlich des Maschinen - und Gerätebestandes maßgeblich, daß
eine Landwirtschaft als gewerblicher Betrieb eingestuft wird,
a) vor dem EU - Beitritt,
b) nach dem EU - Beitritt
c) nach der Gewerbeordnungs - Novelle 1997?