4491/J XX.GP

 

der Abgeordneten Dipl. - Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Herbert Haupt

und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend das bedenkliche Verhalten des Bundesministerium für Inneres

anläßlich der Einstellung der Tätigkeit des Vereines “Dichterstein Offen -

hausen”

Die Bezirkshauptmannschaft Wels - Land hat mit Bescheid vom 24. April 1998 zu

Sich0l - 111 - 1989/P/ZE die Tätigkeit des Vereines “Dichterstein Offenhausen” eingestellt.

Dieser Bescheid wurde um 11:15 Uhr im Hause an die Postabteilung weitergegeben und

konnte erst am nächsten Tag gegen 17:00 Uhr rechtswirksam zugestellt werden.

Die "Austria Presse - Agentur” (APA) hat jedoch in einer Aussendung vom 24. April

1998 zu OTS088 5 II 0453 NINOO1 bereits um 10:39 Uhr eine Nachricht ausgesendet, die

dieser Anfrage angeschlossen ist und die folgendermaßen betitelt ist:

“Innenminister stellte Tätigkeit des Vereins “Dichterstein Offenhau -

sen” ein”.

Diese Meldung endet mit dem Rückfragehinweis:

“Bundesministerium für Inneres

Cornelia Zoppoth

Tel.: (01) 53 126/2042”

Das Bundesministerium für Inneres hat in seiner merkwürdig hektischen und daher auch

verdächtigen Eile übersehen, daß für die Erlassung eines Bescheides, mit dem die Tätigkeit

eines Vereines eingestellt wird, gem. § 28 Abs. 1 des Vereinsgesetzes 1951 die jeweilige

Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist.

Die oben angeführte APA - Meldung schließt, wie folgt:

“Die Sicherheitsbehörden werten die Ehrungen dieser Personen als

dem Wiederbetätigungsverbot des § 3 Verbotsgesetz zuwiderlau -

fende Handlungen, die in keinem Statut eines Vereines nach öster -

reichischem Recht Deckung finden können. Das geplante Treffen

des Vereines ist als dem Verbot der Wiederbetätigung wider -

sprechende Veranstaltung zu sehen.”

In diesem Zusammenhang muß der Bundesminister Für Inneres denn doch auf folgende

Tatsachen aufmerksam gemacht werden:

a) Der Bundeskanzler a. D., Dr. Franz Vranitzky, hat am 12. Juli 1993 dem Landes -

hauptmann von Oberösterreich a. D., Dr. Josef Ratzenböck, folgendes geschrieben:

“Bisher gab es jedoch keine rechtliche Handhabe, gegen den Verein,

dessen Vorstand oder einzelne Vereinsmitglieder mit behördlichen

Maßnahmen vorzugehen.”

b) Der ehemalige Bundesminister für Inneres, Dr. Caspar Einem, hat eine schriftliche

parlamentarische Anfrage am 11. Juli 1995 unter 1117/AB, wie folgt, beantwortet:

“Die Vereinsaktivitäten, insbesondere die jährlichen ‚Dichterstein -

treffen‘ werden von den zuständigen Sicherheitsbehörden vor allem

Im Hinblick auf die Bestimmungen des Verbotsgesetzes und des

Staatsvertrages von Wien 1955 laufend überwacht. Es wurden

mehrmals Sachverhaltsdarstellungen an die zuständige Staatsan -

waltschaft übermittelt, welche jedoch bisher zu keinen strafgericht -

lichen Schritten geführt haben. Es ergab sich daher auch keine

rechtliche Handhabe für vereinsbehördliche Maßnahmen. Die inten -

siven Überwachungsmaßnahmen werden jedoch weiterhin aufrecht

erhalten.”

c) Der Aktenvermerk der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom

27. März 1997, Zahl: Vr-827/1992 dürfte der Aufmerksamkeit des Herrn Bundes -

ministers für Inneres sowie der Frau Cornelia Zoppoth in der Eile entgangen sein,

denn dort heißt es noch im Vorjahr unzweideutig:

“Dem Vereinsakt zufolge, wurden über Auftrag des BMI...bereits

Erhebungen betreffend des Verdachtes einer gegen das Verbots -

gesetz verstoßenden Vereinstätigkeit geführt; mit Eingabe vom

4.8.1992 hat das Dokumentationsarchiv des österreichischen

Widerstandes ebenfalls eine Überprüfung der Vereinstätigkeit

beantragt...

In beiden Fällen wurden Ermittlungen eingeleitet und das Ergebnis

der Staatsanwaltschaft Wels zugeleitet, die die im Jahre 1990

erstattete Anzeige am 10.10.1990 gem. § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt

hat und die im Jahr 1992 erstattete Anzeige am 4.9.1992.

Seither sind keine Anlässe bekanntgeworden, die Anlaß zu einer

vereinsrechtlichen Überprüfung des Bestandes des Vereins geboten

hätten.”

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres

folgende

Anfrage:

1.) Nachdem der genannte Verein seit über 34 Jahre bestand und die Staatsanwaltschaf -

ten die Anzeigen und Sachverhaltsdarstellungen übelwollender Kreise stets als unbe -

gründet einstellen mußten, gegen den Verein also nichts vorlag, die Veranstaltungen

des Vereines, die von der Staatspolizei überwacht wurden, nicht öffentlich

zugänglich waren, können Sie einen nachvollziehbaren Grund dafür anführen,

warum der Vereinsvorstand - noch ehe der Bescheid rechtswirksam zugestellt

werden konnte - aus Hörfunk und Zeitungen von der Einstellung der Tätigkeit des

Vereines erfahren mußte?

2.) Können Sie die Aussage des Altbundeskanzlers Dr. Franz Vranitzky widerlegen? -

Wenn ja, wie begründen Sie diese Widerlegung? -

Wenn nein, welche Gründe könnten den Altbundeskanzler veranlaßt haben, einen

möglicherweise der “Wiederbetätigung schuldigen” Verein nicht sofort zu verbieten

und sich dadurch möglicherweise selbst des Verbrechens des Amtsmißbrauches

schuldig zu machen?

3.) Können Sie die Aussage Ihres Amtsvorgängers, Dr. Caspar Einem, widerlegen? -

Wenn ja, wie begründen Sie diese Widerlegung? -

Wenn nein, welche Gründe könnten Ihren Amtsvorgänger veranlaßt haben, einen

möglicherweise der “Wiederbetätigung schuldigen"  Verein nicht sofort zu verbieten

und sich dadurch möglicherweise selbst des Verbrechens des Amtsmißbrauches

schuldig zu machen?

4.) Ist der Inhalt des Aktenvermerkes der Sicherheitsdirektion für das Bundesland

Oberösterreich vom 27. März 1997 tatsachen - bzw. rechtswidrig? -

Wenn ja, wie begründen Sie diese Tatsachen - bzw. Rechtswidrigkeit ? -

Wenn nein, welche Gründe könnten die Verantwortlichen der Vereinsabteilung der

Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich veranlaßt haben, einen

möglicherweise ‚der “Wiederbetätigung schuldigen” Verein nicht sofort zu verbieten

und sich dadurch möglicherweise selbst des Verbrechens des Amtsmißbrauches

schuldig zu machen?

5.) Bekanntlich hat niemand ein Anrecht, die Auflösung eines Vereines zu beantragen

und sohin vermag niemand, der solches fordert, jemals die Stellung einer Partei zu

erreichen,. Welche Rechtsgrundlage ermöglicht es dem “Dokumentationsarchiv des

österr. Widerstandes” (DÖW) die ,, Überprüfung der Vereinstätigkeit” bei genann -

tem Verein zu “beantragen”?

6.) Haben Sie in der gegenständlichen Rechtssache von Ihrem Weisungsrecht Gebrauch

gemacht? -

Wenn ja, sind Sie bereit, den vollen Wortlaut dieser Weisung bekannt zu geben?

OTS088 5 II 0453 NINOO1  24.Apr 98

Inneres/Sicherheit/Österreich ***ORIGINALTEXT - SERVICE***

Innenministerium stellt Tätigkeit des Vereines “Dichterstein

Offenhausen” ein

Wien (OJS) - Nach eingehender Prüfung der Tätigkeit und des

Programmes des für heuer geplanten “Dichtersteintreffens” des

“Vereines Dichterstein Offenhausen” durch das Bundesministerium für

Inneres und der befaßten Sicherheitsbehörden stellt die

Bezirkshauptmannschaft Wels - Land jegliche Tätigkeit des Vereines

umgehend ein. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland

Oberösterreich wird gleichzeitig ein Verfahren zur Auflösung des

Vereines wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung einleiten.

Die einschlägige Ausrichtung des Vereines und die beabsichtigten

Ehrungen im Rahmen des Treffens Ende April 1998 geben den Behörden

Anlaß zur Annahme. daß ein Verstoß gegen §3 Verbotsgesetz vorliegt.

Der §3 des Verbotsgesetzes besagt. “daß es jedermann untersagt ist.

sich, für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen”.

Die Entscheidung der Sicherheitsbehörden, die Tätigkeiten des

Vereines einzustellen, stützt sich unter anderem auch auf ein

Rechtsgutachten von Univ.Prof.DDr. Heinz Mayer, der aufgrund von

Publikationen des Vereines zum Ergebnis fortgesetzter

Wiederbetätigung kommt.

Der “Verein Dichterstein Offenhausen” besteht seit 1963 und kann

als Kulturverein mit stark ausgeprägter deutschnationaler Tendenz

eingestuft werden. Bekannt wurden die sogenannten “Treffen der

Schriftsteller und des Freundeskreises”, auch “Offenhausner

Begegnungen” und “Kulturtage” genannt.

Im Zuge dieser Veranstaltungen werden Ehrungen durch den Verein

vorgenommen, insbesondere durch die posthume Widmung von

Namenssteinen, die Verleihung des sogenannten “Dichterschildes” und

die Überreichung eines nach dem Vereinsgründer benannten “Joseph

Hiess - Gedenkpreises”.

Es wurden bereits in den letzten Jahren in mehreren Fällen

Sachverhaltsdarstellungen über einzelne Tätigkeiten des Vereines und

Veranstaltungen der Staatsanwaltschaft zur Beurteilung übermittelt.

Bei der diesjährigen Veranstaltung war unter anderem eine

Feierstunde zur Enthüllung eines Namenssteines für Robert Verbelen

mit Würdigungsrede und anschließendem Gang zum Dichterstein und ein

Festakt zur Übergabe des Dichtersteinschildes 1998 an Konrad Windisch

mit Preisrede vorgesehen.

Der 1990 verstorbene Robert Jan Verbelen gehörte im 2. Weltkrieg

einer Waffen - SS Brigade an. war Stabsleiter der Deutsch - Flämischen

Arbeitsgemeinschaft “De Vlag” und schließlich als Führer des

“Sicherheitskorps - Flandern” an Aktionen gegen in Belgien tätige

Partisanen beteiligt. Verbelen wurde in Belgien mit Urteil vom 14.

Oktober 1947 in Abwesenheit wegen Mordes zum Tode verurteilt. Er

verfaßte zahlreiche einschlägige Bücher und hielt revisionistische

und die NS - Zeit glorifizierende Vorträge.

Konrad Windisch zählt seit den frühen 50er Jahren zu den

Spitzenvertretern der rechtsextremen Szene in Österreich. Er wurde

mehrmals wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz verurteilt. Am 3.

Oktober 1996 wurde er in seiner Eigenschaft als “Schriftleiter” einer

periodischen Druckschrift gemäß §3 Verbotsgesetz in sieben Fällen