4375/J XX.GP
der Abgeordneten Doris Pollet - Kammerlander, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten
betreffend Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das Straßenbauvorhaben
„Umfahrung Krottendorf - Gaisfeld“ im Zuge der B70
Mit der Novelle zum UVP - Gesetz wurde festgelegt, daß bei der Auswahl und Umlegung der
Trassen von Bundesstraßen B mit einer Länge von weniger als 5 km nur dann eine Umwelt -
verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wenn bestehende Schutzgebiete beeinträchtigt wer -
den, eine zusätzliche Verkehrsbelastung von über 20 % gegenüber dem Bestand zu erwarten
ist und eine Seehöhe von 1200 m überschritten wird.
In der vom Amt der steiermärkischen Landesregierung (FA IIb/Straßen - und Brückenbauamt)
vorgelegten „Umweltverträglichkeitserklärung“ (UVE) des Bauvorhabens „Umfahrung
Krottendorf - Gaisfeld“, wird behauptet, daß die oben angeführten Voraussetzungen für die
Durchführung einer UVP nicht zutreffen. Daß diese Annahme nicht korrekt ist, wird in der -
selben UVE explizit nachgewiesen. Negative Auswirkungen durch den Straßenneubau seien
laut Gutachten aufgrund der Isolation dieses Bereiches nicht auszuschließen (UVE S.43).
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für wirtschaftliche
Angelegenheiten folgende
ANFRAGE:
1. Die Bundesstraße B70 verläuft am Rande des Naturschutzgebietes „Kainachinsel". Die
strömungsarme Lage und die vielfältigen Bodenkulturen ziehen viele seltene und in
Österreich stark gefährdete Vogel - und Insektenarten an. (Onnithologische Beobachtung
Mag. Elisabeth Zechner: 17 Arten auf der roten Liste, 21 Arten auf der roten Liste gefähr -
deter Zugvögel, 5 Arten im Anhang 1 der Vogelschutz - Richtlinie) Laut Umweltverträg -
lichkeitserklärung sind negative Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet „Kainachinsel"
durch den Straßenbau nicht auszuschließen. Diese Aussage widerspricht der Ablehnung
einer Umweltverträglichkeitsprüfung durch das Amt der steiermärkischen Landes -
regierung.
Werden Sie diese Umweltverträglichkeitserklärung noch einmal überprüfen? Wenn nein,
warum nicht?
2. Werden Sie veranlassen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) einzuleiten? Wenn
nein, warum nicht?
3. Die Kosten für den Ausbau der B70 (Gaisfeld - Autobahnzubringer Mooskirchen) betragen
nach derzeitigem Stand 300 Millionen Schilling.
Wie rechtfertigen Sie die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus der B70, wenn die Zeitersparnis
lediglich 1,5 min beträgt?
4. Wie erklären Sie dem Steuerzahler die Kosten von zumindest 3,3 Millionen Schilling pro
gewonnene Sekunde Zeit?
5. Die steirische Landesregierung hat beim österreichischen Institut für Raumplanung eine
Studie in Auftrag gegeben. Die Priorität des geplanten Ausbaus B70 (Gaisfeld - Autobahh -
zubringer Mooskirchen) ist aus Sicht der Expertlnnen nicht gegeben.
Wieso werden ExpertInnenmeinungen ignoriert, um ein Projekt zu realisieren, welches
selbst unter wohlwollendsten Gesichtspunkten nur Nachteile sowohl für die Anrainer als
auch für den Steuerzahler mit sich bringt?
6. Die volkswirtschaftlichen Kosten durch Stau belaufen sich in Österreich vorsichtig ge-
schätzt auf 35 Milliarden Schilling (1995). Wesentlicher Verursacher von Stau ist Berufs -
und Individualverkehr. Durch die Neutrassierung kommt es zu einem für die Umwelt und
für das Stauaufkommen im Ballungsraum Graz negativen Anreiz für den motorisierten
Individualverkehr.
Bei Berücksichtigung der lokalen Situation muß davon ausgegangen werden, daß der
minimale Gewinn von 1,5 min in sein Gegenteil verkehrt, d.h. Verluste der Erreichbarkeit
bzw. Fahrzeitverlängerungen eintreten. Die betroffenen Einfallstraßen in Graz, insbeson -
dere Kärntner - und Straßgangerstraße, sind schon heute vielfach überlastet. Bei einer
weiteren Zunahme des Kfz - Verkehrs wird es zu erheblichen Staus bzw. zu Zeitverlusten
im Gebiet der Stadt Graz kommen. Die Erreichbarkeit bzw. Fahrzeitverkürzung kann
daher wirksam nur im Bereich des bzw. durch Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr
erreicht werden.
Wie rechtfertigen Sie den Ausbau der B70 unter diesen Voraussetzungen?
7. Die Standortqualität wird in Zukunft von der Anbindung an ein gut ausgebautes Schienen -
netz bestimmt sein.
Ist nicht ein bestandsnaher Ausbau der B70 Umfahrung Krottendorf - Gaisfeld) und gleich -
zeitige Investition in Schienenausbau, sowohl kurzfristig (Kosten für Neubau) als auch
mittel - und langfristig (Verminderung der Staukosten) kostengünstiger und auch wirt -
schaftlich effektiver?
8. Die Länge des Ausbaus der B70 Gaisfeld - Mosskirchen beträgt 7,6 km, also mehr als 5 km;
es wäre somit eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend vorgeschrieben. Es drängt
sich der Verdacht auf, daß durch die Zerstückelung eines Straßenbauprojekts einzig die
Umgehung einer UVP zu Lasten der Umwelt und der Bewohner erreicht werden soll.
Aus welchen Gründen kam zur Zerstückelung des Bauprojekts?