4632/J XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten

betreffend das Verbot der Prostitution in Schweden

Nach Presseberichten verabschiedete der schwedische Reichstag kürzlich ein Gesetz, daß sexuelle

Kontakte zwischen einverständigen Erwachsenen unter Strafe stellt, wenn dafür ein Entgelt bezahlt

wird.

Prostitution wird durch Kriminalisierung in den kriminellen Untergrund gedrängt gleich, ob nur die

Prostituierte, nur der Kunde oder beide verfolgt werden. Die Geschichte sollte uns gelehrt haben,

daß alle Versuche, Prostitution auszumerzen, zum Scheitern verurteilt waren und allen beteiligten

Personen wie der Gesellschaft als solcher massives Leid verursacht haben. Wenn Prostitution in die

Illegalität gedrängt wird, fördert dies die Brutalisierung, die Erpressung und nicht zuletzt zu

Belastungen der SexarbeiterInnen und die Zerstörung ihrer ökonomischen Lebensgrundlagen.

Vor allem aber verletzt das neue schwedische Gesetz, indem es einverständige sexuelle Kontakte

zwischen Erwachsenen unter Strafe stellt, die durch (internationale) Grundrechtskataloge

garantierten fundamentalen Rechte der sexuellen Selbstbestimmung und des Rechts auf Achtung

des Privatlebens (vgl. hiezu u.a. VfGH 8272/78). Die menschliche Würde wurzelt in der Autonomie

des Einzelnen. Einverständige sexuelle Beziehungen im Privaten zu bestrafen, verletzt diese

Autonomie in einem der intimsten und zentralsten Bereiche der menschlichen Persönlichkeit.

Alle Mitglieder unserer Gesellschaft müssen alles daran setzen, um Gewalt und Mißbrauch zu

bekämpfen, ganz besonders Ausbeutung von SexarbeiterInnen durch ZuhälterInnen und

KlientInnen. Einverständige sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen zu kriminalisieren,

verletzt aber die Menschenrechte ebendieser SexarbeiterInnen.

Ganz zu schweigen von der Unbestimmtheit des Begriffs "gegen Entgelt", die nicht nur Kunden

von Prostituierten zu kriminalisieren droht, sondern auch jeden, der jemals einem "gelegentlichen"

Partner materielle Güter zukommen läßt; und auch Personen -, die nicht - entgeltliche "gelegentliche"

sexuelle Kontakte mit Personen haben, die sich auch prostituieren.

Da das neue schwedische Gesetz wird als Maßnahme gegen die Diskriminierung von Frauen

(gerade deren Situation es aber massiv verschlechtern wird) gerechtfertigt wird, erscheint

insbesondere die Kriminalisierung der männlich homosexuellen Prostitution nicht nachvollziehbar.

Die Kriminalisierung einverständiger homosexueller Beziehungen unter Erwachsenen erscheint

daher besonders grotesk.

Schweden begab sich mit diesem Gesetz zu exakt jenem Zeitpunkt zurück auf den Weg der

Repression als in Taipeh der Internationale Kongreß der SexarbeiterInnen (an dem SexarbeiterInnen

aus 14 Nationen, darunter auch aus Schweden, teilnahmen) das Recht der SexarbeiterInnen auf

umfassende Legalisierung ihrer Arbeit bekräftigte und die völlige Entkriminalisierung der

Prostitution forderte (APA63O vom 26. Mai 98).

Auch Österreich hat seit 01.01.1998 die Sexarbeit ("Prostitution") als sozialversicherungspflichtige

Tätigkeit anerkannt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Halten Sie die oben genannten Medienberichte für zutreffend, und wie stellt sich Ihnen der

Sachverhalt dar?

2. Wie lautet die verabschiedete Strafbestimmung genau?

3. Haben Sie bzw. die Bundesregierung oder die österreichische Vertretungsbehörde in

Schweden bei der schwedischen Regierung gegen die menschenrechtswidrige

Kriminalisierung einverständiger sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen Protest

eingelegt?

3.a. Wenn ja, wie ist der Wortlaut des Protestschreibens?

3.b. Wenn nein, warum nicht?