4462/J XX.GP

 

des Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend österreichischem Interesse an einer gemeinsamen europäischen Rüstungsindustrie

In einem Gespräch mit Hans Rauscher erklärten Sie Ihre Haltung in der Nato - Debatte

damit, daß Sie „auch aus wirtschaftlichen Gründen“ auf eine „eigenständige europäische

Sicherheitsstruktur gepocht haben“ (Standard, 4.05.1998). Weiters haben Sie erklärt, daß

sich Europa „nicht technologisch von den Amerikanern abhängig machen daf. Ein guter

Teil der modernen Elektronik und Telekommunikation geht von der Rüstungsindustrie aus

und da müssen wir selbst etwas entwickeln. Da sind auch Arbeitsplätze drin. Daher werden

wir in zehn Jahren eine wirkliche GASP (Gemeinsame Außen - und Sicherheitspolitik) und

einen „Mr. Gasp“ haben. Wenn die WEU mit der EU verschmolzen werden kann, dann ist

das ein großer Schritt. Dann wird es ein eigenes europäisches Kommando geben und auch

die notwendige Technologie. In zehn Jahren werden wir so wie heute zur Euro - Einführung

nach Brüssel fahren und die GASP beschließen.“ (Standard, 4.05.1998.)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1) Sind die Aussagen von Ihnen im Standard vom 4.Mai 1998 richtig wiedergegeben?

Wenn Ja:

2) Wie interpretieren Sie, Herr Bundeskanzler, die globalen Wirtschaftsdaten (s.a. B.I),

aus denen hervorgeht, daß die US - amerikanische Rüstungsindustrie inzwischen auch

den europäischen Markt - sowohl unter Nato - Mitgliedsländern, als auch in

osteuropäischen Staaten - dominiert?

3) Gerade in den vergangenen zehn Jahren ist die Rüstungsindustrie weltweit in die

tiefste Krise der Nachkriegsgeschichte geschlittert. Osterreich blieb von dieser

Strukturkrise angesichts einer kleinen Rüstungswirtschaft weitgehend verschont.

Erachten Sie es für eine volkswirtschaftliche Begünstigung, daß die Republik

Österreich in den vergangenen Jahren relativ geringe Mittel in die Entwicklung und

Produktion von Rüstungshochtechnologie investiert hat?

4) In welchem Segment sehen Sie, bei derartigen globalen Umsatzeinbrüchen in den

vergangenen zehn Jahren, für die österreichische Rüstungindustrie zukünftig

Marktchancen?

5) Von welchem derzeit bestehenden Umsatzumfang der österreichischen

Rüstungsindustrie gehen Sie aus und in welchen Sektoren sind österreichische

Betriebe aktiv?

6) Sind Ihnen entsprechende Wirtschaftsgutachten bekannt, die Ihre Aussagen im

Standard - Gespräch vom 4.05.1998 untermauern? Wenn Ja, welche und welche

politischen Schlüsse ziehen Sie daraus?

7) Durch welche Projekte können in dem von Ihnen beschriebenen Rahmen einer

europäischen Rüstungsindustrie Ihrer Auffassung nach Arbeitsplätze geschaffen

werden?

8) Für welche Firmen und Produktionsstätten in Österreich gibt es Ihrer Ansicht nach

Chancen in einem gemeinsamen Rüstungsmarkt der EU zu bestehen?

9) Gerade die osteuropäische Rüstungsindustrie - insbesondere jene Rußlands - erlebt die

schwerste Krise seit ihrem Bestehen. Diese Krise kann sowohl in Rußland wie auch

geopolitisch destabilisierend wirken. Sehen Sie es Herr Bundeskanzler nicht für

wirtschaftlich lohnender und sicherheitspolitisch wertvoller an, wenn österreichische

Wirtschaftsbetriebe in Umrüstungsprojekte hin zu ziviler Produktion für diese am

schwersten leidenden Wirtschaftsbereiche in Osteuropa investieren würden, anstatt in

die Entwicklung einer eigenen Rüstungswirtschaft der EU?

10) Ein gemeinsamer Rüstungsmarkt in der EU ist wirtschaftlich gegen übermächtige US -

Konkurrenz weitgehend chancenlos und sicherheitspolitisch durchaus gefährlich.

Gerade mit Rußland könnte die Konstituierung eines derartigen gemeinsamen EU -

Marktes eine neue Runde des Wettrüstens auslösen. Könnten wirtschaftliche Interessen

der Rüstungsindustrie in der EU eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur

verhindern?

 

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