4644/J XX.GP
der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil, Apfelbeck, DI Schöggl, Haigermoser,
Dr. Pumberger und Kollegen
an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales
betreffend Sildenafilcitrat -VIAGRA
Seit 27. März 1998 ist das Potenzpräparat VIAGRA in den USA von der FDA (US -
Arzneimittelbehörde) zugelassen und im Handel auf Rezept erhältlich. In der Woche
werden in den USA rund 20.000 Rezepte auf VIAGRA ausgestellt. In den Medien
wurde auch in Österreich bereits viel über VIAGRA berichtet.
Eine Dosis der ersten Pille gegen Impotenz kostet 9,50 USD, das sind umgerechnet
rund 120,- ATS, rd. 9,23 Euro. (Handelspräparate zu 25 mg, 50 mg und 100 mg mit
jeweils 30 Tabletten) Eine Stunde vor dem Geschlechtsverkehr werden 25 bis 50 mg
des Mittels eingenommen, das ursprünglich als Medikament gegen Herzkrämpfe und
Durchblutungsprobleme entwickelt wurde. Für mehr als zwei Drittel der nach
Angaben bis zu 30 Mio. Amerikaner, die Erektionsprobleme haben, bedeutet die Pille
eine massive Erleichterung im Vergleich dazu, sich ein Potenzmittel in den
männlichen Schwellkörper spritzen oder gar einpflanzen lassen zu müssen.
Nebenwirkungen:
Weltweit warnen Ärzte vor den Nebenwirkungen. Untersuchungen haben gezeigt,
daß bei regelmäßiger Einnahme über ein halbes Jahr jeder Fünfte über
Kopfschmerzen oder Wallungen und jeder Zehnte über Übelkeit klagte. Beobachtet
wurde auch das Auftreten von Durchfällen. Patienten mit hohem Blutdruck und mit
chronischen Krankheiten wird generell von der Einnahme abgeraten. Es kann auch
zu Schädigungen des Sehfeldes und der Netzhaut führen, wenn VIAGRA zu häufig
eingenommen wird. Bisher war als Nebenwirkung des Mittels bereits ein blauer
Schleier bekannt.
Weiters seien andere Wirkungen wie psychische Abhängigkeit und ein Ansteigen
der Zahl der Sexualstraftaten zu befürchten.
Die Bundesärztekammer warnt unterdessen unter dem Titel “Exitus statt Koitus”‘ vor
einer unkontrollierten Einnahme von VIAGRA.
Todesfälle:
Sechs Todesfälle in den USA, drei Männer auf der Intensivstation in Ägypten und
Brasilien nähren Zweifel am "Wundermittel" VIAGRA.
Eine Reihe von VIAGRA - Rezepten sind bereits von österreichischen Urologen zur
Einfuhrbewilligung beim BMAGS (Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und
Soziales) eingereicht. Um den Behördenweg zu beschleunigen hat das Ministerium
mittlerweile seine Kompetenz zur Erteilung der Einfuhrbewilligung an die
Landessanitätsbehörden delegiert.
Das in Österreich nicht zugelassene Präparat wird voraussichtlich eine erste
Anwenderstudie im Juli 1998 mit 200 Patienten erhalten.
Die Firma PFIZER, Hersteller von VIAGRA1 rechnet mit einer europaweiten
Zulassung im Herbst 1998. Aus Kreisen der EU - Kommission soll das Medikament
gegen Impotenz verschreibungspflichtig und lediglich an Männer über 18 Jahre
abgegeben werden. Außerdem sei wegen der möglichen Nebenwirkungen vor der
Einnahme eine Herzkreislauf - Untersuchung notwendig. Der Entscheidungsprozeß
der Kommission soll normalerweise drei Monate dauern.
Kostenlawine und gefährlicher Mißbrauch:
In Deutschland wurde errechnet, daß wenn jeder Mann wie in den USA Anrecht auf
sechs bis acht Pillen im Monat hat, bei sechs bis acht Millionen Patienten mit Kosten
von 13 Mrd. Mark (rd. 91 Mrd. ATS oder 7 Mrd. Euro) zu rechnen ist. Dies wären
rund 40% des deutschen Arzneimitteletats der Krankenversicherungen.
Bei unserem EU - Nachbar Deutschland sowie in der Schweiz und in San Marino ist
das Präparat bereits gegen ärztliche Verschreibung, obwohl noch nicht zugelassen,
in den Apotheken erhältlich.
Das Potenzmittel VIAGRA sollte nach Ansicht der katholischen Kirche nur an
Ehepaare ausgegeben werden.
Ägypten, Jordanien, Israel, Libanon, Saudi - Arabien und die Vereinigten Arabischen
Emirate haben bereits einen Verkaufstopp von VIAGRA aus medizinischen Gründen
verhängt.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher
an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales
folgende
ANFRAGE:
1. Aufgrund der US Erfahrungen haben namhafte Versicherungsgesellschaften
entschieden, daß Männer und Frauen nur sechsmal pro Monat Anspruch auf
Verwendung von VIAGRA haben, alles darüber muß selbst bezahlt werden,
nachdem diese Gesellschaften angesichts dieser Entwicklung mit großen
Erstattungsansprüchen konfrontiert werden.
Wie sehen Sie die medizinischen Indikationen zu VIAGRA und welchen
Schnitt (Pillen/Mann/Frau/Monat) sehen Sie im Rückerstattungsprinzip vor?
2. Welche Grundlagen werden Sie für die Erarbeitung eines Diagnosenkataloges
heranziehen?
3. Wie wollen Sie Potenzstörungen bei Mann und Frau als Krankheit im Sinne des
österreichischen Kassenwesens definieren, unter Bedachtnahme auf
Sozialgerichtsentscheidungen welche “erektile Dysfunktion”‘ durchwegs als Leiden
eingestuft haben?
4. Derzeit ist VIAGRA in Österreich nur auf Klinikanforderung erhältlich. Hier gibt es
aber die Anforderung der "Lebensnotwendigkeit".
Wie wird diese definiert und wie wird diese gehandhabt?
5. Wieviele Anträge im Sinne des österreichischen Arzneiwareneinfuhrgesetzes und
des sogenannten "VIAGRA - Erlasses" haben Sie im Detail einschließlich der
Landessanitätsbehörden seit 27. März 1998
erhalten?
6. Welche Maßnahmen gedenken Sie in Abstimmung mit Ihren Ressortkollegen
und der EU in bezug auf illegale Einfuhr von VIAGRA nach Österreich zu setzen?
7. Werden diese etwaigen Maßnahmen bei allen Möglichkeiten der Einfuhr
umgesetzt werden (Landweg, Luftweg, Wasserstraße, Bahn und Post)?
8. Welche Möglichkeiten, des Bezugsverbotes von VIAGRA in Österreich sehen Sie
im Falle einer EU - Zulassung?
9. Welche Maßnahmen zur Hintanhaltung einer zu befürchtenden Kostenexplosion
im Versicherungswesen gedenken Sie zu setzen?
10. Wurden auch die vermeintlichen bis dato bekannten Folgekosten durch die
Nebenwirkungen berücksichtigt?
11. Die ersten Untersuchungen der FDA zeigen auch eine mögliche Anwendung für
Frauen. VIAGRA fördert möglicherweise eine Vergrößerung der weiblichen
Klitoris. Werden Sie im Falle der Zulassung des Präparates innerhalb der EU
und in Österreich, im Sinne einer "Gleichbehandlun" dieses Präparat auch für
Frauen zulassen?
12. Werden Sie im Sinne der Empfehlungen der katholischen Kirche das Präparat
nur für Paare zulassen? Wenn Nein, warum nicht?
13. Wie werden Sie mit ihren Amtskollegen die mögliche Kostenexplosion auch im
Lichte der zu erwartenden möglichen Steigerung der Geburtenraten und den
damit verbundenen Förderungen ausgleichen können?
14. Keine Studie über VIAGRA zeigt jedoch die mögliche genetische Schädigung
des so entstandenen Embryos auf, obwohl das Medikament seit 1996 erprobt
wird.
Sind Ihrem Ressort Unterlagen bekannt welche eine Schädigung aus -
schließen?
15. Beeinflußt VIAGRA die Reaktionsfähigkeit (z.B. im Straßenverkehr)?