4418/J XX.GP
der Abgeordneten Dr. Povysil, Mag. Haupt, Abg. Haller
und Kollegen
an den Herrn Bundesminister für Justiz
betreffend: Mißbrauch und Mißhandlung von Kindern und Jugendlichen in der
Familie
In letzter Zeit bringen die diversen Printmedien Berichte, Zahlen und Daten über
Mißbräuche und Mißhandlungen von Kindern und Jugendlichen in der Familie . Die
Enttabuisierung der Gewalt in der Familie scheint nicht die gewünschten Effekte zu
zeigen. Weiters bringt der Entwurf zur Änderung des Sexualstrafrechtes
(Strafrechtsänderungsgesetz 982. Teil JMZ 318.010/1 - II. 1/98) keine wesentliche
Verbesserung zum Opferschutz. Die Haftzeiten für Sexualdelikte sind immer noch
unterhalb des Europaschnittes, Frankreich z.B. hat seine Haftzeiten auf 30 Jahre
erhöht . Weiters wirkt das nicht koordinierte Zusammenwirken der diversen Behörden
und Stellen als hemmend für Opfer und Prävention. Es gibt in Hannover ein
diesbezüglich sehr interessantes Modell der Zusammenarbeit zwischen Exekutive,
Gerichte und psychischer Betreuung von Opfer und Täter („Hannoversches
Interventionsprojekt" gegen Gewalt in der Familie ,,HAIP")
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten
an den Herrn Bundesminister für Justiz
folgende
ANFRAGE:
1.) Wieviele Kinder - und Jugendrichter gibt es in Österreich pro Bundesland?
2.) Wieviele dieser Anwaltschaften haben Schwerpunkte im Bereich Mißbrauch und
Mißhandlung?
3.) Welche Änderungen oder Beiträge sehen Sie in Bezug zu Mißbrauch und
Mißhandlung die in das neue Ärztemeldegesetz eine Aufnahme finden sollten?
4.) Welche Anregungen zu diesem Themenkreis wurden mit Ihren Ressortkollegen
bereits vorab besprochen?
5.) Welche Bestrebungen gibt es in Ihrem Ressort den in diesem Zusammenhang
nachgewiesenen Patiententourismus bei Mißbrauch/ Mißhandlung in den
Spitälern Einhalt zu gebieten ? Was halten Sie von der Einrichtung einer zentralen
Meldestelle pro Bundesland?
6.) Durch die schwachen vorgesehenen Änderungen im Sexualstrafrecht, welche
weiteren begleitenden Maßnahmen sind seitens ihres Ressorts vorgesehen?
Einerseits in Belange des Opferschutzes andererseits zu einer möglichen
Prävention?
7.) Welche Vereinfachungen sehen Sie in bezug auf Strafverfahren und die
Erleichterung der Aussagen der Opfer vor Gericht?
8.) Welche weitere Handhabung oder Erleichterung im Falle von Sexualverbrechen
sehen Sie bei der Interpretation der sogenannten ,,Unschuldsklausel"
9.) Welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen Sie im Bereich der Exekutive
(Gendarmerie und Polizei) sowie Jugend und andere Gerichte, daß die Aussagen
von Kindern und Jugendlichen auch den nachhaltigen Stellenwert, der ihnen
auch eigentlich gebührt, berücksichtigt wird?
10.) Im Sinne von Rehabilitation von Opfern, klagen mehrere Jugendanwaltschaften
über fehlende Wohngemeinschaften -
Welche Maßnahmen sehen Sie in diesem
Bereich kurzfristig wie mittelfristig ? Aus welchen Bundes oder Landesmitteln
können Sie sich die Abdeckungen vorstellen?
11.) In welchen Bereichen der Gesetzgebung gedenken Sie die Forderung der Opfer
nach Prozeßbegleitung, sprich kostenfreien juristischen Rechtsbeistand als
Anspruch zu verankern?
12.) Wie wird der Akten lauf und die psychologische Arbeit der Jugendämter
überprüft?
13.) Welche Erfahrungswerte haben Sie in Bezug auf das Wegweiserecht - und
Rückkehrverbot (§38 a SPG (Sicherheitspolizeigesetz 1997) Welches ja bei
Rückführung des Täters in die Familie zu neuerlicher Gewalt führen kann?
14.) Welche Erfahrungswerte haben Sie in Bezug auf die Einstweilige Verfügung
(gem. § 382 EO (Exekutionsordnung) welches ja einen längerfristigen Schutz vor
dem Täter bietet und auch das Umfeld des Opfers ( § 382 b Absatz 1 und Absatz 2
der EO) schützt?
15.) Ist Ihnen das „Hannoversche Modell" bekannt ? Welche Bestrebungen sehen
Sie als wünschenswert und realisierbar in der übergreifenden Zusammenarbeit
von Exekutive, Justiz und psychologischen Diensten?
16.) In Bezug zu den vorhandenen Beratungstellen (Kinderschutzzentren,
Frauenhäusern, etc..., Exekutive und Justiz) wird von den Opfern die hohe
Hemmschwelle der Aufsuchung solcher Stellen betont . Welche Bestrebungen
haben Sie den Zugang zu solchen Zentren zu erleichtern?
17.) Gewalt in der Familie kommt sicherlich auch durch die Gewalt in den Medien.
Welche Bestrebungen haben Sie ressortübergreifend in diesen Belangen?
18.) Aus diversen Gesprächen mit Jugendrichtern konnte man feststellen, daß die
Mehrheit der Hinweise über Mißbrauch/Mißhandlung aus dem Bereich der
Erziehung ( Kindergarten, Schulen) und aus dem medizinischen Bereich
stammen. Welche begleitenden Maßnahmen gedenken Sie hier einzubringen und
zwar in bezug auf Einbindung der ,,Erstmelder"‘ in eine Art „Vorhilfeprogramm"?
Diese Personengruppen stehen bereits in einer besonderen Schweigepflicht und
könnten so optimal eingebunden werden.
19.) Wieviele Fälle von Kindesentzug der leiblichen Eltern gibt es pro Jahr und pro
Bundesland?
20.) Wieviele Fälle von Zuweisungen von Kindern und Jugendlichen an Pflegeeltern
gibt es pro Jahr und pro Bundesland?
21.) Welche Ergänzungen sehen Sie im Sexualstrafrecht auf die Verjährungsfrist der
Tat im Hinblick auf die lange Aufarbeitungszeit der Opfer?
22.) Wie sehen Sie angesichts dieser Problematik, eine etwaige Lockerung der
Adoptionsbestimmungen?
23.) Wie sieht die Bestellung der Jugend - und Kinderrichter/Anwälte effektiv aus?
Wie wird dessen fachliche Kompetenz überprüft?