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der Abgeordneten Dr. Stippel

und Genossen

an die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten,

 

betreffend den Ankauf eines Gemäldes des bekannten Nazi-Malers Adolf Reich durch den

Direktor des Kunsthistorischen Museums Wilfried Seipel um 500.000,-- Schilling.

 

Dr. Wilfried Seipel ist ein Mann, der die Medien und auch den Nationalrat schon mehrfach

beschäftigt hat. Am 22. März 1990 erschien in der APA ein Bericht über den Verdacht

illegaler Geschäfte von Dr. Wilfried Seipel. Der APA-Bericht hatte folgenden Wortlaut:

 

"Der designierte Direktor des Kunsthistorischen Museums, Wilfried Seipel, sei, wie es in

einem Bericht der Freitagausgabe der Wiener Tageszeitung "Der Standard" heisst, tiefer in

den illegalen Handel mit ägyptischen Antiken verstrickt, als die zugestandene Ausfuhr von

mehreren Skarabäen vermuten lasse .

Kunsthändler und Wissenschafter würden so schwere Vorwürfe gegen Seipel erheben, dass

von einem handfesten Skandal gesprochen werden müsse, meinte das Blatt.

 

So wird unter Berufung auf einen "bundesdeutschen Insider aus der Archäologieszene,,

moniert, Seipel sei im Frühjahr l980 an den mit ihm befreundeten Ägyptologen und

Kunsthändler Piotr Scholz herangetreten, für ihn eine ägyptische Grabmalerei zu verkaufen.

Scholz. der 1980 in Ägypten "wegen versuchter Ausfuhr von Antiken auf frischer Tat

ertappt" (Standard) worden war, habe 1979 eine ägyptische Mumienmaske, die durch Seipel

besorgt worden sei, illegal ausgeführt und an einen Industriellen in Heidelberg verkauft.

 

Schriftliche Belege, die dem "Standard" nach eigenen Angaben vorliegen, verweisen auf eine

enge geschäftliche Zusammenarbeit von Scholz und Seipel. Der darauf befragte designierte

Direktor des Kunsthistorischen Museums gab demgegenüber lediglich an, von Scholz nur um

Ratschläge und Expertisen gebeten worden zu sein, schreibt das Blatt.

 

Ein Wiener Kunsthändler hat dem Bericht zufolge 1979 ein Kaufangebot für zehn ägyptische

Antiken erhalten. Die Frage nach den Echtheitsgarantien sei dahingehend beantwortet

 

Minister Busek sei von seriösen Quellen von den Vorwürfen unterichtet gewesen, heißt es.

Auch der Generaldirektor der Staatlichen Museen Preussischer Kulturbesitz in Berlin, Wolf-

Dieter Dube, hat demnach den Wissenschaftsminister informiert, daß entsprechende

..

Verdächtigungen nicht von der Hand zu weisen sind. Dube war am Rande einer Wiener

Veranstaltung am 19. Jänner von Busek darauf angesprochen worden und hatte zuegsagt "sich

sac hkundig zu machen". Gegenüber dem "Standard" berichtete Dube nun, er habe den

Minister eine Woche später informiert, dass er "genügend Hinweise besitze, ',dass der

Verdacht berechtigt, Seipel in illegalen Handel mit ägyptischen Antiekn verstrickt" sei."

 

In der gleichen Zeit (März 1990) haben Abgeordnete der grünen Parlamentsfraktion an

Wissenschaftsminister Dr. Busek eine Frage gerichtet ob es richtig sei, dass im Wege der

ägyptischen Botschaft in Wien vom Archäologischen Institut der Universität Kairo ein

Schreiben an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gerichtet wurde, in dem

ausserordentlich schwere Vorwürfe gegen Dr. Seipel enthalten seien; und ob es weiter richtig

sei, dass dieser Brief des Archäologischen Instituts der Universität Kairo von zwei Dekanen

und einem Professor unterzeichnet wurde.

 

Aus der bestätigenden Antwort des Wissenschaftsministers vom 27. März 1990 (4884/AB)

ging hervor, dass dieser Brief tatsächlich existiert und folgenden Wortlaut hat:

 

 

Der eingefügte Brief konnte nicht gescannt werden !!!!

Weiters war ersichtlich, daß dieser Brief von der damaligen ägyptischen Botschafterin

offiziell österreichischen Regierungsstellen zur Verfügung gestellt wurde.

 

Dr. Seipel hatte damals alle Vorwürfe zurückgewiesen und in der APA vom 23. März 1990

erklärt, er habe seinen Anwalt beauftragt, eine Klage gegen die Tageszeitung "Der Standard..

einzubringen.

 

Im ,'Standard" vom 18.6.1991 erschien ein Bericht, daß Dr. Seipel in dem Verfahren, das er

gegen den "Standard" angestrengt habe, unterlegen sei.

 

Der ''Standard" vom 18.6. 1991 berichtet: "Zu ersten definitiven Urteilen kam es nun in zwei

von mehreren Gerichtsverfahren, in die Wilfried Seipel, Generaldirektor des

Kunsthistorischen Museums, involviert ist.

 

In beiden Verfahren ist Seipel, der unter anderem von offiziellen ägyptischen Stellen des

Antikenhandels beschuldigt wird (ein Vorwurf, den Seipel stets entschieden zurückwies)

unterlegen. Die Urteile sind rechtskräftig."

 

Diese Vorgeschichte (und etliche andere Berichte, die die Tätigkeit von Dr.Seipel in einem

sehr bedenklichen Licht erscheinen lassen) vor Augen habend, mußten die Anfragesteller am

Freitag dem 5. April 1996 im "Standard" lesen, dasß der Generaldirektor des

Kunsthistorischen Museums, Dr. Wilfried Seipel, ein Bild des bekannten Nazi-Malers Adolf

Reich um 500.000,-- Schilling angekauft habe. Das Bild hängt nicht in einem

Ausstellungsraum, sondern im Arbeitszimmer von Generaldirektor Dr.Seipel.

 

In dem Zeitungsbericht heißt es dazu: " Als Schöpfer dieses Bildes signiert Adolf Reich. Sein

Name ist Programm. 1887 in Wien geboren, 1963 in Salzburg gestorben, lebte er während der

Nazi-Zeit in München; seine Werke wurden fast alljährlich in der Großen Deutschen

Kunstausstellung in Hitlers Haus der Deutschen Kunst vorgeführt. l941 war Reich, der

nebenbei pornographische Blätter zeichnete, mit dem Bild "Aus der illegalen Kampfzeit in

Österreich" vertreten. "

Ein Bild dieses Malers kaufte Dr. Seipel um 500.000,-- Schilling. Er finanzierte es, laut

Bericht des " Standards" vom 5. April 1996, mit Spenden des Vereines Gesellschaft der

Freunde der bildenden Künste.

 

Dr.Seipel gab dem " Standard" zu dieser Angelegenheit auch ein bemerkenswertes Interview

und soll daher auch selbst zu Wort kommen:

 

Auf die Frage, ob er eigentlich ein Schätzgutachten eingeholt habe, nachdem Fachleute den

Preis von 500.000,-- Schilling für "maßlos überbezahlt" halten, antwortete Seipel: "Das

einzige was ich gemacht habe war, den Preis von 700.000,-- auf 500.000,-- Schilling

herunterzuhandeln", um dann wörtlich fortzusetzen: " Es war mir das wert und deshalb habe

ich es gekauft".

 

Im Artikel des "Standard" ist über die Einschätzung dieser Entscheidung des Generaldirektors

durch andere Mitarbeiter des Kunsthistorischen Museums foIgendes zu lesen:

 

" Auch wenn die Gemäldesammlung nicht unmittelbar betroffen war, kritisierte sie den

Ankauf schwer. In einer "Hausmitteilung", die allen Abteilungen zuging, vertreten Direktor

Karl Schütz und mehrere Kustoden die Ansicht, daß der dokumentarische Wert gering sei,

weil das "kunst1ose Machwerk" durch eine farbige Postkarte (bezeichnenderweise von

Heinrich Hoffmann, Hitlers Leibfotographen vorgelegt) bekannt ist, die sich auch im Besitz

des Museums befindet. Die Ausgabe sei daher als "vergeudet" anzusehen und das Bild

überdies "maßlos überbezahlt".

 

Was den Kunstwert anbelangt, geben Kunstsachverständige, die nicht genannt sein wollen,

den Kustoden recht. Ihre Schätzungen bewegten sich zwischen 100.000,-- und 300.000,--

Schilling. Auch Nazi-Kunstspezialist Arnulf Rohsmann, Direktor der Kärntner Landesgalerie,

schüttelt angesichts der Summe, die Dr. Seipel auslegte ohne ein Gutachten einzuholen, den

Kopf: "Eine halbe Million halte ich für einen Reliqienpreis. Und Reliquienpreise sind nicht zu

verantworten".

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an

di e Fr au Bundesmi n i ster i n für Unterr i cht und kul turel l e Angel egenhei ten

n achstehende

Anfragen:

 

1. Ist es richtig, daß Generaldirektor Dr. Seipel ein Bild von Adolf Reich um 500.000,--

Schilling angekauft hat ?

 

2. ist es richtig, daß dieser Ankauf ohne Einholung eines Schätzgutachtens erfolgte ?

 

3. Ist es richtig, daß dieses Bild für die Sammlungen des Kunsthistorsichen Museums nicht

von Bedeutung war, sondern im Arbeitszimmer des Herrn Generaldirektors aufgehängt

wurde ?

 

4. Ist es richtig, daß die Finazierung dieses Bildes aus Spenden des Vereines "Gesellschaft der

Freunde der bildenden Künste" erfolgte ? .

 

5. Ist der Vorstand dieses Vereines ausreichend über den Zweck und die Umstände dieses

Ankaufes, insbesondere auch über die Tatsache, daß ein Schätzgutachten über den Wert des

Bildes nicht eingeholt wurde und über den Maler selbst informiert worden ?

 

6. Welche Vorkehrungen wurden getroffen, daß Wilfried Seipel durch solche Entscheidungen

dem Kunsthistorischen Museum und dem Verein "GeseIlschaft der Freunde der bildenden

Künste'' nicht länger Schaden zufügt ?

 

7. Welche sonstigen Ankäufe wurden von Dr. Seipel seit seinem Amtsantritt als

Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums getätigt ?

 

a) Wie hoch waren die Anschaffungskosten im Einzelnen ?

b) Wie lauteten im Einzelnen die zugehörigen Schätzgutachten ?

c) Welche dieser Ankäufe wurden aus Mitteln des Vereines

"Gesellschaft der Freunde der bildenden Künste" finanziert ?

 

8. Wie hoch waren allfällige sonstige Zuwendungen des Vereines "Gesellschaft der Freunde

der bildenden Künste" an das Kunsthistorische Museum, bzw. an Generaldirektor Dr.

Wilfried Seipel ?

 

9. Wie lange ist Dr. Wilfried Seipel als Generaldirektordes Kunsthistorsichen Museums noch

tragbar ?