4442/J XX.GP
der Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie
betreffend Verwertung und Entsorgung von Verpackungen
Die Grünen haben von Anfang an darauf hingewiesen, daß es sich bei der
Verpackungsverordnung (VVO) in Wirklichkeit um eine Kunststofförderungs - und
Verbrennungsverordnung handelt. Mit Abfallvermeidung hatte und hat diese Verordnung
wenig zu tun. Eine Reduzierung der Abfallmengen konnte nicht erreicht werden (BAWPL
‚95). Es türmen sich, nach wie vor, riesige Mengen an Kunststoffverpackungen, um die es
einen ungeheuren Wettbewerb unter den verschiedenen Abfallverbrennungsanlagen
(darunter auch Industrieanlagen) gibt. Die Einwegverpackungen nehmen mit rasantem
Tempo zu und Mehrwegverpackungen verschwinden zunehmend vom Markt!
Die folgenden Zahlen (erhoben von A. C. Nielsen) bestätigen die Kritik der Grünen
eindrucksvoll. So stieg von Juli 1996 bis November 1997 der Anteil der
Kunststoffverpackungen bei Mineralwässern von 2,7% auf 24,4%. Der Einweganteil
beträgt dabei bereits 15,5%. Dementsprechend sank der Anteil der Glasflaschen von 97,3 %
auf 75,6%. Ähnlich ist die Entwicklung bei Limonadenverpackungen. Folgende Abbildung
veranschaulicht die Zunahme der Einwegverpackungen bei Limonaden auf Kosten von
Mehrwegverpackungen.
Die an dieser Stelle angefertigte
Tabelle(Abb.) konnte nicht gescannt werden !!!
Diese Entwicklung auf dem Verpackungssektor ist jedoch die logische Folge einer
verfehlten - nicht auf Vermeidung basierenden - Abfallpolitik. Mittlerweile wurde durch
die Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes (EU - Novelle 1996) das kunststoffördernde
System der Verpackungsverordnung sogar gesetzlich verankert. Mit dieser Novellierung des
AWG wurde auch die Priorität "Abfallvermeidung" aufgegeben und der Weg in die
geplante flächendeckende Müllverbrennung vorbereitet.
Die in § 1 Abs 2 Z 2 gewählte Formulierung ‚Abfälle sind stofflich oder thermisch zu
verwerten , ...bedeutet erstmals die gesetzliche Gleichstellung der Abfallverbrennung mit
der stofflichen Abfallverwertung. Diese Vorgangsweise bedeutet defacto den Einstieg in die
- sichtlich auch vom Umweltminister angestrebte - flächendeckende Abfallverbrennung. Die
gesetzliche Gleichsetzung der thermischen mit der stofflichen Verwertung bedeutet einen
der größten Rückschritte in der Abfallpolitik der letzten Jahre.
Die Novellierung des AWG liefert nun auch die gesetzliche Grundlage für die
Verpackungsverordnung (VVO), die, wie schon die Vergangenheit zeigte, keine
abfallvermeidende Auswirkungen hat, sondern vor allem Kunststoffverpackungen salonfähig
machen soll. Bereits in den ersten Jahren des Wirksamwerdens der VVO zeigte sich, daß
etwa bei Limonadenverpackungen der Einweganteil um 10% angestiegen ist, während
Mehrwegverpackungen im selben Ausmaß zurückgegangen sind. Gleichzeitig stellte sich
heraus, daß dieses System auch völlig unökonomisch war. Zudem hob der
Verfassungsgerichtshof in zwei Entscheidungen Teile der VVO als verfassungswidrig auf.
Die Novellierung des AWG diente nun einerseits der Behebung der rechtlichen
Unklarheiten und andererseits soll das System ökonomischer gestaltet werden. Von der
ursprünglichen Ausrichtung, namlich abfallvermeidend zu wirken, ist schon längst
abgegangen worden. Diese Novellierung ermöglicht die Weiterführung dieses
kunststoffördernden Systems und die massive Forcierung der Müllverbrennung. Das
ursprüngliche Ziel mittels einer Novellierung des AWG die Möglichkeit eines Wettbewerbs
zwischen verschiedenen Sammel - und Verwertungssystemen zu fördern, wurde verfehlt.
Die Ineffizienz der bestehenden Strukturen wurde im wesentlichen beibehalten.
Abfallwirtschaftsgesetz, Deponieverordnung und Verpackungsverordnung bilden nun eine
Einheit mit einem einzigen Ziel: nämlich den Einstieg in die flächendeckende
Müllverbrennung!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Umwelt, Jugend
und Familie folgende
ANFRAGE:
1. Ist Ihnen diese Entwicklung bekannt bzw befürworten Sie diese Entwicklung?
2. Sehen Sie diese Entwicklung völlig losgelöst von der österreichischen Abfallpolitik
oder ist diese Zunahme von Einwegverpackungen und von Kunststoffverpackungen
nicht auch Resultat der Verpackungsverordnung
und der Novellen zum AWG?
3. Werden sie etwas gegen die Fortsetzung dieser Entwicklung unternehmen; wenn ja,
was gedenken Sie zu tun?
4. Treten Sie nach wie vor für die Hausmüllverbrennung ein?
Wenn ja; wieviele Hausmüllverbrennungsanlagen (mit welcher Kapazität) sind Ihrer
Meinung nach für Österreich notwendig?
5. Glauben Sie, daß neue österreichische Abfallverbrennungsanlagen unter dem Aspekt
der Liberalisierungsbestimmungen der EU für verwertbare Abfälle ökonomisch
überhaupt überlebensfähig sind (Stichwort: EU - weite Gleichsetzung der stofflichen
und thermischen Verwertung von Kunststoffen)?
6. Ist Ihnen die Entwicklung am deutschen Abfallsektor bekannt? Ist Ihnen weiters
bekannt, daß der Großteil der deutschen Müllverbrennungsanlagen nicht ausgelastet
smd und Abfälle - auch aus dem Ausland - zu Dumpingpreisen verbrennen?
7. Wie soll Ihrer Meinung nach die Konkurrenzfähigkeit von Müllverbrennungsanlagen
gewährleistet werden? Denken Sie dabei auch an Abfallimporte, um für geplante
Ardagen, wie die der AVN in Niederösterreich, eine Auslastung zu gewährleisten?
8. Denken Sie an ein planwirtschaftliches Instrument, wie etwa einen
Kontrahierungszwang für alle Abfallproduzenten?
9; Werden Sie diese Entwicklung hin zu Einwegverpackungen hinnehmen, oder werden
Sie konkrete Maßnahmen hinsichtlich Abfallvermeidung und sinnvoller
Abfallverwertung erlassen; wenn ja, welche?
10. Können sie sich eine baldige diesbezügliche Novellierung der VerpackungsVO
vorstellen?
11. Halten Sie unter den vorherrschenden Bedingungen und hinsichtlich der Gleichsetzung
von stofflicher und thermischer Verwertung die Sammlung von Kunststoffen noch für
sinnvoll bzw. gerechtfertigt?