4817/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Dipl. - Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Herbert Haupt
und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres
betreffend den vom Bundesministerium für Inneres begangenen Rufmord
(“Wiederbetätigung” im Sinne des § 3 g VerbotsG) an einem Staatsbürger
der Republik Österreich und zwei Staatsangehörigen der Bundesrepublik
Deutschland.
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels - Land vom 24. April 1998, mit dem die
Tätigkeit des Vereines "Dichterstein Offenhausen" eingestellt worden ist, stützt sich:
1.) auf eine schriftliche Unterlage der Staatspolizei
sowie
2.) auf ein ,,Rechtsgutachten” des o. Univ. - Prof. DDr. Heinz Mayer.
zu1.) Das ist die Einleitung der staatspolizeilichen Grundlage:
Bundesministerium für Inneres
Abteilung II/7
Sachbearbeiter:
RegRat SCHLEIFER, Kl. 3449
ADir. GLATTAUER Kl. 3797
Dienstzettel
An die
Abteilung II/15
im Hause
Betreff: Verein “Dichterstein Offenhausen”;
hier: offiziell verwertbare Erkenntnisse zu
a.) WINDISCH Konrad, geb. 21.8.1932,
b.) VERBELEN Robert Jan, geb. 5.4.1911 und
c.) den vom Verein “Dichterstein Offenhausen”
herausgegebenen Medienwerken.
Bezug: mündliches Ersuchen vom 20.04.1998.
Die von der Staatspolizei gelieferten "Erkenntnisse" wurden in dem angeführten Bescheid der
Bezirkshauptmannschaft Wels - Land auf den Seiten sechs und sieben wie folgt verwertet:
“Aus demselben Grund besteht nach Auffassung der Behörde kein
Zweifel daran, daß es sich beim Zweitgenannten um jenen Konrad
WINDISCH handelt, der seit den frühen 50er Jahren zu den
‚Spitzenvertretern‘ der rechtsextremen Szene in Österreich zu zählen ist.
im Zusammenhang ist hervorzuheben, daß Konrad WINDISCH am 6. April
1959 wegen eines Artikels ‚ist das Neofaschismus?‘ infolge Verstoßes
gegen das VerbotsG zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
Wegen Fortsetzung der Tätigkeit eines behördlich aufgelösten Vereines
mit nationalsozialistischer Ausrichtung wurde der Genannte am 20. De -
zember 1960 zu neun Monaten Haft verurteilt.
Am 6. Februar 1974 wurde Konrad WINDISCH wegen des Verdachtes
nach § 3 g VerbotsG, begangen durch Versendung von Druckschriften
über die Gaskammern in Auschwitz, zur Anzeige gebracht.
Am 3. Oktober 1996 wurde Konrad WINDISCH in seiner Eigenschaft als
‚Schriftleiter‘ einer periodischen Druckschrift gemäß § 3 g VerbotsG in
sieben Fällen wegen Betreibens von NS - Propaganda zu einer bedingten
Freiheitsstrafe von zwölf Monaten (noch nicht rechtskräftig) verurteilt.”
Der Bundesminister für Inneres, hat wohl ü b e r s e h e n , daß es seit 1972(!) das Tilgungs -
gesetz (BGBI 68/1972) gibt, nach dessen § 1 Abs. 4 der Verurteilte dann als gerichtlich unbeschol -
ten gilt, wenn eine Verurteilung getilgt wurde. Gemäß Abs. 5 darf eine getilgte Verurteilung weder
in Strafregisterauskünfte und in Strafregisterbescheinigungen aufgenommen werden, noch darin auf
irgendeine Art ersichtlich gemacht werden.
Der Vertreter des Vereines “Dichterstein Offenhausen”, SR. DipI. - Vw. Mag. DDr. Stephan
TULL hat am 6. Juli 1998 der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich die diesbe -
zügliche, hier ersichtliche amtliche Bestätigung hinsichtlich der gerichtlichen Unbescholtenheit
Konrad WINDISCHS ausgehändigt:
zu 2.) Das Rechtsgutachten des o.Univ. - Prof DDr. Heinz Mayer vom 16. April 1998:
Anläßlich der "Offenhausener Kulturtage" im Jahre 1990 haben zwei Bürger der Bundes -
republik Deutschland zwei Festvorträge gehalten.
A.) Dr. Rolf KOSIEK, D - 72622 Nürtingen, sprach über das Thema: “Historikerstreit und Ge -
schichtsbewußtsein”.
o. Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer schreibt über Dr. Kosiek in seinem "Rechtsgutachten"
auf Seite 8:
“Besonders der Beitrag von Kosiek zeigt auffallende Ähnlichkeiten mit
dem Programm der NSDAP; so wenn etwa mehrfach vom ‚Versailler
Diktat‘ (191; vgl Pkt. 2 Programm der NSDAP) und von den ‚die Deut -
schen belastenden Geschichtslügen” 190f; (vgl Pkt. 23 Programm
NSDAP) gesprochen wird.”
B.) Gertrud HOFMANN, D - 85614 Kirchseeon sprach über das Thema: "Die Bedeutung deut -
scher Dichtung für unser Volks - und Geschichtsbewußtsein".
o. Univ. - Prof. DDr. Heinz Mayer schreibt über Hofmann in seinem ,,Rechtsgutachten” auf
Seite 9:
“Die Ausführungen von Hofmann sind weniger nüchtern; sie sind in
einer Gesamtbetrachtung eine fast poetisch verklärte Darstellung typisch
nationalsozialistischen Gedankengutes.”
o. Univ. - Prof DDr. Heinz Mayer, Ordinarius für Verfassungs - und Verwaltungsrecht
schreibt schließlich in seinem "Rechtsgutachten" auf den Seiten 9 f.:
“1. Mit der Veröffentlichung der unter III. besprochenen Vorträge hat der
Verein gegenüber das allgemeine Wiederbetätigungsverbot des § 3
VerbotsG verstoßen. Darüber hinaus wären die Vereinsorgane ver -
pflichtet gewesen, bereits gegen den mündlichen Vortrag einzu -
schreiten.
2. Allein diese Gründe hätten Anlaß für eine Vereinsauflösung sein
müssen; Ist doch § 3 VerbotsG unmittelbar von allen Behörden -
sohin auch von der Vereinsbehörde - anzuwenden.”
Es muß besonders hervorgehoben werden, daß sich die österreichische Staatspolizei offiziell
um Amtshilfe an die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland wandten und Dr. Rolf
Kosiek und Frau Gertrud Hofmann von der (bundes - )deutschen Kriminalpolizei stundenlang
einvernommen wurden.
Gegen die beiden Genannten wurde in der Bundesrepublik Deutschland selbst kein
Strafverfahren eingeleitet.
Im Gegensatz zur "Rechtsansicht" des o. Univ. - Prof. DDr. Heinz Mayer wurde das gegen
Dr. Rolf Kosiek auf Grund seines Vortrages eingeleitete Strafverfahren nach § 3 g Verbotsgesetz
(Zahl 1366/93) am 13. Mai 1994 von der Staatsanwaltschaft gem. § 90 StPO eingestellt.
Und Frau Gertrud Hofmann erhielt von der Staatsanwaltschaft Wels am 16. November 1993
zu 1 St 1367/93 die Mitteilung, daß die genannte Staatsanwaltschaft die Anzeige geprüft und keine
genügenden Gründe zur gerichtlichen Verfolgung
gefunden hat (§ 90 Abs. 1 StPO).
Die Staatspolizei bzw. das Bundesministerium für Inneres haben sich eines skandalösen
Rufmordes schuldig gemacht!
Die politische Verantwortung hierfür trägt der Bundesminister für Inneres!
Die unterfertigten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Inneres daher folgende
Anfrage:
Beabsichtigen Sie im Zusammenhang mit diesem beispiellosen Skandal entsprechende Maß -
nahmen zu setzen, etwa indem Sie an die Bezirkshauptmannschaft Wels - Land einen neuen auf
sachliche und gesetzliche Richtigkeit hin überprüften und verbesserten Dienstzettel senden
und dadurch den bisherigen Dienstzettel außer Kraft setzen? -
Wenn ja, innerhalb welchen Zeitraum werden Sie das veranlassen? -
Wenn nein, warum nicht?