4398/J XX.GP

 

der Abgeordneten Peter, Partnerinnen und Partner

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Zurückweisung slowakischer Staatsbürger am Grenzübergang Kittsee.

Am 4.11.1997 wurden die slowakischen Staatsbürger Roman und Oto Petlak an der

Grenze in Kittsee zurückgewiesen. Als Grund gab der zuständige Beamte Insp.

Franz Pribitzer den dringenden Verdacht an, die Siowaken würden einer illegalen

Beschäftigung in Österreich nachgehen (und berief sich damit offenbar auf § 52 Abs.

3 lit. b Fremdengesetz, wonach Fremde zurückgewiesen werden können, wenn

„bestimmte Tatsachen“ die Annahme rechtfertigen, daß sie ohne die hierfür

erforderlichen Bewilligungen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet

beabsichtigen). Dafür sprachen aus seiner Sicht im Wagen befindliche Lebensmittel

und zwei Reisetaschen mit Bekleidung. Die slowakischen Staatsbürger hatten keine

Chance, gegen diese Vermutung des Zollbeamten wirksame Schritte zu

unternehmen. In Unkenntnis, warum und für welchen Zeitraum diese Zurückweisung

vorgenommen wurde, mußten sie umkehren.

Der österreichische Staatsbürger Herr Tichatschek, den die genannten Slowaken in

Wien besuchen wollten, versuchte die Sache aufzuklären, reiste in die Slowakei und

fuhr mit seinen Bekannten an die Grenzstation Kittsee. In der Annahme, er könne

das Mißverständnis aufklären, verlangte er, mit dem Beamten zu sprechen, der die

Zurückweisung vorgenommen hatte. Ergebnis des Gesprächs: Die Zurückweisung

der beiden Slowaken konnte an der Grenzstation Kittsee nicht rückgängig gemacht

werden. Lediglich durch eine Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat

Burgenland könne die Zurückweisung angefochten werden. Freilich ein langer, mit

Kosten verbundener Weg.

Tichatschek, von der Haltlosigkeit der Verdächtigungen überzeugt, im Glauben, das

Problem könne auch unbürokratisch gelöst werden, telephonierte mit dem

Finanzministerium. Dort erfuhr er, daß das Ministerium zwar für Zollwachbeamte

zuständig sei, die Amtshandlung der Zurückweisung jedoch das Ressort des

Innenministeriums betreffe. Ein Anruf im Innenministerium ergab, das

Finanzministerium sei zuständig. Für den österreichischen Staatsbürger eine

verwirrende Situation, und bezeichnend für eine für den Bürger nicht durchsichtige

Kompetenzaufteilung.

Am 16.12.1997 reichte der Wiener Rechtsanwalt Dr. Vana, beauftragt von Herrn

Tichatschek, in dieser Sache einen Antrag auf ein Berufungsverfahren beim

Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland ein. Nach Auskunft der zuständigen

Referentin, in der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, sei es äußert

ungewöhnlich, daß gegen eine Zurückweisung Berufung eingelegt werde.

Verständlich, da ja nicht jeder Zurückgewiesene Bekannte in Österreich hat, die sich

für ihn einsetzen können. Der Gedanke liegt nahe, daß Zurückgewiesene über

äußerst beschränkte Möglichkeiten verfügen, dagegen Wirksames zu unternehmen.

Allein schon wegen der Sprachbarriere dürfte es den Betroffenen unmöglich sein,

rechtliche Schritte dagegen einzuleiten. Dieser Gedanke wird auch durch den

beschrieben Fall bestätigt, die beiden Slowaken wußten nicht, warum sie

zurückgewiesen wurden.

Am 15.04.1998 fand die Verhandlung statt. Damit die Betroffenen zur Verhandlung

erscheinen konnten, mußten Vorkehrungen am entsprechenden Grenzübergang

getroffen werden, um deren Einreise zu gewährleisten.

Nach Auskunft des Richters würden die Betroffenen schriftlich von dessen Urteil

benachrichtigt werden. Kuriosum am Rande: Laut Angaben des bei der Verhandlung

anwesenden Herrn Tichatschek divergierte die Aussage des als Zeuge geladenen

Zollbeamten von seiner Stellungnahme vom 10.11.1997 nicht unwesentlich. Indiz

dafür, daß die erwähnte Zurückweisung ein unüberlegter Willkürakt gewesen sein

könnte?

Zur Erhellung des beschriebenen Vorfalls an der Grenze in Kittsee betreffend die

Zurückweisung von slowakischen Staatsbürgern, aber auch zur grundsätzlichen

Hinterfragung der Problematik oft willkürlicher Zurückweisungen stellen die

unterzeichneten Abgeordneten folgende

Anfrage

1 Wie stellt sich der beschriebene Fall aus Ihrer Sicht dar?

2. Trägt beschriebener Fall aus Ihrer Sicht Merkmale einer gewissen Willkür von

seiten des zuständigen Beamten?

Wenn nein, warum nicht?

3. Inwiefern gilt bei der Anwendung von Zurückweisungen das rechtsstaatliche

Prinzip der Unschuldsvermutung?

4.Welcher Tatbestand muß erfüllt sein, um Ausländer an der Grenze wegen des

Verdachts, sie würden in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachgehen,

zurückzuweisen? Ist aus Ihrer Sicht das Auffinden von Lebensmitteln und

Reisetaschen im Auto der Betroffenen ausreichend? Wenn ja warum?

5. Welche Konsequenzen bezüglich eines Aufenthaltsrechts in Österreich haben

Zurückweisungen, wie im oben geschilderten Fall, für die betroffenen Ausländer?

6. a) Wieviele Zurückweisungen von Nicht - EU - Bürgern - aufgeschlüsselt nach

Nationalität - wurden im Zeitraum 1.1.1997 bis dato gemäß § 52 Abs. 3

Fremdengesetz mit welchen Begründungen (Störung der öffentlichen Ordnung,

Verdacht der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, Verdacht der Schlepperei) trotz

Berechtigung auf sichtvermerksfreie Einreise vorgenommen?

7. Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um eventuelle Willkürakte von seiten

Ihrer Beamten im Zusammenhang mit Zurückweisungen zu verhindern?

8. Welcher Art ist die Kompetenzaufteilung zwischen Innenministerium und

Finanzministerium betreffend Zurückweisungen an der Grenze? Dürfen Beamte

beider Ressorts diese Zurückweisungen aussprechen? Wenn ja, warum?

9. Welche Möglichkeiten bestehen für Ausländer, die keine schriftliche Information

(geschweige denn einen Bescheid) erhalten und die nicht die Hilfe von

Österreichern in Anspruch nehmen können, gegen eine Zurückweisung Beschwerde

einzubringen?