4793/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Polizeigroßeinsatz zur Überprüfung von Fahrgästen im kommerziellen Interesse
der Wiener Stadtwerke Verkehrsbetriebe
Bereits mehrmals war in den Medien von Polizeigroßeinsätzen - teilweise sogar unter
Beteiligung von Spezialeinheiten - im Zusammenhang mit der Fahrscheindisziplin der
Benutzer/innen der Linien der Wiener Stadtwerke Verkehrsbetriebe berichtet worden. Am
28. April fand gegen 17.00 Uhr eine derartige gemeinsame Aktion von Kontrollorganen der
Wiener Stadtwerke Verkehrsbetriebe und zahlreichen Exekutivorganen statt. Die Szene
erweckte für unbefangene Beobachter/innen den Eindruck eines groß angelegten
Antiterroreinsatzes, wobei sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des
Exekutiveinsatzes aufdrängt. Überdies wurde beobachtet, daß bei den Kontrollen von
Personen, die das Stationsgebäude verlassen wollten, überwiegend junge Menschen in
Sportbekleidung bzw Menschen mit dunklem Teint und dunklen Haaren herausgegriffen
wurden und sehr unwirsch aufgefordert wurden, die Fahrausweise vorzuweisen.
Dieser Einsatz von zahlreichen Exekutivorganen wirft die Frage nach der gesetzlichen
Grundlage der Vorgangsweise auf. Ohne Zweifel beeinträchtigen Schwarzfahrer/innen die
kommerziellen Interessen der Wiener Stadtwerke Verkehrsbetriebe, eine Störung der
öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit wird jedoch in aller Regel dadurch nicht
verursacht. Angesichts der immer wieder behaupteten Überlastung der Polizei mit ihren
ureigensten Aufgaben der Verbrechensbekämpfung und angesichts der immer wieder
vorgebrachten Probleme mit knappen Personalressourcen muß hinterfragt werden, warum
quasi “prophylaktisch” massive Polizeieinsätze angeordnet werden, wenn doch die Wiener
Stadtwerke Verkehrsbetriebe ohnehin spezialisierte Kontrollorgane einsetzen, deren
Anordnungen in aller Regel auch Folge geleistet wird.
Jedenfalls aber scheint ein derartiger Einsatz von Exekutivorganen keinesfalls im Einklang
mit den haushaltsrechtlichen Bestimmungen zu stehen, wenn nicht sämtliche dadurch
verursachte Kosten (der gesamte Personal - und Sachaufwand sowie die sogenannten
Oberheads) vom kommerziell interessierten Unternehmen abgegolten werden. Genauso gut
könnte ansonsten
die Exekutive die Funktion von Kaufhausdetektiv/inn/en übernehmen!
Ferner muß die Verhältnismäßigkeit der Abgeltung von Polizeileistungen hinterfragt
werden, da insbesondere von Jugend - und Kulturinitiativen im Rahmen von
Veranstaltungen, die nicht unbeträchtlichen Kosten der “Sicherung” von Veranstaltungen
selbst tragen müssen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Seit wann werden derartige gemeinsame Schwerpunkt - Kontroll - Aktionen der
Verkehrsbetriebe und der Exekutive durchgeführt?
2. Wieviele derartige Schwerpunktaktionen fanden bereits statt, wo fanden sie jeweils
statt, wann fanden sie jeweils statt (bitte genaue Daten angeben) und wie lange
dauerten die Einsätze jeweils?
3. Welche Einheiten der Exekutive waren an diesen Schwerpunkt - Aktionen beteiligt?
(Falls mehrere Organisationseinheiten beteiligt waren, bitte jeweils die Zahl der
involvierten Exekutivorgane pro Organisationseinheit anführen!)
4. Welche gesetzliche Bestimmung ist Grundlage dieses “präventiven” Einsatzes gegen
Schwarzfahrer/innen?
5. a) Haben Sie veranlaßt, daß vor allem junge Menschen in Jeans und dunkelhaarige
bzw dunkelhäutige Menschen sehr rüde angehalten und kontrolliert werden?
b) Wenn ja, wie rechtfertigen Sie dies?
c) Wenn nein, was werden Sie tun, um in Zukunft bei jeder Art von Amtshandlung
zu verhindern, daß diskriminierende bzw sogar offen rassistische Motive zutage
treten?
6. Halten Sie es im Sinne der Verhältnismäßigkeit für angebracht, wenn hypothetische
Schwarzfahrer/innen von bewaffneten Exekutivorganen angehalten werden?
7. Die Einsätze dienen den kommerziellen Interessen der Wiener Stadtwerke
Verkehrsbetriebe.
a) Welche finanziellen Leistungen wurden für diese massiven Exekutiveinsätze den
Wiener Stadtwerke Verkehrsbetrieben - gegliedert nach den bisher
durchgeführten einzelnen Einsätzen - in Rechnung gestellt?
b) Wieviel wurde tatsächlich
für jeden einzelnen Einsatz geleistet?
8. a) Ist damit zu rechnen, daß die ohnehin überlastete Polizei demnächst auch für
andere Unternehmungen Bewachungsdienste übernehmen wird, also etwa in
Kaufhäusern oder Supermärkten?
b) Wenn ja, auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage?
c) Wenn nein, wie erklärt sich die Sonderstellung der Wiener Stadtwerke
Verkehrsbetriebe?
9. Bei Veranstaltungen von Kunst - und Kulturinitiativen bzw bei Jugendveranstaltungen
müssen die Veranstalter/innen selbst die Kosten der von der Exekutive für erforderlich
gehaltenen Bewachung und Sicherung übernehmen. Wieviel wird bei derartigen
Jugend - und Kulturveranstaltungen im Durchschnitt in Rechnung gestellt?
10. Sehen Sie nicht eine gewisse Diskrepanz zwischen der “Hilfsbereitschaft” der Polizei
für Jugend - und Kulturinitiativen bzw für die wirtschaftlichen Anliegen der Wiener
Stadtwerke Verkehrsbetriebe?
II. Werden Sie daraus politische Konsequenzen ziehen?
a) Wenn ja, in welche Richtung?
b) Wenn nein, warum nicht?