4744/J XX.GP

 

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf, Dr. Ofner, Dr. Haupt und Scheibner

an den Bundeskanzler

betreffend Aufhebung bestimmter “Benesch - Dekrete” und des Amnestiegesetzes

von 1946 durch die Tschechische Republik und bestimmter ,,AVNOJ - Beschlüsse”

durch Slowenien

Im Jahre 1945 sind bekanntlich rund 2.5 Millionen deutschsprachige Einwohner

der damaligen Tschechoslowakischen Republik (“Sudetendeutsche”) unter

Mißachtung der Menschenrechte (ethnische Säuberungen und ähnliches) in

Erfüllung des Tatbestandes des Völkermordes gefoltert, beraubt, vertrieben,

getötet und einer kollektiven Schuld bezichtigt worden. Beispielsweise lautende

Aufrufe in Radio Prag:” Tötet die Deutschen, wo immer sie sich befinden! Jeder

Deutsche ist unser Feind! Habt kein Mitleid mit Frauen, Kindern und Alten! Tötet

jeden Deutschen - werft sie alle hinaus!”, waren das politische Programm,

“Benesch - Dekrete” die formale Grundlage.

Ähnlich ist es im Jahre 1945 den deutschsprachigen Einwohnern auf dem Gebiet

der heutigen Republik Slowenien ergangen. Formale Grundlage zu diesem

Völkermord waren Beschlüsse des “Antifaschistischen Rates Jugoslawiens”

(AVNOJ) vom 29. und 30. November 1943.

“Benesch - Dekrete” und ‚,AVNOJ - Beschlüsse” sind auch heute noch gültiges Recht

in der Tschechischen, Slowakischen und Slowenischen Republik.

Ein weiterer Verstoß gegen die allgemeingültigen Menschenrechte stellt das

Amnestiegesetz (Straffreiheitsgesetz für Kapitalverbrechen an Deutschen) vom

8. Mai 1946 dar.

Die Opfer des oben erwähnten Völkermordes, welche in Österreich leben, finden

im Verband Österreichischer Landsmannschaften (VLÖ) ihre Vertretung. Im

Sinne einer moralischen Wiedergutmachung führten im Juni diese Jahres der

außenpolitische Berater des Freiheitlichen Parlamentsklubs Botschafter Dr. Erwin

Matsch und zwei Vertreter des VLÖ Gespräche mit dem für die Angleichung des

tschechischen und slowenischen Rechtsbestandes zuständigen Verhandlers in

Brüssel. Es stellte sich heraus, daß weder die ‚,Bensch - Dekrete” noch die

“AVNOJ -  Beschlüsse” in das gegenwärtige Verhandlungsprogramm fallen. Die in

Rede stehenden Rechtsnormen als “hochpolitische Angelegenheit” könnten nur

vom Ministerrat der EU releviert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler folgende

Anfrage

1) Ist Ihnen die moralische, politische und vermögensrechtliche Bedeutung

bestimmter “Benesch - Dekrete” und “AVNOJ - Beschlüsse”, sowie des

Amnestigesetzes bekannt?

Wenn nein, warum nicht?

2) Finden Sie bestimmte ,"Benesch - Dekrete” und "AVNOJ - Beschlüsse”, sowie

das Amnestiegesetz mit den von der EU erstellten “Kopenhagener Kriterien”

vereinbar?

Wenn nein, was haben Sie zu deren Aufhebung unternommen?

3) In der Stellungnahme (Avis) der EU Kommission vom 15. Juli 1997 findet nur

ein einziges (nicht näher spezifiziertes) Dekret zur Enteignung der

Sudetendeutschen Erwähnung.

Ist Innen bekannt, daß es 9 “Benesch - Dekrete” (Nr. 5, 12, 28, 33, 71, 95,

108, 126 und 137) gibt, die zum Schaden der Sudetendeutschen angewandt

worden sind?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, warum haben Sie nicht Ihren Einfluß zu einer korrekten Würdigung

bestimmter “Benesch - Dekrete” im oben erwähnten Avis verwendet?

4) Im Avis betreffend Slowenien ist keiner der relevanten ,,AVNOJ - Beschlüsse”

erwähnt, auch nicht als materieller Bestandteil des sogenannten

,,Denationalisierungsgesetzes”.

Ist Ihnen bekannt warum dies unterlassen wurde?

Wenn nein, warum nicht?

5) Beabsichtigen Sie im Interesse von 300.000 seinerzeit nach Österreich

vertriebenen Sudetendeutschen und 50.000 seinerzeit nach Österreich

vertriebenen Untersteirer im EU Ministerrat aktiv zu werden und auf eine

Aufhebung der bereits mehrmals erwähnten Rechtsnormen hinzuarbeiten.

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

6) Wie ist die offizielle Stellung Österreichs zur Einrichtung eines

internationalen Strafgerichtshofes zur Verfolgung von Kriegsverbrechern und

anderer kapitaler Verbrechen gegen die Menschheit?

7) Internationaler Standard ist, daß Verbrechen an der Menschheit nicht

verjähren - “Unrecht verjährt nicht”. Werden Sie sich dafür einsetzen, sollte

es zur Einrichtung des internationalen Strafgerichtshofes kommen, daß

Verbrecher, die innerstaatlich amnestiert wurden, in weiterer Folge auch vor

dem internationalen Strafgerichtshof zur Verantwortung gezogen werden?

Wenn nein, warum nicht?