4816/J XX.GP

 

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Volker Kier und PartnerInnen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend "Stranded Investments” der österreichischen Energiewirtschaft

Die unbestrittene Notwendigkeit der Neuordnung der österreichischen Energiewirtschaft

beschäftigt nun schon seit Monaten die (interessierte) Öffentlichkeit. Das

Elektrizitätswirtschafts - und - organisationsgesetz (LWOG) wurde im Juli 98 mit den

Stimmen der Koalition vom Parlament verabschiedet. Die große Einigung bestand letzten

Endes darin, daß man sich in den Regierungsparteien eingestand, keine substantielle Einigung

zustandezubringen. Insbesondere die kleinmutige Verteidigung des Einflusses der Länder (in

Wahrheit: der Landeshauptleute) auf “ihre Regionalgesellschaften” verhinderte eine echte

Reform und die Schaffung von Strukturen, die es der österreichischen Energiewirtschaft

ermöglicht hätten, im Binnenmarkt mittel - und langfristig zu bestehen. Der damit angerichtete

Schaden trifft aber nicht nur die Energiewirtschaft selbst; auch seine negativen Auswirkungen

auf den Wirtschaftsstandort sind nicht zu unterschätzen.

Im besonderen Ausmaß stehen aber auch und vor allem die sogenannten "Stranded

Investments” bzw. "Stranded Costs” in Diskussion. Zur Anmeldung gelangen durch die

Unternehmen der Energiewirtschaft Investition, die auf Basis betriebswirtschaftlicher

Überlegungen nicht oder nicht in dieser Form getätigt worden wären, bei deren Entscheidung

also öffentliche Interessen eine maßgebende Rolle gespielt haben. “Stranded Costs”

schwächen aber in einem zusehends liberalisierten Markt naturgemäß die

Wettbewerbsposition des betreffenden Unternehmens. Dieser Nachteil soll (zumindest

teilweise) ausgeglichen werden.

Vor diesem Hintergrund ist von Bedeutung, daß es im Verbundkonzern durchaus Übung der

Vorstände war, kritische Entscheidungen über Investitionen der Hauptversammlung des

jeweiligen Unternehmens zur Erteilung einer Weisung vorzulegen, um das Projekt

abzusichern. Derartige Entscheidungsfindungen waren naturgemäß nicht frei von Erwägungen

im sogenannten öffentliche Interesse. Um die Anerkennung von "Stranded Investments und

Costs” vor diesem Hintergrund einer seriösen Bewertung unterziehen zu können, stellen die

unterzeichneten Abgeordneten daher nachfolgende

Anfrage

1) In welchen Unternehmen des Verbundkonzerns wurden innerhalb der letzten zehn Jahre

Hauptversammlungsweisungen von Vorständen erbeten und erteilt?

2) Welche Investitionsentscheidungen in welcher Höhe waren innerhalb der letzten zehn Jahre

Gegenstand solcher Weisungen und standen somit jeweils in der Verantwortung der

Hauptversammlung?

3) Wie waren jeweils zum Zeitpunkt dieser Weisungserteilungen die genauen

Eigentumsverhältnisse in diesen Unternehmen?

4) Welche Investitionsentscheidungen von Unternehmen des Verbundkonzerns wurden von den

jeweiligen Aufsichtsräten innerhalb der letzten zehn Jahre genehmigt, und welche davon

einstimmig, also auch mit den Stimmen der Vertreter der Republik bzw. anderer

Gebietskörperschaften?

5) Werden Sie die Unternehmen des Verbundkonzerns auffordern, für jedes von ihnen

angemeldete "Stranded Investment” die gesamten Entscheidungsprozesse durch Vorlage aller

einschlägigen Entscheidungsgrundlagen, Dokumente und Protokolle offenzulegen? Wenn

nicht, wie begründen Sie dies?