4796/J XX.GP

 

Anfrage

der Abgeordneten Moser, Kier, Partnerinnen und Partner

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Informanten der Exekutive im Bereich der Drogenfahndung

Drogenfahnder einschließlich der verdeckt operierenden BeamtInnen sind in vielen

Situationen entscheidend auf die Hilfe von InformantInnen aus der Drogenszene

angewiesen. Die Gründe, die Menschen dazu bewegen, sich durch Informationen an

die Exekutive einer Gefahr auszusetzen, sind manchmal auch die Abhängigkeit von

einzelnen ExekutivbeamtInnen, etwa dadurch, daß der/die InformantIn sich nicht legal in

Österreich aufhält, oder daß er/sie befürchtet, wegen einer Straftat angezeigt zu

werden, die von der Exekutive bisher gem. § 23 Sicherheitspolizeigesetz (Aufschub des

Einschreitens) nicht angezeigt wurde.

Besonders kritisch wird diese Abhängigkeit dann, wenn die Betroffenen keinen

aufenthaltsrechtlichen Status in Österreich genießen und sie selbst das

Abhängigkeitsverhältnis nicht beenden können, ohne sich der konkreten Gefahr einer

Abschiebung auszusetzen. Andererseits erfüllt eine derartige Vorgangsweise der

Exekutive, so sie tatsächlich gewählt wird, den Tatbestand einer schweren

Dienstverletzung bzw. des Verstosses gegen strafrechtlich relevante Bestimmungen

und kann daher von den Vorgesetzten nicht geduldet werden.

Letztlich würde die stillschweigende Duldung dieser tiefgreifenden, ja existentiellen

Abhängigkeitsverhältnisse zwischen ExekutivbeamtInnen und anderen Personen de

facto einen rechtsfreien Raum schaffen, in dem Menschen in einer der

“Leibeigenschaft” ähnlichen Beziehung gehalten werden können. Eine derartige

Außerkraftsetzung der Menschenrechte ist weder vom Gesetzgeber beabsichtigt, noch

kann sie von der Exekutive erwünscht oder befürwortet werden.

Als Beispiel für die beschriebene Problematik sei hier der in den Medien geschilderte

Fall der türkischen Staatsangehörigen ,,Gina” angeführt, die angibt, von Drogenfahndern

sogar wiederholt sexuell mißbraucht worden zu sein.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres

folgende

Anfrage:

1. Ist ihnen das geschilderte Problemfeld bekannt?

2. Können Sie sich dafür verbürgen, daß die österreichische Exekutive bei ihren

Erhebungen und verdeckten Erhebungen nicht vorsätzlich Abhängigkeitsverhältnisse

zu InformantInnen herstellt oder aufrecht erhält, die dazu dienen, die

Kooperationsbereitschaft mit der Exekutive durch Zwang zu gewährleisten?

3. Können Sie ausschließen, daß Personen, die nicht ExekutivbeamtInnen sind, auf

Anweisung oder durch Zwang von ExekutivbeamtInnen anders als durch

Zeugenaussage an Erhebungen über strafbaren Handlungen mitwirken oder sie

selbständig führen?

4. Können Sie ausschließen, daß Personen, die nicht ExekutivbeamtInnen sind, auf

Anweisung und mit Duldung von ExekutivbeamtInnen strafbare Handlungen

vornehmen, sich an ihnen beteiligen oder dazu auffordern, um dadurch mittelbar oder

unmittelbar die Überführung von anderen Tatverdächtigen zu ermöglichen?

5. Können Sie ausschließen, daß Personen, die nicht ExekutivbeamtInnen sind, sich

auf Anweisung oder durch Zwang von ExekutivbeamtInnen im Interesse einer

Ermittlungstätigkeit dieser Beamtinnen in persönliche Gefahr begeben oder ihre

Angehörigen oder nahestehende Personen einer Gefahr aussetzen müssen?

6. Können Sie ausschließen, daß ExekutivbeamtInnen eine Person, die zu ihnen in

einem in der Anfragebegründung beschriebenen Abhängigkeitsverhältnis steht,

materiell ausbeuten oder sexuell mißbrauchen?

7. Können Sie ausschließen, daß InformantInnen von ExekutivbeamtInnen für ihre

Kooperationsbereitschaft Sichtvermerke versprochen oder gewährt wurden?

8. Können Sie ausschließen, daß ohne gültigen Rechtstitel im Inland aufhältige,

ausländische InformantInnen von ExekutivbeamtInnen in Österreich mit einer

schriftlichen Rücknahmeverpflichtung einer österreichischen Behörde ausgestattet

wurden, um in einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland einen

Sichtvermerk für die legale Wiedereinreise zu erhalten?

9. Welche Möglichkeit haben Personen, die sich in einem der in der Anfragebegründung

geschilderten Abhängigkeitsverhältnis zu einem Exekutivorgan befinden, sich gegen

den Mißbrauch dieser Abhängigkeit zur Wehr zu setzen, ohne nachteilige Folgen für

die eigene Person, Angehörige oder nahestehende Personen befürchten zu

müssen?

10.Welche Möglichkeit hat die Dienstaufsicht, derartige problematische

Ermittlungsmethoden von ExekutivbeamtInnen zu erkennen und sie zu beenden?