4527/J XX.GP
der Abg. Dr. Povysil, Aumayr, Mag. Schweitzer
und Kollegen
an die Bundesministerin für Frauenfragen und Verbraucherschutz
betreffend radioaktive Wolke über Mitteleuropa - Auswirkung
auf Österreich
In der ersten Juniwoche wurde bei der Meßstation Monte Ceneri
im Tessin (Schweiz) eine um das Hundertfache erhöhte Radio -
aktivität gemessen. Laut IAEO betrug die in Deutschland,
Frankreich, Italien und der Schweiz gemessene erhöhte Strahlung
zwischen 150 und 2100 Mikrobecquerel pro Kubikmeter Luft, im
Vergleich zum sogenannten Normalwert von 1 - 2 Mikrobecquerel.
Aus Österreich wurden keine Meßwerte bekanntgegeben, obwohl
sich unsere Republik seit Tschernobyl ein kostspieliges Meß -
und Informationssystem leistet, das der Bundesministerin im
Bundeskanzleramt zugeordnet ist.
Die IAEO konnte sich angeblich bis 14. Juni 1998 nicht erklären,
woher die nahezu ausschließlich aus dem äußerst langlebigen
Radionuklid Cäsium 137 stammende Kontamination der Luft über
Mittel - und Südeuropa herrührt, obwohl einzelne Meßstellen schon
Anfang Juni Hinweise auf Spanien geben konnten.
Als Verursacher stellte sich schließlich das Unternehmen Acerinox
in Algeciras, Südspanien, heraus, in dessen Schrottschmelze
gemeinsam mit einem Apparat zum Sterilisieren von Blutkonserven
ein Behälter mit Cäsium 137 angeblich irrtümlich mitverbrannt
wurde. Dieser Vorfall passierte schon vor dem 25. Mai 1998,
das Strahlenschutzamt CSN in Madrid wurde davon angeblich erst
am 9. Juni informiert und gab diese Information erst drei Tage
später an die anderen EU - Partner weiter.
In der Zwischenzeit verbrachten die Österreicher, aber auch
die Bewohner anderer europäischer Staaten “strahlende” Pfingst -
ferien im In - und Ausland, an Badestränden und auf Bergen, ohne
von offizieller und zuständiger Stelle auch nur mit einem Wort
gewarnt zu werden.
Es ist erschütternd, daß das kostspielige Warn - und Alarmsystem
nicht nur bei Vorfällen im Osten und Südosten Europas (z.B.
anläßlich des Erdbebens in der Umgebung des AKW Krsko, Slowenien)
kläglich versagt, sondern daß auch von den so vielgerühmten
westlichen Sicherheitsstandards im Rahmen der EU offensichtlich
nichts zu halten ist.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau
Bundesministerin für Frauenfragen und Verbraucherschutz die
nachstehende
Anfrage:
1. An welchen Tagen seit 15.5.1998 war das kostspielige
österreichische Strahlenfrühwarnsystem nicht voll
funktionstüchtig ? Warum ?
2. Was gilt in Österreich als sogenannter Normalwert
a) für Cäsium 134,
b) für Cäsium 137
pro Kubikmeter Luft in Mikrobecquerel ?
3. An welchen Tagen seit 15.5.1998 wurde dieser sogenannte
Normalwert
a) für Cäsium 134,
b) für Cäsium 137,
an welchen österreichischen Meßstellen überschritten ?
4. Welche
a) österreichischen,
b) europäischen,
c) internationalen
Institutionen und Behörden wurden wann von diesen Meßwerten
informiert ?
5. Wann erhielten die zuständigen österreichischen Stellen
erstmals Mitteilungen über Normalwertüberschreitungen
bei Cäsium in anderen europäischen Ländern ?
Von wem ?
6. Wann wurden Sie von der IAEO erstmals über
a) die Normalwertüberschreitungen an Cäsium,
b) den Verursacher in Spanien
in Kenntnis gesetzt ?
7. Warum haben Sie die österreichische Bevölkerung nicht
rechtzeitig, also vor Beginn der Pfingstferien, vor
a) Reisen in Länder mit erhöhten Cäsiumwerten (Schweiz,
Italien, Frankreich, Deutschland, Spanien),
b) Aufenthalten im Freien
gewarnt ?
8. Haben Sie nach dem Bekanntwerden erhöhter Cäsiumwerte in
der Luft entsprechende Niederschlagsmessungen durchführen
lassen ?
Wenn ja: mit welchen Ergebnissen ?
Wenn nein: warum nicht ?
9. Haben Sie nach den beträchtlichen Niederschlägen in der
Vorwoche entsprechende Bodenmessungen durchführen lassen,
um die Cäsiumwerte im Boden zu aktualisieren ?
Wenn ja: mit welchen Ergebnissen ?
Wenn nein: warum nicht ?
10. Was werden Sie auf europäischer Ebene zur Optimierung des
offensichtlich nicht funktionierenden Warn- und Alarmsystems
zwischen den EU -
Partnern unternehmen ?
11. Was werden Sie unternehmen, um die nukleare Desinformations-
politik der IAEO vor den internationalen Gremien aufzudecken
und diese Geheimniskrämerei zu Lasten der Gesundheit der
mitteleuropäischen Bevölkerung zu beenden ?
12. Was werden Sie unternehmen, um das kostspielige
österreichische Strahlenfrühwarnsystem so optimal zu
betreiben, daß endlich - 12 Jahre nach Tschernobyl -
die Bevölkerung rechtzeitig vor Nuklearzwischenfällen
gewarnt werden kann ?