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der Abgeordneten Petrovic, Schmidt, Ablinger, Kolleginnen und Kollegen
au den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend Benachteiligung von Frauen durch das Staatsopernorchester
Laut Bundestheaterbericht 1996/97 sind im Staatsopernorchester nur zwei Frauen tätig,
nämlich zwei Harfenistinnen. Nach der Entscheidung der Wiener Philharmoniker vom 27.
Februar 1997, derzufolge auch Frauen in dieses Orchester aufgenommen werden sollen,
wurden auch mehrere Frauen zum Probespiel für das Staatsopernorchester eingeladen.
Bisher wurde jedoch keine weitere Frau in dieses Orchester aufgenommen.
Der Vorstand der Wiener Philharmoniker Clemens Hellsberg argumentierte in einem
NEWS - Interview (NEWS 13/98) auf die Frage, ob die Philliarmoniker Rassisten seien, weil
sie keine Japaner aufnähmen: "Es ist keine Rede davon, daß wir keine Japaner nehmen. Es
war nur bisher keiner dabei, der vom Spielstil zu uns gepaßt hätte. Wer den nicht hat, wird
nicht genommen, und in Wien studiert zu haben, ist noch keine Garantie. Unsere Musiker
kommen aus 10 Nationen, viele aus der früheren Donaumonarchie, unser neuer Solocellist,
zum Beispiel von der Budapester Oper. Das ist auch eine Sache der kulturellen Tradition.
Das Entscheidende für eine Aufnahme ins Staatsopernorchester dürfte demnach die hohe
Qualität und der Spielstil sein. Den Spielstil eines Orchesters, so versichern Musiker, eigne
man sich am besten all, wenn man mit dem betreffenden Orchester spiele. Gerade daran
dürften aber viele Frauen scheitern. Denn im Staatsopernorchester wurden bislang
ausschließlich Männer als Ersatzkräfte, Substitute akzeptiert. Öffentlich bekannt ist nur ein
Ausnahmefall: Der "Kurier" meldete am 10. März 1998, daß erstmals eine Flötistin im
Orchestergraben gesessen sei. Weitere Pressemeldungen über weibliche Substitute liegen
bislang nicht vor. So lange Frauen nicht auch als Substitute tätig sein dürfen, so lange
werde es Frauen besonders schwer gemacht, die Anforderungen (hohe Qualität und
Spielstil) zu erfüllen, versichern Musiker. Daher müßten Frauen auch als Substitute tätig
sein dürfen.
Daß es zu wenig qualifizierte Frauen für Substitutstätigkeit gibt, scheint unwahrscheinlich.
So schlossen etwa im Studienjahr 1994/95 an der Hochschule für Musik und darstellende
Kunst in Wien insgesamt 161 Frauen und nur 100 Männer ein Studium ab (lt.
Hochschulbericht 1996, Band 2, S 176), im Studienjahr 1995/96 schlossen 85 Frauen und
79 Männer ein Studium ab (lt. Statistischem Taschenbuch 1997 des BM für Wissenschaft
und Verkehr). Das heißt: Es schließen mehr Frauen als Männer ein Studium an der
Hochschule für Musik und darstellende Kunst ab, und es ist kaum anzunehmen, daß
Professoren - darunter mehrere Mitglieder des Staatsopernorchesters - der Wiener
Musikhochschule von Frauen für einen Studienabschluß weniger verlangen als von
Männern.
Das wäre wohl eine Verletzung ihrer Dienstpflicht.
Ein bedeutendes Hindernis für die Aufnahme von weiteren Frauen in das
Staatsopernorchester dürfte also darin liegen, daß sie kaum als Substitute spielen dürfen.
Das bedeutet wiederum, daß Frauen auch in Zukunft kaum Chancen haben werden, in das
Staatsoperorchester aufgenommen zu werden, da sie keine Gelegenheit erhalten, sich den
Spielstil des Orchesters anzueignen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wieviele Männer und wieviele Frauen schlossen in den vergangenen fünf Jahren
jeweils Instrumenten - Studien bei Lehrenden (alle Kategorien: o. HSProfessoren,
HSProfessoren, Gastprofessoren, Hochschulassistenten, Vertragsassistenten
Lehrbeauftragte) an Hochschulen für Musik ab, die gleichzeitig dem Orchester der
Wiener Staatsoper angehören? (Bitte nach Instrumenten bzw. nach Lehrkräften
aufschlüsseln und die Gesamtzahl angeben.)
2. Wieviele Männer und wieviele Frauen schlossen in den vergangenen fünf Jahren
jeweils Instrumenten - Studien bei Lehrenden an Hochschulen für Musik ab? (Bitte nach
Instrumenten bzw. nach Lehrkräften aufschlüsseln und die Gesamtzahl angeben.)
3. Wieviele Lehrende (alle Kategorien) an den österreichischen Musikhochschulen sind
Mitglieder des Wiener Staatsopernorchesters?
4. Ist davon auszugehen, daß sämtliche AbsolventInnen über ein sehr hohes Niveau ihrer
musikalischen Fähigkeiten verfügen bzw. ist insbesondere davon auszugehen, daß
Frauen die akademische Ausbildung nicht mit schlechteren Qualifikationen als Männer
abschließen?
5. Wieviele Männer aus dem Kreis der bei Mitgliedern des Staatsopernorchesters
Studierenden wurden in den letzten fünf Jahren probeweise, ersatzweise oder als
Vollmitglieder in das Staatsopernorchester übernommen?
6. Wieviele Frauen aus dem Kreis der bei Mitgliedern des Staatsopernorchesters
Studierenden wurden in den letzten fünf Jahren probeweise, ersatzweise oder als
Vollmitglieder in das Staatsopernorchester übernommen?
7. Was wird der Wissenschaftsminister unternehmen, um diesen Umstand im Sinne einer
stärkereren Berücksichtigung von Frauen zu ändern?
8. Ein erklärtes und öffentlich unterstütztes Anliegen (Frauenförderplan des BMWV) ist
es, Frauen an Hochschulen und als Absolventinnen von Universitäten und
Hochschulen entsprechend zu fördern, um die Frauengleichstellung im akademischen
Bereich zu beschleunigen. Wie beurteilen Sie es, wenn österreichische Professoren
diese
Zielsetzung der Bundesregierung und des Wissenschaftsministeriums zu vereiteln
trachten? Ist diese Vorgangsweise ein Verletzung der Dienstpflicht durch Professoren
bzw. durch Mitglieder des Staatsopernorchesters?
9. Werden Sie mit dieser systematischen und fortgesetzten Diskriminierung von Frauen
sowohl die Gleichbehandlungskommission als auch die Rektorenkonferenz befassen?
10. Wenn ja, mit welchem Ziel?
11. Wenn nein, warum nicht?
12. Was gedenken Sie sonst gegen die Verweigerung der Gleichbehandlung durch
einflußreiche österreichische Professoren zu tun?