4500/J XX.GP
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Grenzkontrollstempel in Reisepässen österreichischer Staatsbürger
Die unterzeichneten Abgeordneten ereilten in letzter Zeit vermehrt Nachrichten darüber, daß an den
Grenzübertrittsstellen zur Tschechischen und zur Slowakischen Republik, insbesondere in
Drasenhofen und Berg, österreichische Grenzkontrollorgane in den Reisepässen österreichischer
Staatsbürger deren Einreise in bzw. deren Ausreise aus dem Bundesgebiet durch einen Einreise - bzw.
Ausreisevermerk (Stempel) ersichtlich machen.
Die Ein - bzw. Ausreise betrifft einen Umstand des Privatlebens von Bürger/innen, an dessen
Geheimhaltung sie ein durchaus berechtigtes und schutzwürdiges Interesse haben. Die Ersichtlich -
machung dieses Umstands im Reisepaß, der in vielen Lebenslagen anderen sowie Behörden
vorzuweisen ist, greift daher in verschiedene grundrechtlich garantierte Positionen ein (Art. 8 EMRK,
§ 1 DSG, Art. 5 StGG, Art. 11. ZP EMRK, Art.4StGG,...).
Den unterzeichneten Abgeordneten ist nicht ersichtlich, welchem (zulässigen) Zweck die Ersichtlich -
machung der Ein - bzw. Ausreise von österreichischen Staatsbürgern dienen soll. Den unterzeichneten
Abgeordneten ist darüber hinaus keine Gesetzesstelle bekannt, auf die diese Ersichtlichmachung in
den Reisepässen österreichischer Staatsbürger gestützt werden kann. Die allgemein anerkannten
Regeln des Völkerrechts (Art. 9 B - VG) sehen jedenfalls die Ersichtlichmachung des Grenzübertritts
von Inländern - einem reinen Inlandssachverhalt - sicher nicht vor.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellten daher an Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, eine
Anfrage, die Sie am 23.04.1998 beantworteten (Nr. 3729/AB, XX. GP). Sie teilten darin mit, daß Sie
bereits im Dezember 1997 alle Grenzkontrollbehörden angewiesen haben, in Grenzübertrittspapiere
von EU - Bürgern (und damit auch von österreichischen Staatsangehörigen) keine derartigen Stempel -
abdrücke anzubringen. Bei den o.a. Vorfällen könne es sich daher nur um Fehlleistungen handeln, die
er zum Anlaß nehmen werde, “den Behörden die in diesem Zusammenhang anzuwendenden
Bestimmungen in Erinnerung zu rufen”.
Den unterzeichneten Abgeordneten wurde nun jedoch eine Auskunft der Sicherheitsdirektion für das
Bundesland Niederösterreich bekannt (Zahl: “1-27/98; Kopie anbei), in der diese einem betroffenen
Inländer, nach dem Auskunftspflichtgesetz hinsichtlich derartiger Stempelabdrücke in österreichischen
Reisepässen folgendes mitteilte:
1. Diese Grenzkontrollstempel dienen dazu, im Reisepaß eines Österreichers ersichtlich zu machen,
daß er die Staatsgrenze in Richtung Ausland bzw. Inland überschritten hat und wann und wo
dies erfolgte.
2. Für die Anbringung eines solchen Grenzkontrollstempels bedürfe es keiner gesetzlichen
Grundlage, weil diese Ersichtlichmachung der Tatsache, des Orts und der Zeit der Aus - bzw.
Einreise die
betroffenen Staatsbürger in keinerlei Rechten berührten.
In Erledigung des Devolutionsantrages vom 09.03.1998 teilt die Sicherheitsdirektion
Niederösterreich folgendes mit;
Die Grenzpolizei, d.h. die Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes
aus ihm, ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache (Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG),
gemäß § 2 Abs. 2 SPG Teil der Sicherheitsverwaltung und wird von den
Sicherheitsbehörden des Bundes zu denen auch die Bezirksverwaltungsbehörden gehören,
vollzogen (Art. 78a Abs. 1 B - VG, § 4 Abs. 2 SPG). Diese sind bei Vollziehung von
Angelegenheiten der Bundesverwaltung funktionell Bundesbehörden.
Die Annahme, daß sich diesfalls auch die Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz
des Bundes, BGBI. Nr. 287/1987 idgF, richtet und die Bezirksverwaltungsbehörden als
“Organe des Bundes im Sinne von § 1 Abs. 1 leg. cit. anzusehen sind, liegt somit auf der
Hand. Andernfalls wäre die Auskunftspflicht hinsichtlich ein und derselben Rechtsmaterie in
jedem Bundesland anders zu beurteilen. Die in der gegenüber der Bezirkshauptmannschaft
Mistelbach abgegebenen Stellungnahme vom 30.03.1998 vertretene Rechtsansicht wird
diesbezüglich geteilt
Da die BH Mistelbach die gewünschte Auskunft nicht gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz,
BGBI. Nr.287/1987 idgF. erteilt, andererseits aber auch keinen Bescheid erlassen hat, ist
der gegenständliche Devolutionsantrag zulässig und die gewünschte Auskunft betreffend die
Grenzkontrolle am 06.08.1998 von der Sicherheitsdirektion Niederösterreich zu erteilen.