4561/J XX.GP
der Abgeordneten Mag. Stadler
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Aussagen des Bundesministers für Justiz zu dem gegen führende Repräsen -
tanten der Regierungsparteien erhobenen Vorwurf von Kontakten zur Ost - Mafia
Vor einigen Wochen erhob der Mafia-Experten Jürgen Roth im Rahmen eines ORF - Live -
Interviews den Vorwurf, der früheren Bundeskanzler Dr. Vranitzky habe Kontakte zur
Ost-Mafia gepflegt. Die Freiheitlichen sind diesen Anschuldigungen weiter nachgegan -
gen und mußten feststellen, daß es umfangreiche Indizien dafür gibt, daß mehrere
führende Repräsentanten der Regierungsparteien enge Kontakte zu Mitgliedern der Ost -
Mafia hatten oder noch haben; sie haben sich - wie es ihrer Aufgabe als Oppositions -
partei in der Demokratie entspricht - auch bemüht, alle diesbezüglichen Informationen
der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Der Bundesminister für Justiz äußerte nun in einem am 5. Juni 1998 veröffentlichten
Interview im Zusammenhang mit diesen Mafia - Vorwürfen des Bundesobmanns der
Freiheitlichen folgende Ansicht: “Im Interesse des Ansehens der Politik im Lande, aber
auch Österreichs in der Welt sind solche Behauptungen dringend zu unterlassen.
“Das ist öffentlich hinreichend klargestellt. Manche Anschuldigungen wurden zu Un -
recht erhoben. Aber es gibt dazu keinerlei Strafanzeigen.”
An diesen Äußerungen ist einiges verwunderlich:
Wenn es zu den Vorwürfen bisher keine Strafanzeigen gibt und demnach auch noch
keine gerichtliche Überprüfung erfolgt ist, stellt sich die Frage, aufgrund welcher Infor -
mationen der Bundesminister für Justiz so dezidiert feststellen kann, manche Anschuldi -
gungen seien zu Unrecht erhoben worden.
Andererseits läßt die - wörtlich wiedergegebene - Formulierung erkennen, daß einige
Anschuldigungen demnach sehr wohl zu Recht erhoben wurden.
Der Wunsch, im Interesse des Ansehens der Politik im Lande, aber auch Österreichs in
der Welt Behauptungen zu unterlassen, die offenbar selbst nach Meinung des Bundes -
ministers für Justiz teilweise gerechtfertigt sind, läßt auf ein sehr seltsames Verhältnis zur
demokratischen Aufgabe einer Oppositionspartei schließen. Wenn ein derartiger
Wunsch zudem von dem für die gerichtliche Verfolgung strafbarer Handlungen zustän -
digen Bundesminister geäußert wird, stellt sich auch die Frage nach dem Amtsver -
ständnis des Bundesministers, der offenbar nicht eine rasche Überprüfung der Vorwürfe
und eine Veröffentlichung der Ergebnisse für notwendig erachtet, sondern die Interes -
sen des Landes für besser gewahrt hält, wenn Vorwürfe nicht überprüft und wenn
möglich nicht einmal veröffentlicht werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an den Herrn
Bundesminister für Justiz die nachstehende
Anfrage:
1.
Sind Ihre eingangs zitierten Aussagen korrekt wiedergegeben?
2. Wenn ja, aufgrund welcher Informationen können Sie beurteilen, daß “manche
Anschuldigungen zu Unrecht erhoben” worden seien?
3. Welche Anschuldigungen wurden - Ihren Aussagen folgend - zu Recht erhoben?
4. Meinen Sie nicht, daß es eher Aufgabe des für die gerichtliche Verfolgung straf -
barer Handlungen zuständigen Bundesministers für Justiz wäre, eine gerichtliche
Klärung durch eine amtswegige Prüfung allfälliger strafrechtlich relevanter Hand -
lungen herbeizuführen als öffentlich dazu aufzufordern, im Interesse Österreichs
von Experten erhobene Vorwürfe nicht einmal zu veröffentlichen?
5. Meinen Sie nicht, daß es in einer Demokratie die Aufgabe einer Opposition ist,
bedenkliche Entwicklungen im Bereich der Regierung öffentlich aufzuzeigen und
damit möglichst frühzeitig zu verhindern?
6. Läuft gegen Jürgen Roth wegen seiner Beschuldigungen derzeit ein Strafver -
fahren?
7. Wurden von den öffentlich namentlich ihrer Kontakte zur Ost - Mafia bezichtigten
Personen bisher Klagen oder Strafanzeigen eingebracht? Wenn ja, von wem und
mit welchem Inhalt?
8. Ist es Ihren Informationen nach international üblich, daß prominente Politiker, die
Kontakten zu mafiosen Gruppen beschuldigt werden, dagegen keine rechtlichen
Schritte unternehmen?