3957/J XX.GP

 

der Abgeordneten Volker Kier und PartnerInnen

an die Bundesministerin für Arbeit Gesundheit und Soziales

betreffend Umgehung des Behinderteneinstellungsgesetzes durch die Gemeinde Wien

Das Behinderteneinstellungsgesetz (BehEinstG) aus dem Jahre 1970 verfehlt nicht zuletzt

angesichts der herrschenden angespannten Arbeitsmarktlage zusehends seine Wirkung:

Einerseits erweisen sich die Bestimmungen des besonderen Kündigungsschutzes mehr als

Diskriminierungsparagraphen denn als Schutzbestimmung, wie die Schwierigkeiten für

Behinderte am Arbeitsmarkt und die hohe Arbeitslosenzahl unter Behinderten zeigen.

Offensichtlieh gibt es auch andere Gründe weshalb nicht nur private sondern auch

öffentliche Dienstgeber die vorgeschriebenen Pflichtzahlen für die Aufnahme Behinderter

nicht erfüllen.

Das folgende Fallbeispiel zeigt, wie sogar ein öffentlicher Dienstgeber unter dem Vorwand

aktive Beschäftigungspolitik zu betreiben mit dem BehEinstG faktiseh umgeht:

Seit dem Jahr 1980 gibt es in Wien eine sogenannte "Sonderaktion" zur Beschäftigung

behinderter. Derzeit arbeiten etwa 650 begünstigte Behinderte im Rahmen dieser Aktion

allerdings nicht auf systemisierten Planstellen als BeamtInnen oder Vertragsbedienstete

sondern zum Zwecke der Umgehung des BehEinstGesetzes auf der Basis von

Sonderverträgen. Auf der anderen Seite unterschreitet die Gemeinde Wien die

vorgeschriebene Quote des BehEinstG um mehr als 760 Personen und zahlt wegen dieser

Nichterfüllung an den Ausgleichstaxfonds monatlich rund 2 Millionen Schilling an

Ausgleichstaxen aus Steuergeldern.

So lobenswert jede Beschäftigungsinitiative (besonders auch) zu Gunsten Behinderter ist

empfinden die unterzeichneten Abgeordneten diese Sonderaktion als diskriminierend und

arbeitsrechtlich höchst bedenklich. Es würde nämlich eine zweite billigere Kategorie von

behinderten ArbeitnehmerInnen geschaffen. die sich die Stadt Wien in Komplizenschaft mit

dem AMS - auch noch aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds sowie des Europäischen Sozial -

fonds bezahlen läßt.

In diesem Zusammenhang stellen die gefertigten Abgeordneten die folgende

Anfrage

1. Wie ist es mit der Intention des Behinderteneinstellungsgesetzes in Einklang zu bringen,

daß die Gemeinde Wien aufgrund der Finanzierung der "Sonderaktion" auch durch den

Europäischen Sozialfonds trotz Bezahlung der Ausgleichstaxe von der Umgehung des

Gesetzes finanziell profitiert?

2. Entspricht diese Vorgangsweise der Gemeinde Wien nach Ihrer Ansicht insgesamt den

Intentionen des Gesetzes und halten Sie diese für grundsätzlich unterstützenswert?

3. Wenn ja, werden Sie sich dafür einsetzen, daß ,,Sonderaktionen" dieser Art auch von ande -

ren, privaten DienstgeberInnen in Anspruch genommen werden können?

4. Wenn nein, teilen Sie die Ansicht daß mit der Finanzierung dieser Aktion aus Mitteln des

Ausgleichtaxfonds sowie des Europäischen Sozialfonds Steuergelder zweckentfremdet (die

Ausgleichstaxen der öffentlichen Hand stammen aus öffentlichen Geldern) werden und in

diskriminierender Weise eine zweite Kategorie von behinderten ArbeitnehmerInnen

geschaffen wurde?

5. Welche Möglichkeiten werden Sie als oberste Dienstaufsichtsbehörde ergreifen diesen

Mißbrauch, nämlich die Gewährung von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds an die

Wiener ,,Sonderaktion" durch das AMS, zu unterbinden?

6. Werden Sie sich bei der Gemeinde Wien für einen Stopp dieser Aktion sowie die Überfüh -

rung der betroffenen ArbeitnehmerInnen in reguläre Dienstverhältnisse einsetzen?

7. können Sie für die Zukunft eine Umgehung des Arbeitsrechts in Ihrem Aufsichtsbereich

ausschließen?

8. Welche gesetzlichen Maßnahmen werden Sie anstreben, um Mißbrauchsmöglichkeiten,

wie die genannte Umgehung des Gesetzes zu verhindern?