3920/J XX.GP

 

der Abgeordneten DI Hofmann, Lafer, Pumberger, Partik - Pable‘

und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Vereinsrecht

Diversen Äußerungen des Bundesministers für Inneres zufolge scheint im Augenblick

bzw. in nächster Zeit keine Änderung des Vereinsrechtes geplant. Der Bundesminister

wolle sich nach eigenen Aussagen lediglich auf “schärfere Kontrollen von großen

Vereinen beschränken”.

Wie jedoch unter anderem der Anfrage Nr. 3517/J der Abgeordneten Mag. Stadler und

Kollegen zu entnehmen ist, stammt genau derjenige Begriff, der vom Bundesminister

für Inneres zur Erläuterung seiner momentanen Absichten im Bereich des Vereinsrecht

herangezogen wird (Kurier und OÖN vom 29.12.1997, unter Bezugnahme auf ein

Interview mit “Radio Vorarlberg: “schärfere Kontrollen bei großen Vereinen”) aus dem

Buch “Reform des Vereinsrechtes Entwurf zu einem Bundesgesetz über das

Vereinsrecht”, herausgegeben von Dr. Peter Fessler, Dr. Christine Keller, Dr. Heinz

Krejci, Dr. Peterzettner, Wien, 1997.

Daß eine Reform des Vereinsrechtes zwar momentan nicht in Sicht zu sein scheint,

langfristig jedoch gewünscht bzw. angestrebt wird, zeigen die anläßlich der

Präsentation des oben genannten Buches im Parlament getätigten Aussagen:

Nationalratspräsident Dr. Fischer meinte, “Reform - und Nachdenkbedarf seien (..)

naheliegend.

Justizminister Michalek war der Ansicht, “auch die Auflösung des Vereines müsse klar

geregelt werden.

Da sich der Bundesminister für Inneres bereits jetzt einer in oben genanntem Entwurf

neu eingeführten Definition bedient, liegt der Schluß nahe, daß, sollte es zu einer -

geplanten und lediglich verschobenen? - Reform kommen, die betreffende Abhandlung

als Grundlage für eine Reform herangezogen werden wird.

Der betreffende Entwurf der interministeriellen Arbeitsgruppe führt speziell im

3. Abschnitt, § 74 (Behördliche Auflösung), sowie in § 9 (Abweisung der Ersteintragung)

Begriffe ein, die weder dem öffentlich rechtlichen Bereich zugeordnet werden können

noch im geringsten definiert sind.

Genau diese Paragraphen erfüllen daher alle Voraussetzungen, um als

“Gummiparagraphen” angewendet zu werden, die jedweder materieller Auslegung

nach Gutdünken genügend Raum bieten:

Die interministerielle Arbeitsgruppe beruft sich in den Erläuterungen zu § 74

(Auflösung des Vereines) auf BGBI Nr. 210/1958 und die Europäische

Menschenrechtskonvention Art. 11 Abs.2. Gleichzeitig “erweiterte” sie die dort

verankerten Bestimmungen um den “Gedanken der Völkerverständigung”. Die

interministerielle Arbeitsgruppe führte mit dem “Gedanken der Völkerverständigung”

einen Begriff in das Vereinsrecht ein, der nicht nur diesem, sondern der gesamten

österreichischen Rechtsordnung fremd ist. Diese neue Norm wird jedoch nicht definiert.

Die interministerielle Arbeitsgruppe scheute sich auch nicht davor, den Begriff der

“guten Sitten” aus dem Privatrecht ins Vereinsrecht “herüber zu ziehen

Angesichts dessen, daß es sich bei den Autoren des Entwurfes um qualifizierte Juristen

handelt, liegt der Verdacht nahe, daß die aufgezeigten Fehlleistungen in der

Textierung nicht fachlicher lnkompetenz entspringen, sondern daß eine politische und

möglicherweise ideologische Intention dahintersteckt.

Es liegt auf der Hand, daß der Entwurf der interministeriellen Arbeitsgruppe in

manchen elementaren, wenn nicht existenziellen Bereichen des Vereinsrechtes zu

willkürlicher Auslegung geradezu einlädt.

Hätte man die Absicht, durch rechtlich nicht eindeutig bzw. überhaupt nicht definierte

Formulierungen die Möglichkeit politischer Willkürentscheidungen einzuführen, so

wäre unter dieser Maßgabe der betreffende Entwurf als gelungen zu bezeichnen.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn

Bundesminister für Inneres nachstehende

Anfrage:

1.) Wer hat die interministerielle Arbeitsgruppe ins Leben gerufen?

2.) Aus welcher Intention heraus wurde sie installiert?

3.) Wer war mit der Auswahl der Mitglieder der Arbeitsgruppe betraut?

4.) Nach welchen Kriterien wurde bei der Auswahl der Mitglieder vorgegangen?

5.) Hatte die Arbeitsgruppe bei Ihrer Tätigkeit eine Zielvorgabe zu beachten?

Wenn ja, aus welchen Gründen, um welche “Zielvorgabe” handelt es sich und

von wem wurde diese formuliert?

6.) Gab es in den letzten zehn Jahren ihr Ministerium betreffende Gesetzesvorlagen,

die zumindest zum Teil auf Arbeiten Privater oder interministerieller Arbeits -

gruppen beruhten?

Wenn ja,

a) auf wie viele Arbeiten oder Entwürfe trifft dies zu,

b) von wem wurden diese im Einzelfall erstellt ( Private oder interministerielle

Arbeitsgruppen),

c) mit welchen Materien beschäftigten sich diese,

d) inwiefern wurden die betreffenden Arbeiten oder Entwürfe in die jeweilige

Gesetzesvorlage eingearbeitet?

7.) Können sie ausschließen, daß im Falle der mancherorts - siehe Sachverhalt -

durchaus gewünschten Reform des Vereinsrechtes das Bundesministerium für

Inneres den vorliegenden Entwurf der oben genannten interministeriellen

Arbeitsgruppe in Zukunft als Grundlage künftiger Reformen heranzieht?

Wenn nein,

a) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “Terminus technicus”

verwendete Begriff “nationale und öffentliche Sicherheit” im Gesamt -

zusammenhang mit § 74 des Entwurfes zu verstehen, und welchen klar

definierten und jedem Staatsbürger einsichtigen rechtlichen Inhalt und Sinn

hat nach dieser Auslegung des Bundesministeriums für Inneres die

Einführung des oben genannten Begriffes der “nationalen und öffentlichen

Sicherheit”,

b) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “Terminus technicus”

verwendete Begriff “Moral” im Gesamtzusammenhang mit § 74 des

Entwurfes zu verstehen und welchen klar definierten und jedem Staatsbürger

einsichtigen rechtlichen Inhalt und Sinn hat nach dieser Auslegung des

Bundesministeriums für Inneres die Einführung des oben genannten Begriffes

der “Moral”,

c) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “Terminus technicus” neu

eingeführten Begriff “Gedanken der Völkerverständigung” im Gesamt -

zusammenhang mit § 74 des Entwurfes zu verstehen und welchen klar

definierten und jedem Staatsbürger einsichtigen rechtlichen Inhalt und Sinn

hat nach dieser Auslegung des Bundesministeriums für Inneres die

Einführung des oben genannten Begriffes des “Gedankens der

Völkerverständigung”,

d.) bestehen nach der Auslegung des Bundesministeriums für Inneres derzeit

Vereine, auf die einer der in § 74 des Entwurfes angeführten

Auflösungsgründe zuträfe und wenn ja, welche Vereine wären dies

namentlich und aus welchen der in § 74 angeführten Gründe würden diese

aufgelöst werden?

e.) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “terminus technicus”

verwendete Begriff der “guten Sitten” im Gesamtzusammenhang mit § 9 des

Entwurfes zu verstehen und welchen klar definierten und jedem Staatsbürger

einsichtigen rechtlichen Inhalt und Sinn hat nach dieser Auslegung des

Bundesministeriums für Inneres die Einführung des oben genannten Begriffes

der “guten Sitten,

f.) bestehen nach der Auslegung des Bundesministeriums für Inneres derzeit

Vereine, denen nach den Bestimmungen des § 9 des Entwurfes die

Anmeldung mit Abweisungsbescheid verweigert worden wäre und wenn ja,

welche Vereine wären dies namentlich und aus welchen in §9 angeführten

Gründen wäre dies der Fall?

8.) Was halten Sie persönlich vom Ergebnis der Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe,

insbesondere unter Berücksichtigung der in der Erläuterung dieser Anfrage

dargelegten Bedenken?

9.) Sind Sie der Meinung, daß es zumindest seltsam anmutet, daß sich der

Bundesminister für Inneres einerseits bereits eines erst in diesem Entwurf neu

eingeführten und dem Vereinsrecht bisher völlig fremden Begriffes (siehe

Sachverhalt: “großer Verein”) bedient, und derselbe andererseits beteuert, daß

er keine Reform anstrebe?

Wenn ja, ist Ihnen bewußt, daß Sie in Ihrer Funktion als Bundesminister für

Inneres dadurch manchen Begriffen aus diesem - Ihren Aussagen nach zu urteilen

- “privaten” Entwurf offiziellen Status verleihen und dadurch diesen Entwurf so

aufwerten, daß er in Hinkunft wieder als Diskussionsgrundlage dienen wird?

10.) Können Sie definitiv - und soweit es in der Kompetenz des BMI liegt -

ausschließen, daß derartige oder ähnlich bedenkliche Formulierungen - siehe

§ 9 sowie §74 des Entwurfes - in eine eventuellen Regierungsvorlage zur Reform

des Vereinsrechtes Eingang finden und garantieren, daß das Bundesministerium

für Inneres dieser Art des politischen Mißbrauches der Rechtsordnung nicht den

Weg bereiten wird?