3841/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Petrovic, Wabl, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend gesetzlich nicht gedeckte Personalleihe „im Sonderangebot“ zugunsten des

Präsidentschaftskandidaten Dr. Klestil

Die Grünen haben Kritik geübt, daß das Außenministerium in den

Präsidentschaftswahlkämpfen 1992 und 1998 öffentlich Bedienstete des österreichischen

Kulturinstitutes in New York für den Präsidentschaftswahlkampf des Kandidaten Dr. Klestil

zur Verfügung gestellt hat. Nach rechtlicher Beurteilung nach ist die gewählte

Vorgangsweise sowohl rechtswidrig als auch für die Interessen der öffentlichen Hand bzw

der SteuerzahlerInnen schädlich:

1. Das Beamtendienstrecht nennt im Sinne des Legalitätsprinzips taxativ jene

Möglichkeiten, in denen ein Ressort vom parlamentarisch verabschiedenden Stellenplan

abweichend Personaldispositionen treffen kann (Karenzierung, unbezahlter

Sonderurlaub, Außerdienststellung, Dienstzuteilung). Gerade in Zeiten von Sparpaketen

und Einsparungen im öffentlichen Dienst kommt der Einhaltung des Stellenplanes bzw

der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten für temporäre Abweichungen davon

besondere Bedeutung zu.

2. Die Vorgangsweise gereicht zum Nachteil der SteuerzahlerInnen. Die von den Grünen

angegebene Schadenssumme von ca. 250.000,-- ATS wird auch in der medialen

Gegendarstellung des Klestilwahlkampfleiters Dr. Waldner (siehe Beilage) nicht

bestritten. In der Zeit der Wahlkampfleitung fielen für die öffentliche Hand nicht nur

direkte Gehaltskosten, sondern auch Wohnungskosten und allenfalls auch Kosten für

Überstunden bzw Mehrleistungen bei den im Kulturinstitut verbliebenen öffentlich

Bediensteten an. Die Stellungnahme von seiten der ÖVP (Dr. Karas) weist ebenfalls in

diese Richtung: Es sei der ÖVP (1992) bzw der Industriellenvereinigung (1998) eben

keine höhere Summe seitens des Außenressorts in Rechnung gestellt worden.

Es geht daher nach wie vor um die rechtliche Grundlage der Vorgangsweise einerseits und

um die Abgeltung finanzieller Schäden andererseits.

Die Argumentation Dr. Waldner‘s wonach nicht Art 18B -VG (Legalitätsprinzip) zum

Tragen komme, sondern Art 17B -VG (Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes) ist völlig

unhaltbar. Die Differenzierung zwischen hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Verwaltung

des Bundes betrifft verschiedene Formen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben.

Entsprechend den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen sind bestimmte

Aufgaben notwendigerweise im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu vollziehen, andere

können auch mit privatrechtlichen Handlungsformen (insbesondere durch Abschluß von

Verträgen) bewerkstelligt werden. Keinesfalls jedoch können im Rahmen der

Bundesverwaltung nicht öffentliche Aufgaben, also beispielsweise das Eingreifen in

Wahlkämpfe zugunsten eines von mehreren Kandidaten, die Erfüllung parteipolitischer

Zwecke oder Tätigkeiten für private Interessenvertretungen wie die Vereinigung

österreichischer Industrieller Personaltransfers erfüllt werden. Sonst könnten ja öffentlich

Bedienstete generell für Wahlkampfzwecke bestimmter Parteien und/oder Kandidatinnen

„abgestellt“ werden und dies nicht einmal zu vollen Kosten, also quasi im Sonderangebot.

Gerade seitens der ÖVP wird bei geplanten Ausgliederungs - und Privatisierungsvorhaben

immer wieder darauf verwiesen, daß das öffentliche Dienstrecht strikte an die Erfüllung

öffentlicher Aufgaben gekoppelt und somit infiexibel sei; bei Dr. Waldner hat sich die

„Sichtweise“ der ÖVP offenbar geändert!

Abgesehen von der Rechtswidrigkeit der Durchbrechung des parlamentarisch beschlossenen

Stellenplanes im parteipolitischen Interesse ist auch die Frage der materiellen Schädigung

des öffentlichen Haushaltes zu prüfen. Die mehrmonatige Abwesenheit des öffentlich

Bediensteten Dr. Waldner von seiner Dienststelle hat mit Sicherheit zu Mehraufwendungen

bei den verbliebenen Bediensteten geführt (oder aber es liegt eine personelle

Überausstattung des Kulturinstitutes vor); jedenfalls aber liefen die sonst aus öffentlichen

Mitteln getragenen Kosten, insbesondere die Wohnungskosten, auch in der Zeit der

Abwesenheit weiter.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Die von den Grünen angegebene Schadenssumme von ca. 250.000,-— ATS wird vom

Büro Dr. Klestil bzw von Herrn Dr. Waldner nicht in Abrede gestellt.

Welche Veranlassungen zum Schutz der finanziellen Interessen des Staates bzw der

SteuerzahlerInnen haben Sie getroffen bzw werden Sie treffen?

2. Welche Kostenkalkulation entsprechend den einschlägigen Richtlinien für die

Kostenrechnung im Rahmen des Bundeshaushaltsrechtes sind in den Wahlkämpfen

1992 bzw 1998 im Rahmen des Personaltransfers des Wahlkampfleiters Dr. Waldner

angefallen?

3. Haben Sie im konkreten Fall die Finanzprokuratur mit der Wahrung der finanziellen

Interessen der SteuerzahlerInnen befaßt?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

4. Wie beurteilen Sie in Zeiten von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst die

personelle Ausstattung des österreichischen Kulturinstitutes in New York, wenn

offenbar mehrmonatige Abwesenheiten des Leiters möglich sind. Welche

Konsequenzen werden Sie ziehen?

5. Die gesamtstaatliche Verwaltung (hoheitlich und privatwirtschaftlich) hat sich an den

Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu orientieren;

jenseits der Frage der Rechtmäßigkeit der gewählten Vorgangsweise erhebt sich daher

die Frage nach dem ökonomischen Nutzen für die Republik Österreich. Welchen

Vorteil bzw welchen Nutzen für die Republik Österreich bzw für die

SteuerzahlerInnen erkennen Sie in der vom Außenamt gewählten Vorgangsweise,

welche Konsequenzen werden Sie daher ziehen?

6. Haben andere Parteien bzw KandidatInnen Personalleihverträge „im Sonderangebot“

mit Bundesdienststellen abgeschlossen? Welche Kontrollen werden diesbezüglich

seitens des Finanzministeriums durchgeführt?