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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag.  Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend die Finanzierung eines Denkmales für die deutsche Wehrmacht im Dritten Reich durch die Bundesregierung und die Teilnahme von österreichischen Bundesheerangehöriger an der Einweihung des Denkmales in Wolgograd

 

 

"(..) Österreichische Soldaten haben als Angehörige der 6. Armee der deutschen Wehrmacht an einem zerstörerischen Eroberungsfeldzug teilgenommen, eine Blutspur durch die ehemalige Sowjetunion gezogen und waren besonders an der Zerstörung von Stalingrad beteiligt Es ist durchaus nachvollziehbar, daß 50 Jahre später das Bedürfnis nach Versöhnung besonders groß ist.  Die Frage ist nur, auf welche Weise das aus heutiger Sicht möglich ist Versöhnung bedeutet sich den historischen Ereignissen ehrlich zu stellen und einen partnerschaftlichen Umgang mit dem ehemaligen Feind anzustreben.  Da sich dieses Denkmal nun aber nicht in Österreich, sondern in Wolgograd befinden soll, stellt sich die Frage, woran wir Österreicher die Wolgograder Bevölkerung wirklich gemahnen wollen.  Um ein Zeichen der Versöhnung zu setzen, plädieren wir dafür, anstelle des Gedenk- und Mahnmales gemeinsame Projekte zu initiieren, die eine persönliche Beziehung zwischen den beiden Seiten entwickeln helfen ... ,

 

 

Mit diesen offenen Worten sprachen sich die renommierten Wissenschaftler Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka, Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl, Hermann Langbein, Dr. Friedrun Huemer und Dr. Gustav Spann im Jahr 1994 gegen die geplante Errichtung.. eines "Denkmales" durch Österreich in Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad, aus.

 

 

Die Realisierung des Denkmalprojektes wurde daraufhin ausgesetzt.  Entgegen diesem hoffnungsvollen Zeichen der Besinnung und Vernunft soll es nunmehr trotzdem errichtet werden.  Die "Errichtungsfeierlichkeiten" sind für den 6. bis 9. Juni 1996 in Wolgograd geplant, angekündigt ist auch eine "Abordnung des Bundesheeres".

 

Das gesamte Projekt stößt verständlicherweise in Rußland auf heftige Kritik.  Mit einem Denkmal für die 6. Armee, die einen Angriffskrieg gegen die ehemalige Sowjetunion geführt und im Namen des Nationalsozialismus und einer Herrenmenschenideologie eine Blutspur durch des Land gezogen hat, mitten in jener Stadt, die von dieser 6. Armee zerstört wurde, werden die heutige Bevölkerung Wolgograds @ und Rußlands, die Opfer der 6. Armee und deren Angehörige verhöhnt.  Deutsche Stellen haben sich längst von dem Projekt distanziert.

 

Finanziert werden soll das Spektakel und das Denkmal aus Mitteln der Bundesregierung und der Gemeinde Wien.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten sprechen sich entschieden gegen die Errichtung des geplanten "Denkmales" und insbesondere gegen jede Verschwendung von Steuergeldern und gegen jede Beteiligung offizieller Vertreter der Republik und des Bundesheeres bei einem derartige Spektakel aus und stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1 -     Weiche Mitteln hat das Bundeskanzleramt für das "Denkmal" und die Errichtungsveranstaltung bisher ausgegeben, welche weiteren Ausgaben sind zu erwarten?

 

2.       Was werden Sie unternehmen, um die Teilnahme einer offiziellen "Abordnung" des Bundesheeres an der Errichtung des "Denkmales" für die 6. Armee der deutschen Wehrmacht in Rußland zu verhindern?

 

3.       Weshalb sollen Bundesheerangehörige des demokratischen Österreich an der Aufstellung eines "Denkmales" für die 6. Armee der deutschen Wehrmacht teilnehmen, dessen Intuition ganz sicher nicht eine Entschuldigung für den Angriffskrieg, den zerstörerischen Eroberungsfeldzug und die nachgewiesenen Verbrechen der Wehrmacht ist?

 

4.       Werden Sie dafür sorgen, daß auf die Gedenktafeln am Dokument eine Entschuldigung für die Beteiligung österreichischer Soldaten am Angriffskrieg der 6. Armee, am zerstörerischen Eroberungsfeldzug und an den nachgewiesenen Verbrechen der Wehrmacht aufgenommen wird?

 

a)       wenn nein, bestreiten Sie diese Tatsachen?

 

5.    Woran wollen Österreicher die Wolgograder Bevölkerung mit dem geplanten Denkmal wirklich gemahnen?

 

6.       Verstehen Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, das Österreichische Bundesheer als Traditionsnachfolger der 6. Armee der deutschen Wehrmacht des Dritten Reiches oder der österreichischen Widerstandsbewegung gegen das Dritte Reich?

 

7.       Wie beurteilen Sie die Distanzierung deutscher Stellen von dem Denkmalsprojekt und den Umstand, daß damit ausschließlich das österreichische Bundesheer die Tradition der 6. Armee der deutschen Wehrmacht hochhält?

 

8.       Weiche Mitteln werden seitens des Bundeskanzleramtes für sinnvollere Projekte der Versöhnung ausgeben, wie zum Beispiel

a)            für Jugendaustauschprogramme zwischen Nachkommen der österreichischen und ehemals sowjetischen Soldaten?

b)       für gemeinsame Forschungsprojekte?

 

c)       für Kulturaustauschprogramme?

 

d)       für Sozialinitiativen?

 

e)       für die Initierung von Städtepartnerschaften?

für sonstige Projekte?

 

9.       Gedenken Sie in Hinkunft derartige Projekte zu initiieren und zu unterstützen?